Diese beiden Typen streiten sich, wer von ihnen der bessere Neonazi ist
Screenshot aus dem Video von MaKss Damage

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Rechtsextreme

Diese beiden Typen streiten sich, wer von ihnen der bessere Neonazi ist

Der Neonazi-Rapper MaKss Damage wirft einem NPDler "Verrat" vor – und droht ihm dafür mit Mord.

"Du weißt, wie die Reaktion auf Verrat hier heißt" – MaKss Damage zielt mit den Fingern auf die Kamera und drückt ab: "Peng." Vorher hat sich der Neonazi-Rapper in einem fast sechsminütigen, wütenden Disstrack an seinem Feind abgearbeitet. Wobei der Feind diesmal nicht die Antifa, die Muslime oder die Juden sind – sondern ein anderer Neonazi: der NPD-Funktionär Patrick Schröder.

Die Vorwürfe, die MaKss Damage auffährt: "Viel zu viele wissen nicht, wie du hinterrücks die Bewegung fickst / für ein paar Scheine", spuckt er, hinter ihm nicken vermummte Schränke im Takt, auf ihren T-Shirts steht "Stadtmusikanten Abschiebekorps". Nach einem ganzen Trommelfeuer von Beschuldigungen ("Für Patrick sind Halbn**** Deutsche!") kommt schließlich die ultimative Anklage: "Da steckt nichts hinter für ihn, Patrick will nur an Hitler verdienen!"

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Was zur Hölle ist da los? Normalerweise produzieren Neonazis keine aufwendigen Musikvideos, um ihren Beef mit anderen Neonazis auszutragen. Allerdings ist MaKss Damage auch kein klassischer Neonazi: Angefangen hat er als linker Rapper, der dann über die Jahre immer weiter ins rechte Lager abdriftete und sich schließlich selbst zum "Nazi" erklärte. Aber auch wenn es im Battle-Rap normal ist – Rechtsextreme bedrohen sich üblicherweise nicht gegenseitig öffentlich mit dem Tod. Was hat Patrick Schröder angestellt, um so viel geballte germanische Wut zu verdienen?

Schröder (links) mit seinem Partner "Vendetta" in seiner Sendung FSN | Screenshot: YouTube

Dahinter steckt zunächst ein banaler Grund: Geld. Patrick Schröder ist Unternehmer. Er betreibt zum Beispiel das Modelabel "Ansgar Aryan", das Neonazi-Klamotten, Teleskop-Schlagstöcke und "Edelsten Wehrmachtstropfen" verkauft – ein 9-prozentiges Met, "abgerundet mit Limonen-Zitronen-Geschmack". Um das runterzubekommen, muss man der deutschen Sache wahrscheinlich schon sehr treu ergeben sein.

Und Patrick Schröder verkauft nicht nur NS-Devotionalien, er veranstaltet auch Konzerte. Auf sein Rechtsrock-Konzert Ende Juli in Themar kamen zwar weniger Leute als bei "Rock gegen Überfremdung" zwei Wochen zuvor, als sein Kumpel Tommy Frenck um die 6.000 Rechtsextreme versammeln konnte. Bei Schröder waren es zwar nur knapp 1.000 Zuschauer – weil die aber jeweils 30 Euro Eintritt gezahlt haben, hat sich das zumindest finanziell vermutlich gelohnt.

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Schröder hat seine Existenz also darauf aufgebaut, seinen Kameraden NS-Kitsch und Konzert-Tickets zu verkaufen. Und MaKss Damage meint, dass der NPDler "die Bewegung" ausnutzt, aber nicht genug zurückgibt: "Die Bewegung ist zum Kotzen arm … unser Volk stirbt, während du an Dollars denkst!" Für Damage ist klar: Das ist Schröders "jüdische Art", und die ist eben scheiße.

Wie M.D. Schröder sieht: als verweichlichter Diener der bösen Juden | Screenshot aus dem Video

Allerdings ist Schröders vermeintlicher Reichtum nur ein Problem. Noch schwerer wiegt für MaKss Damage, dass Schröder seiner Meinung nach die Ideale des "Nationalen Widerstands" verraten habe. Schröder habe nämlich nur ein Ziel: "Wir sollen die Grundsätze aufweichen, das Fundamentum herausreißen", rappt Damage. "Dann gibt es Freibier, dann kommen wir endlich an die Massen ran!"

Neben dem Geld ist Ideologie der zweite Grund, warum MaKss Damage meint, Patrick Schröder habe diesen Disstrack verdient. Es geht um den Gegensatz zwischen "klassischen Neonazis" und den "Neuen Rechten". "NSler", also klassische Neonazis, identifizieren sich mit Hitlers Rassenideologie, ihr größter Feind ist immer noch "der Jude". Die meisten anderen Rechten, von den Identitären über Pegida bis hin zum rechten Flügel der AfD, machen sich vor allem Sorgen um die Überfremdung durch Muslime.

