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Das Friedenslied von Xavier Naidoo ist so dumm, dass man fast Lust auf Krieg bekommt

„Muslime tragen den neuen Judenstern / Alles Terroristen, wir haben sie nicht mehr gern". Und dann kommen noch 43 Zeilen.
Screenshot aus dem YouTube-Video „Xavier Naidoo - Nie mehr #Krieg“

Gestern hat Jürgen Todenhöfer (der Typ, der letztes Jahr sein Leben riskiert hat, um sich den Islamischen Staat zeigen zu lassen und dann ein ziemlich erkenntnisfreies Buch darüber zu schreiben) auf seiner Facebook-Seite ein „ergreifendes, noch unveröffentlichtes Lied" von Xavier Naidoo gepostet. Es heißt „Nie mehr Krieg", und Todenhöfer erklärt auch, warum er es postet: „DENN WIR SIND GEGEN KRIEG!". No kidding.

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Wenn ihr stark genug seid, könnt ihr euch das Lied ja mal anhören:

Das ist wirklich ergreifend, oder? Man weiß gar nicht, was man sich als Lieblingszeile aussuchen soll. „Muslime tragen den neuen Judenstern / Alles Terroristen, wir haben sie nicht mehr gern" ist auf jeden Fall ein klarer Favorit. Erstens, weil Naidoo es geschafft hat, seine Texte so zu reduzieren, dass er mittlerweile klingt wie ein Vierjähriger mit Lernschwäche. Und zweitens, weil der Holocaust-Vergleich einfach besonders gut zieht, wenn er von jemandem kommt, der schonmal darüber gesungen hat, wie jüdische Banker die Welt beherrschen („Baron Totschild gibt den Ton an, und er scheißt auf euch Gockel / Der Schmock ist'n Fuchs und ihr seid nur Trottel").

Der Rest vom Song hat aber auch noch ein paar Perlen. Zum Beispiel der ganze Refrain:

Nie mehr Krieg, nie mehr Krieg.
Wenn wir das nicht sagen dürfen,
dann läuft doch etwas schief.
Wer vom Krieg profitiert,
ist irritiert, wenn er seinen Propagandakrieg verliert.

Große Dichtung, Xavier. Zuerst das weinerliche „Wenn wir das nicht sagen dürfen", das uns sofort wieder in Naidoos ganz eigene Wahrnehmung entführt. Eine Wahrnehmung, in der man auch von Redeverbot jammern kann, während im Fernsehen live aus dem Bundestag übertragen wird, wie Sahra Wagenknecht den aktuellen Krieg aufs Schärfste verurteilt. Im zweiten Teil werden dann schnell noch ominöse Kriegsprofiteure erwähnt—da kann sich dann jeder nach seinem Geschmack einsetzen, wen er halt für alles Schlechte in der Welt verantwortlich macht.

Der Rest besteht dann eigentlich nur noch aus Plattitüden, obwohl man sich noch ein bisschen wundern kann über „die Schwerter sind verkauft / Okay, ich habe noch eins. / Aber es kommt aus dem Mund / ansonsten habe ich keins." Ist das der Grund, warum Xavier die Lippen oft so streng aufeinanderpresst? Oder ist das einfach die Art Metapher, die einem einfällt, wenn man zu oft mit Aluhut eingeschlafen ist?

Egal, es reicht jetzt. Und nein: Nicht mal Xavier Naidoo kann uns Lust auf Krieg machen. Er macht uns nur sehr wütend. Ganz am Anfang des Liedes singt der Gute übrigens: „Ich hab' gelernt, ich soll für meine Überzeugungen / einstehen und meinen Glauben nie leugnen." Wer auch immer ihm das beigebracht hat, schämt sich jetzt hoffentlich richtig. Wäre das nicht eine schöne Welt, in der Xavier Naidoo einfach mal ein paar Jahre lang nicht für seine Überzeugungen einsteht? Mal nicht den Soundtrack für Reichsbürger-Wirrköpfe liefert und sich stattdessen an den weisen Ratschlag von Jens Friebe hält: „Sei einfach nicht du selbst"?