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The Tp For Your Bunghole Issue

Mike Judge ist mein Xanax

Oder was die Leute sonst so einwerfen, um nicht ständig auf alles Hass zu schieben. Wir brauchen eben nur Mike Judge, den Schöpfer von Beavis and Butt-Head.

Ich wäre nicht da, wo ich heute bin, wenn es Mike Judge nicht gäbe. Damit meine ich, in einem Taxi, auf dem Weg zurück von einem schicken Hotel im Zentrum von Manhattan, wo ich eine Stunde zuvor Mike und Terry Richardson zugesehen habe, wie sie hinter Pappmasken von Beavis and Butt-Head wie Teenies kicherten und alle anderen im Raum sich darüber kaputtlachten. Aber ich meine auch, ich wäre nicht ich, ein hochgradig zynischer Mensch, der am Ende eines Tages eher die Absurdität dieser oft grausamen Welt mit Spott bedenkt, als sie zu beweinen oder zum Serienmörder zu werden. Man könnte sagen, dass Mikes Arbeit, vor allem Beavis and Butt-Head und seine Spielfilme Alles Routine und Idiocracy als eine Art Bewältigungsmechanismus dienten—visuelle Antidepressiva, die mir in verschiedenen Momenten meines Lebens dabei halfen zu sagen: „Dieser Typ lebt gut, indem er sich über den ganzen Scheiß lustig macht. Die Dinge können gar nicht so übel sein.“ Ich denke, ich kann getrost davon ausgehen, dass die meisten Leute, an deren Gesellschaft ich Gefallen finde, das ähnlich sehen, egal ob sie darüber so abgebrüht analytisch werden wollen oder nicht. Als in diesem Jahr bekannt wurde, dass Beavis and Butt-Head auf MTV zurückkehren wird, war ich zunächst begeistert. Dann fragte ich mich, ob die Kids von heute das überhaupt verstehen werden—ob der aktuelle, erbärmliche Zustand der Popkultur in Verbindung mit der Tatsache, dass das System der Internet-Kommentare die jungen Leute in defensive Waschlappen verwandelt hat, die nie mit restriktiven Reaktionen auf ihre unausgegorenen Meinungen umgehen müssen, bedeuten könnte, dass sie einen Blick auf die Sendung werfen und dann sagen: „Ich mag die Sachen, die da verarscht werden, und deshalb komme ich mir bescheuert vor, also zum Teufel mit diesen Typen.“ So oder so werde ich über das alles herzhaft lachen. Ich war daher vollkommen begeistert, als Mike, den ich seit der Larfs Issue im vergangenen Jahr verfolgte, einwilligte, mir ein Interview zu geben. Als er sagte, er werde das Cover der Ausgabe von diesem Monat illustrieren, habe ich mir in die Hose geschissen (ein bisschen). Und als ich Terry mailte, um zu erfahren, ob er das, was immer er gerade tat, für ein Last-Minute-Shooting mit Mike hinschmeißen könnte, antwortete er wenige Minuten später: „Heilige Scheiße … ich, Mike und Beavis und Butt-Head zusammen? Das klingt geil! Um wieviel Uhr ist er bei dir?” Dann kotzte ich vor lauter Aufregung quer über meine Tastatur. Gott sei Dank gelang es mir nicht komplett durchzudrehen, als das Interview losging. VICE: Mir ist ein bisschen seltsam zumute, dich zu treffen.
Mike Judge: [lacht] Weil ich sonderbar bin? Nein, das ist ja das Tolle an dir. Deine Arbeit hat meinen Sinn für Humor unglaublich beseelt, vor allem in meiner Jugendzeit. Das gilt eigentlich für meine ganze Generation. Durch dich wurde es für mich OK, den Leuten mitzuteilen, wie beschissen ich manche Dinge finde, und darüber zu lachen.
Wie alt bist du? Neunundzwanzig.
Ja, dass höre ich in letzter Zeit immer öfter: „Ich bin mit deinen Sachen groß geworden“ oder „Als Jugendlicher hörte ich, ich solle das nicht schauen.“ So in der Art. Meine Eltern waren cool genug, mir das nicht zu verbieten, aber ich ging auf eine katholische Schule und die Nonnen waren ganz und gar nicht bereit, Serien wie The Simpsons zu befürworten, und schon gar nicht Beavis and Butt-Head. Du warst auch auf einer katholischen Schule, stimmts?
