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‚Sexy Diebin‘ bekommt Haftstrafe und Modelvertrag

Stéphanie Beaudoins Facebook-Fotos haben internationale Schlagzeilen gemacht, doch ihr Gerichtsurteil schreibt unter anderem vor, dass sie sich diesen Ruf als Model nicht zunutze machen darf.

Stéphanie Beaudoin wurde international als „heißeste Diebin der Welt" bekannt, nachdem sie für Dutzende Hauseinbrüche in Quebec verhaftet wurde | Foto via Facebook

Victoriaville ist eine kleine Stadt in der kanadischen Provinz Quebec, die mehr für ihre Käsespezialitäten bekannt ist als für ihre Verbrecher. Doch im Sommer 2014 machte die Region internationale Schlagzeilen, als eine Gruppe von Dieben im Teenageralter, angeführt von einer 21-jährigen Frau, für Dutzende Hauseinbrüche verhaftet wurde. Das Ganze erinnerte an den sogenannten „Bling Ring", der auch einem Sofia-Coppola-Film als Inspiration diente.

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Das Facebook-Profil der Drahtzieherin Stéphanie Beaudoin ging viral und sie war plötzlich als „die heißeste Diebin der Welt" bekannt.

Diese Woche wurde Beaudoin zu 90 Tagen Haft verurteilt—die sie an den Wochenenden absitzen soll—, weil sie in mindestens 39 Häuser eingebrochen ist und dabei Bargeld und Luxusgüter im Wert von 80.000 kanadischen Dollar (ca. 53.000 Euro) gestohlen hat. Ihr wurde außerdem auch der illegale Besitz von drei Feuerwaffen zur Last gelegt, die im Kofferraum ihres Autos gefunden wurden.

Die Fälle ihrer drei minderjährigen Komplizen (13, 15 und 17) werden von dem Jugendgericht des Court of Québec behandelt und ihre Identitäten werden aufgrund ihres Alters nicht preisgegeben. Beaudoin sagte VICE, dies sei ein Privileg, das sie gerne mit den Anderen geteilt hätte. „Ich hätte das hier machen können, als ich 15 war", sagte sie. „Na ja, nicht alles davon. Aber ich habe es gemacht. Und wenn ich wählen könnte, dann hätte ich es lieber als Minderjährige getan."

Doch sowohl Beaudoin als auch ihr Anwalt scheinen mit dem Urteil zufrieden zu sein. „Ich habe ihr gesagt, dass das eine gute Gelegenheit ist, am Samstag ein Buch mitzunehmen und es durch zu haben, wenn es Zeit ist, nach Hause zu gehen", sagte der Anwalt Denis Lavigne.

Zwischen dem 21. Juni und dem 5. August 2014 sind Stéphanie Beaudoin und ihre drei Komplizen in mehr als 30 Häuser in Victoriaville eingebrochen, meist durch ein Kellerfenster. Am Ende ihres Raubzugs hatten sie Gegenstände und Bargeld im Wert von umgerechnet 53.000 Euro gestohlen. Beaudoins weißer Mitsubishi Lancer mit pinkfarbenen Felgen wurde mehrmals an Tatorten gesehen, sodass die Verbrechensserie zu einem abrupten Ende kam. Wäre da nicht dieser auffällige Fehler gewesen, hätte sie vielleicht viel länger andauern können.

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Beaudoin sagte VICE, sie habe schon vor ihrer Festnahme gewusst, dass etwas nicht stimmte.

„Ich wusste, dass ich verhaftet werden würde, weil mir schon seit einer Woche jemand folgte. Aber ich konnte nicht aufhören—es war so ein intensives Gefühl." Anfangs hatte sie von ihrer Beschattung nichts gewusst, doch sie sagt, ihr Freund habe es dann bemerkt. „[Er] hatte mein Auto genommen, und einmal hat er eine Straße benutzt, die niemand entlang fährt, der nicht zu einem ganz bestimmten Ziel will, also war ihm klar, dass ihm jemand folgte", sagte sie. „Als er sich umdrehte, sah er die Polizeimarke. Er hat gesagt: ‚Ich weiß nicht, was du treibst, aber du musst sofort damit aufhören. Dir folgt jemand.'"

