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Sport

So berichtet man über Frauen bei Olympia, ohne ein Sexist zu sein

Und nein: Sportlerinnen nach Hotness zu ranken, ist keine gute Idee.

Der deutsche Sportkommentator Carsten Sostmeier berichtet für die ARD übers Reiten. Gerne würden wir es bei diesem Satz belassen und uns anhören, wie sich die Sportler und Sportlerinnen in Rio machen.

Das können wir aber nicht. Denn bei der Übertragung des Geländeritts sagte Kollege Sostmeier Sätze wie: "Jetzt wollen wir mal gucken, was die Blondine zu sagen hat." Diesen mehr als zweifelhaften Humor zog er dann auch gnadenlos durch. Als die Vielseitigkeitsreiterin Ingrid Klimke ins Gelände ritt, sagte er: "Blond, Teil 3." Ganz genau beobachtete er Olympia-Neuling Julia Krajewski—allerdings weniger ihre Leistung als viel mehr den "braunen Streifen, den die jetzt schon in der Hose hat". Sostmeier hat sich mittlerweile für seine Worte entschuldigt, trotzdem bleibt er das Paradebeispiel für das, was in der Sportberichterstattung—leider noch immer—schiefläuft.

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Stellen wir uns das Ganze mal mit männlichen Athleten vor. Die großartige Kampagne #CoverTheAthlet hat das ausprobiert:

Weil Gleichberechtigung offensichtlich immer noch nicht erreicht ist, haben wir uns Gedanken gemacht, was dazu nötig ist. Der ultimative Ratgeber: Wie berichtet man über Sportlerinnen, ohne ein Sexist zu sein.

JA: Über Sport berichten

Es könnte so einfach sein. [Name der Athletin], [Sportart], ist heute [ausgeschieden/weitergekommen]. [Sport beschreiben.] Ende. Diese simple Formel entwickelte Lindy West vom Guardian. Dem ist nichts hinzuzufügen. Leicht abgewandelt ist sie übrigens auch für Politikerinnen anwendbar.

JA: Das Geschlecht zum Thema machen, wenn es um Ungerechtigkeit geht

Die Olympischen Spiele sind ein guter Zeitpunkt, um die Aufmerksamkeit auch dafür zu nutzen, über Ungerechtigkeiten zu berichten, die noch immer Alltag sind—etwa die ungleiche Bezahlung von weiblichen und männlichen Sportlern. Am wichtigsten bleibt dabei die Berichterstattung über den Sport selbst, denn hier klafft eine immense Lücke: Über Sportlerinnen wird bei Weitem nicht so viel berichtet wie über Männer. In den deutschen Medien liegt der Anteil meist unter 15 Prozent. Schlimm genug, dass diese Berichterstattung dann auch noch sexistische Kommentare, unangemessene Interviewfragen und Artikel über die körperliche Erscheinung beinhaltet.

NEIN: Die leidige Klamottendiskussion

For some this anunfamiliar sight, I just see athletes kicking. Coexist! #Rio2016 -- #Egypt vs #Germany. pic.twitter.com/4PnM5VWmpf
(@Boutaina) 8. August 2016

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Die bisher unnötigste Diskussion während der Olympischen Spiele kam auf, als die deutsche Beach-Volleyballmannschaft gegen das ägyptische Team antrat. "Die Halbnackten gegen die Eingepackten", titlete die Bild. "Leicht bekleidete Frauen-Körper, feiner Sand und Urlaubsfeeling!" Die großen Fragen: Ist das nicht total heiß in Langarmshirts? Oder umgekehrt: Wie es ist, im knappen Höschen vor Kameras zu stehen? Ächz. Würden wir diese Fragen an männliche Turmspringer richten? Eben.

NEIN: Sportlerinnen nach Heißheit ranken

Das war eigentlich nicht, was ich zum Thema "Sportlerinnen in den Medien" gesucht habe

Nun kann man anführen, dass es auch sexuell aufgeladene Kommentare und Artikel von Frauen über männliche Sportler gibt—auf die Gala ist Verlass. Und ja, auch männliche Olympia-Sportler werden nach Hotness gerankt. Aber: Das passiert in Frauenmagazinen und nicht von Sportreportern, die eigentlich den Sport kommentieren sollen. Die Sportler können sich gewiss sein, dass es beim nächsten Wettkampf nicht um ihre Haarfarbe geht, auch wenn sie ästhetische Fotos ihrer gestählten Körper gemacht haben. Wir haben außerdem noch nie ein Video gesehen, auf dem auf die starken Arme oder den Schwanz eines Sportlers gezoomt wurde. Die Kölner Zeitung Express zoomt hingegen ganz ungeniert auf Brüste.

Wir verschonen euch vor dem Video. Schaut doch lieber mal bei VICE Sports vorbei und lest euch die Reportage über die Judo-Kämpferin Majlinda Kelmendi durch. Sie bescherte dem Kosovo das erste Olympia-Gold und ärgerte damit wahrscheinlich Wladimir Putin. Unsere Kollegen haben natürlich bestanden.