Schröder gehört zu der neuen Generation Rechtsextremer, die versuchen, den "Nationalen Widerstand" anschlussfähiger zu machen. In seiner wöchentlichen Sendung FSN (steht für "Frei, Sozial, National", das Motto: "Hören macht frei"), die er über das Internet ausstrahlt, verbindet er Rechtsrock mit Popkultur und grenzwertige NS-Anspielungen mit albernen Einlagen. Wenn Medien über das Phänomen "Nipster" also "Nazi-Hipster" berichten wollen, dann landen sie meistens bei Schröder – und der hat durchaus Bock darauf, in den "System-Medien" aufzutauchen. Und weil er gleichzeitig versucht, seine oft grobschlächtigen Kameraden zu einem massentauglicheren Auftritt zu erziehen, hat Spiegel TV ihn den "Stilberater" der rechten Szene genannt.

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Damit macht sich Schröder in der Szene nicht nur Freunde. Das größte bayerische Neonazi-Netzwerk "Freies Netz Süd" nannte ihn "Selbstdarsteller" und "Staatsschutzquatscher" – also einen, der Kameraden an die Behörden verpfeift (denselben Vorwurf, Schröder habe die Gästeliste eines seiner Konzerte "einfach an den Staatsschutz geschickt", erhebt MaKss Damage auch in seinem Disstrack – ohne Belege zu liefern).

Seit Neuestem nervt die Kameraden vor allem, dass Schröder die Identitäre Bewegung öffentlich bewundert. Die hätten das richtige Gespür für Branding und öffentlichkeitswirksame Aktionen, sagte Schröder neulich in einem Video. Und er kritisierte die Kameraden aus der "Hitlersekte", die zu stur seien, sich auf eine Zusammenarbeit mit den neurechten Bewegungen einzulassen. "Das ist die nackte Angst davor, dass jetzt jemand kommt, der uns in allen Punkten überlegen ist", fasste Schröder die Lage zusammen. Das "nationale Lager" dagegen mache sich zunehmend lächerlich: "Dem Haufen kann sich kein normaler Mensch anschließen, dem es ernsthaft um Deutschland geht."

Das war für zu viel für MaKss Damage. Der wirft Schröder deshalb jetzt vor, sich zum "Strichbengel" des Identitären-Chefs Martin Sellner gemacht zu haben. "Wer hat hier Angst vor dem neurechten Geist und zeigt / wie er peinlich versucht, sich einzuschleimen?"


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Interessant daran ist, dass MaKss Damage selbst ursprünglich aus der linken Szene kam – was erklären könnte, warum er jetzt so bemüht ist, sich als strenger Bewahrer der einzig orthodoxen NS-Ideologie darzustellen. Er ist der Konvertit, der jetzt die reine Lehre schützt. Ihm ginge es nicht darum zu "spalten", rappt er – sondern "den Dreck aus der Bewegung" zu werfen.

Schröder hat bereits auf den Track reagiert. Auf der Facebook-Seite seines Senders FSN schreibt er: "Leider führt nun die Kritikunfähigkeit einzelner dazu, dass man sich eine öffentliche Schlammschlacht liefern muss, die niemandem hilft, außer dem politischen Gegner." Und Schröder ist bereit: Er hat einen "umfassenden Faktencheck in Videoform" angekündigt.

Die ganze Episode macht deutlich, wie zerstritten die rechtsextreme Szene momentan ist. Das belegen die Kommentare unter dem FSN-Post von Schröder, in dem die Kommentatoren innerhalb kürzester Zeit aneinandergeraten sind: "Will hier auf völkisch machen und unterstützt Organisationen die Neger und Israel abfeiern, einen größeren Idiot wie du es bist ist mir schon lange nicht mehr unter die Augen gekommen!", pflaumt einer den anderen an, der antwortet mit "Wer im Glashaus sitzt, sollte sich das Werfen lieber 88 mal überlegen!".

Einem Dritten bleibt nichts übrig, als traurig festzustellen: "Wann immer Nationalisten sich gegenseitig in die Pfanne hauen, kann man leise im Hintergrund sich (((jemand))) die Hände reiben hören." Wobei die drei Klammern um einen Namen ein Neonazi-Code für den alten Erzfeind sind: den Juden. Aber wenn selbst der nicht mehr ausreicht, um die Neonazis zu einen, dann haben sie wohl wirklich ein Problem.

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