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Drogen

​Heulsuse der Woche: Mario Barth vs. Polizist, der VICE-Leser verklagt

Mario Barth beschimpft seine Facebook-Hater und ein bayerischer Polizist, der einem Dealer in den Kopf geschossen hat, verklagt unsere Leser.
Foto: imago | Dünhölter SportPresseFoto

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

Heulsuse #1: Mario Barth

Der Vorfall: Der Comedian wird in mehreren Facebook-Kommentaren als unlustig bezeichnet.

Die angemessene Reaktion: Die Kommentare ignorieren. Oder sich fragen, ob an den Vorwürfen nicht vielleicht doch was dran ist.

Die tatsächliche Reaktion: In einem wütenden Post allen „Volldeppen" zeigen, wie wenig Humor man wirklich hat.

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Es gibt diese eine grundsätzliche Sache, die sich jeder verinnerlichen sollte: Wer in der Öffentlichkeit stattfindet, setzt sich auch der öffentlichen Kritik aus. Wenn ein Journalist einen Artikel veröffentlicht, muss er mit der Rückmeldung leben. Wenn jemand ein Album, einen Film, ein Buch herausbringt, muss er das ebenfalls verkraften können. Und wenn jemand als Comedian Millionen damit scheffelt, sich über andere lustig zu machen—dann sollte man davon ausgehen, dass gerade eine solche Person das mit Humor nehmen kann. Oder zumindest erfolgreich ignoriert.

Mario Barth nun ist nicht gerade dafür bekannt, mit den Gefühlen anderer sensibel umzugehen und/oder sich überhaupt darum zu scheren, wie das, was er so in die Welt hinausblökt, bei anderen Menschen ankommt. Das ist nachvollziehbar, denn Humor soll weh tun und Grenzen überschreiten, nichtsdestotrotz kann man den Mann, der sich an seinen Rollenklischee-Witze-Shows seit Jahren eine goldene Nase verdient und im Allgemeinen kein Ausbund von Sympathie ist, durchaus kritisch sehen. Und da Facebook-User im Allgemeinen nichts lieber zu tun scheinen, als sich über Dinge aufzuregen, sammeln sich auf der offiziellen Social-Media-Präsenz des Berliners nicht nur positive, sondern auch negative Kommentare.

Und das regt den so gerne rummotzenden Hauptstädter richtig auf. In einem längeren Post erklärt er diesen „Deppen", diesen „Vollidioten" und „Bekloppten" offen den Krieg und stellt die Frage: „Wenn man etwas postet, sprich mitteilt, Freunden teilhaben lassen möchtet [sic!], aber immer mehr bescheuerte Kommentare abgelassen werden, stellt man sich als normaler Mensch die Frage, was läuft hier falsch." Eine Frage, die sich mehrere normale Menschen sicherlich auch zu seinem SendeformatMario Barth deckt auf! gestellt haben dürften. Oder als Barth linke Aktivisten verklagen wollte, die öffentlich gegen sein sexistisches und Rollenklischees propagierendes Programm protestierten.

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Als jemand in seiner Position hätte er sich diesen halbgaren Facebook-Rant also durchaus sparen können. Ebenso wie die Social-Media-Chefin der Huffington Post ihren Artikel, in dem sie den Comedian als eine Art Held stilisiert, der sich gegen die böse Masse der stetig mosernden Internet-Hater auflehnt. Aber wir wollen uns ja nicht beschweren.

Heulsuse #2: ein klagefreudiger Polizist aus Bayern

Der Vorfall: Ein bayerischer Polizist schießt einem unbewaffneten Dealer in den Hinterkopf und landet damit in unserer Kolumne „Copwatch". Ein User bezeichnet den Polizisten im Kommentarbereich als „asozialen Penner".

Die angemessene Reaktion: Nichts. Man hat immerhin einem Menschen in den Kopf geschossen und sollte sich demzufolge wahrscheinlich eher bedeckt halten.

Die tatsächliche Reaktion: Den User verklagen.

OK, sind wir mal für einen Moment ganz ehrlich: Jeder von uns hätte gerne schon mal jemanden verklagt, der im Internet irgendetwas Böses über einen geschrieben hat. Aber in aller Regel versucht man, diese Leute zu ignorieren. Vor allem dann, wenn man nicht nur in einem Glashaus, sondern einem kompletten Glasschloss sitzt und dementsprechend unter allen Umständen den Kopf unten halten sollte. Wie zum Beispiel der Polizist, der im vergangenen Jahr einem unbewaffneten Cannabis-Dealer in den Kopf geschossen hat. „Aus Versehen", schließlich habe er eigentlich auf die Beine des flüchtenden 33-Jährigen gezielt.

In den Kommentarspalten zu unserem Artikel zum Vorfall entspann sich wenig überraschend die ein oder andere deftige Diskussion und der User Moritz Friedrich tippte dabei etwas, das ihm nur wenig später zum Verhängnis werden sollte: „Was für ein Bullshit. Hier gehts nur um einen asozialen Penner und das ist der Bulle". „Der Bulle" wiederum sah sich dermaßen ungerecht angegangen, dass er unseren Leser verklagte—und vor Gericht ziemlich überraschend auch Recht bekam. 1.200 Euro muss Moritz nun bezahlen. Wie er uns im persönlichen Gespräch verriet, ist er nicht der Einzige, der von dem Polizisten zur Kasse gebeten wurde.

Interessant auch, dass dem Auszubildenden von einem Anwalt geraten wurde, sich gar nicht erst gegen die Anzeige zur Wehr zu setzen. Weil „dieser Staat seine Leute schützt". „Was ist das für ein Mensch, der jemanden erschießt und sich dann ein paar Tage später ans Netz setzt und Leute verklagt, die ihn dafür beleidigen", fragte sich Moritz dann auch ziemlich folgerichtig. Und auf die Gefahr hin, dass uns demnächst ebenfalls unliebsame Post ins Haus flattert: Das fragen wir uns auch.

Letzte Woche: Sophia Thomalla vermutet eine Verschwörung, weil ihre Mutter künftig nicht mehr im Tatort mitspielt, und Jäger aus NRW dürfen keine Katzen mehr erschießen.

Der Gewinner: Die JägerInnen aus NRW!