Doch die ehemalige Krankenpflege-Auszubildende sagt, das habe sie nicht davon abhalten können, mit ihren Raubzügen weiterzumachen.

Die Polizei der Provinz Quebec tauchte am 5. August 2014 bei ihr auf und fand 7.000 kanadische Dollar (ca. 4.600 Euro) in bar in ihrem Kofferraum.

Sofort bat Beaudoin einen Beamten um Erlaubnis, ihr Facebook-Profil zu löschen, da sie befürchtete, dass ihre freizügigeren Posts gegen sie verwendet werden würden.

Beschattung war hier nicht nötig: Lies auf MUNCHIES, wie Eiscreme-Diebe sich per Livestream selbst überführten

„Ich habe ihm gesagt, dass ich einige ziemlich heikle Bilder da drauf habe, und habe ihn um sein Handy gebeten, um mich bei Facebook einzuloggen. Er sagte: ‚Nein, nein, so schlimm kann es doch nicht sein.' Und das war's." Als sie im Revier ankam, war es schon zu spät. „Journalisten hatten die Bilder gespeichert. Es war vorbei."

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Letzte Woche hat Beaudoin den Polizeibeamten wiedergesehen. „Er sagte: ‚Ich hätte nie gedacht, dass das um die Welt gehen würde!'", sagte sie. Doch das tat es. „Die sexy Diebin" wurde zu einem Meme, das Artikel, Tweets und selbst eine Actionfigur inspirierte. Und es ist auch nicht das erste Mal in letzter Zeit, dass die Medien sich so extrem auf das Aussehen einer Verbrecherin konzentriert haben. Es ist nicht einmal das erste Mal, dass diese Aufmerksamkeit eine neue Karriere ermöglicht: Jeremy Meeks, auch bekannt als der „Hot Mugshot Guy", fing schließlich eine Laufbahn als Model bei White Cross Management an, nachdem er seine Haftstrafe für bewaffneten Raubüberfall abgesessen hatte.

Vor ihrer Festnahme war Beaudoin ein Model-Neuling mit einer Karriere, die sich hauptsächlich auf Bilder in Kalendern beschränkte. „Nichts richtig Großes", sagte sie. Doch als ihre Fotos anfingen, internationale Schlagzeilen zu machen, gab es auf einmal Nachfrage nach ihr. Im Juli 2015 erschien sie auf dem Titelbild des lokalen Männermagazins Summum und im September 2015 wurde sie von B Models Management rekrutiert.

Stéphanie Beaudoin auf dem Titelbild von Summum, einem Magazin aus Quebec, im Juli 2015 | Foto via Summum

Doch das Urteil des Richters schränkt ihre Berufschancen ein: Sie darf zwar weiterhin modeln, doch ihr Bild darf nicht eingesetzt werden, um für kriminelles Verhalten zu werben, was im Grunde bedeutet, dass sie den Beinamen der „sexy Diebin" loswerden muss. In diesem Urteil empfahl der Richter nachdrücklich, dass sie komplett mit dem Modeln aufhört, da es schwierig werden dürfte, die kreative Entscheidungsgewalt über ihre Bilder zu behalten. Ihre Modelagentur sagt, sie sehe sich „aktuelle Optionen" an.

Beaudoin hat mit diesen Einschränkungen kein Problem.

„Ich kann Modelverträge als Stéphanie Beaudoin abschließen. Ich könnte mit meinem Gesicht für ein Hautpflegeprodukt werben", sagte sie. „Ich kann es nur nicht machen, wenn die Marke mich als ‚Stéphanie die Verbrecherin' bezeichnet oder so. Das ist eine Bedingung, mit der ich leben kann."