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Warum viele Männer in den 20ern ihre Freunde verlieren

Männerfreundschaften gelten allgemein als unzerstörbar—doch viele deutsche Männer haben gar keine echten Freunde.
Foto: David Bogner

Erst neulich, mitten in den Planungen eines Umzugs, ist es mir wieder aufgefallen: Ich habe mehr Stühle als Freunde, die auf ihnen Platz nehmen könnten. Vor noch nicht allzu langer Zeit war das ganz anders. Aber nicht nur weil ich keine Stühle besaß. Viel mehr weil ich das Wort „Umzug" nur in einem Nebensatz hätte erwähnen müssen und daraufhin mindestens zehn motivierte Jungs meinen gesamten Kram in Rekordzeit von der einen in die andere Bude geschafft hätten. Nun, in meinen späten Zwanzigern musste ich mit lediglich Zweien auskommen.

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Natürlich, Freunde sind nicht nur zum Möbelschleppen oder gemeinsam Bier Trinken da. Vor allem auf sozialer Ebene sind Freunde unerlässlich. Eine Untersuchung fand unlängst heraus, dass Berberaffen-Männchen, die enge soziale Beziehungen pflegen seltener Stresshormone ausschütten und dementsprechend weniger krank werden. Glaubt man den Forschern, lassen sich die Forschungsergebnisse auch auf den Menschen übertragen. Gute Freunde verlängern also das Leben.

Bemerkenswert ist jedoch, dass zwei Drittel der Männer keinen echten Freund haben sollen, mit dem sie sich über „Emotionales" unterhalten können. Betroffen sind vor allem Männer, die sich als harte Kerle sehen. Der alte Spruch, dass Männerfreundschaften für die Ewigkeiten seien, verliert also immer mehr an Bedeutung.

Aber warum verlieren Männer mit zunehmendem Alter Freunde? Liegt es am Job oder der Beziehung? Ich habe mich mit vier Männern verschiedenen Alters darüber unterhalten:

Mario, 24
„Während meiner Maturazeit hatte ich einen festen Kern von circa vier bis fünf Freunden. Es war die Art von Clique, mit der man alles Mögliche unternahm, was einem mit 19 in den Sinn kommen konnte. Im Grunde genommen waren es davon aber maximal zwei Leute, denen man das Herz ausschütten konnte, ohne Gefahr zu laufen, als Weichei dargestellt zu werden. Nach erfolgreichem Abschluss ging jeder von uns auf eine andere Hochschule, was bedeutete, dass einem neue Menschen, neue Ansichten und eine neue Art mentaler Reife begegneten. Der Kontakt mit meinen Schulfreunden besteht jedoch noch heute. Mit der Zeit geht man, denke ich, mit einer anderen Sichtweise an den Umgang mit bestehenden Kontakten heran. Es liegt doch meist immer an einem selber, ob die Menschen einem wichtig sind und ob man diese in seinem Leben behalten will oder nicht. Gleichzeitig merkt man auch, wie wichtig man für andere ist. Das Ausmisten seiner Freundesliste war nie einfacher als heute."

Philip, 25
„Wenn du nicht zu den Menschen gehörst, die immer jedem gefallen müssen, hast du dir in deinen 20ern einen kleinen Kreis von Haberern kultiviert. Zwischendurch verschwindet immer wieder mal jemand für eine Weile, weil er eine Frau kennengelernt hat. Vielleicht bist du es auch selbst. Ein paar verschwinden dann gänzlich im Pärchenloch. Die, die übrig bleiben, müssen arbeiten. Arbeit frisst auch viel Zeit. Du kannst nicht mehr so oft saufen oder mit deinen Haberern Super Nintendo zocken. Am Ende ist es gut, wenige Männerfreundschaften zu haben. Die hängen dann auch wirklich gerne mit dir ab und du kotzt nicht gleich, wenn sie dir wieder vom Stress mit der Freundin erzählen."

Noisey: Infiziert eure Freunde mit Ohrwürmern!

Viktor, 27
„Früher mussten meine Freunde und ich uns noch eine Playstation teilen. Das führte dazu, dass wir uns öfter sahen und nebenbei auch über Probleme des Lebens oder so redeten. Heute kann sich jeder seine eigene Playstation leisten. Jetzt unterhalten wir uns häufig nur noch über das Headset. Hauptsächlich geht es darum in GTA oder sonst wo Leute abzuknallen. Klar ist das schade, aber wir alle haben Jobs und kriegen während der Woche kaum noch den Arsch hoch. Am Wochenende unternimmt man häufiger was mit der Freundin. Oder mit einem befreundeten Pärchen. Aber wenn man Pech hat, versteht man sich mit dem anderen Kerl überhaupt nicht. Richtige Freunde habe ich maximal drei."

Patrick, 30
„Ich bin vor ein paar Jahren nach Berlin gezogen, um hier zu studieren. Die meisten meiner Freunde leben noch in meiner ehemaligen Stadt. Klar hat man neue Leute kennengelernt, aber die Beziehungen sind meist nur sehr oberflächlich. Man kann gut zusammen trinken und sich über Politik unterhalten, aber mit dem Kater am nächsten Tag ist man allein. Für mich ist eigentlich meine Freundin zum besten Kumpel geworden. Wir machen das meiste zusammen. Gehen auf Partys oder liegen im Sommer im Park rum und trinken Bier. Aber zwei oder dreimal im Jahr fahr ich in die Heimat und treffe meine richtigen Freunde. Das fühlt sich immer verdammt gut an. Auch wenn wir uns lange nicht sehen, gibt es da eine arge Verbindung. Ich glaube, das wird sich auch niemals ändern."