Ja, auf einer katholischen Highschool. Bis zur neunten Klasse besuchte ich eine öffentliche Highschool. Die Schülerzeitung schrieb später, als die Serie rauskam, sogar ein paar abfällige Sachen über mich—ich habe gerade erst davon gehört—heute geben sie allerdings mit mir an. Also … Wie werden wohl deiner Einschätzung nach die Kids heute auf die neue Serie reagieren, wo sie niemals die alte im Original gesehen haben? Die Kultur dieser Generation ist so mies—jedenfalls im meinem Empfinden—dass sie vielleicht weit davon entfernt sein könnten, die Feinheiten der Kommentare von Beavis and Butt-Head zu kapieren. Oder, was wahrscheinlicher ist, ich werde allmählich alt und verschroben.
Als ich mit den Arbeiten an der Show begann, war ich bereits alt. Ich ging auf die 30 zu; ungefähr dein Alter, ich fühlte mich also offensichtlich älter als die von mir geschaffenen Figuren. Aber es ist seltsam, selbst damals, im Jahr 1992, gab es Leute bei MTV, die AC/DC und Metallica für veraltete Referenzen hielten. So in der Art: „Sollten da nicht Nirvana oder Pearl Jam oder etwas anderes rein?“ Das war erstmal wirklich nicht hip, aber für mich geht es eher um eine Gefühlslage als um eine kulturelle Referenz zu einer bestimmten zeitlichen Periode, auch wenn es einige spezifische Referenzen gibt. Es geht darum, wieder an diesen Seelenzustand heranzukommen, auch wenn ich heute Reality-Shows wie Jersey Shore und 16 and Pregnant schaue. Die letzte Beavis and Butt-Head-Episode liegt 14 Jahre zurück, na ja, die Dinge haben sich geändert, aber … Aber sie haben sich auch nicht geändert.
Nein, sie haben sich nicht geändert und die anderen Figuren auch nicht. Ich sah mir diese Figur des Hippie–Lehrers an und als ich die Serie damals zum ersten Mal produzierte, da dachte ich: „Gibt es wirklich noch solche Typen?“ Ich schaute mich daraufhin um und stellte fest, da waren eine Menge Hippies in Batikhemden und heute ist das nicht anders. Es gibt andere Rollen, die wir ein wenig anpassen mussten, aber die Simpsons tragen immer noch die gleichen Klamotten und haben die gleichen Frisuren und laufen schon seit einer Ewigkeit. Bei MTV könnte man meinen, die Zielgruppen beschränken sich auf vorpubertäre Kids und Idioten. Arbeitest du da eigentlich noch mit jemandem von früher zusammen?
Na ja, Judy McGrath ist leider nicht mehr da, was echt schade ist. Sie hatte das ganze Projekt schon damals in ihrer Hand, als ich anfing. Aber was die anderen betrifft, das ist fast derselbe Haufen wie früher. Es ist echt lustig, als ich an King of the Hill arbeitete, wurden da alle paar Monate die Leute gefeuert. Bei MTV sind die Leute an der Spitze immer noch dieselben, daher ist es irgendwie wie eine Rückkehr an den gleichen Ort, wenn man natürlich davon absieht, dass der Sender sich sichtbar geändert hat. Du hast da diese Manager, die dir sagen: „Wir haben hier diese Serien wie Teen Mom, die gut bei den weiblichen Teenagern ankommen. Das ist unsere Produkt-Demo. Wir müssen noch an die Typen rankommen.“ Ich denke, sie wollen die Serie unter anderem deswegen wieder ins Programm aufnehmen, weil sie sich damit erhoffen, wieder mehr männliche Zuschauer ins Boot zu holen. Revivals sind gerade schwer im Trend. Arrested Development kehrt zurück, Bands schließen sich wieder zusammen für Tourneen mit Alben, die Mitte der 90er herauskamen. Ich denke, das liegt daran, dass —
[lacht] Den Leuten die Ideen ausgehen. Ich denke, das ist genau das, was da gerade überall passiert. Arrested Development ist zum Beispiel eine Serie, die sich die Leute weiterhin anschauen—ich schließe mich da ein—und irgendwie wird sie besser, je länger du sie dir anschaust. Es gibt eine Menge Sender, und viele Produzenten sind auf der Suche nach Inhalten. Viele Serien bleiben erfolglos und dann kommt dir so etwas wie Arrested Development in den Sinn und du denkst: „Warum bringen wir das nicht einfach noch einmal?“ Soweit ich weiß, wollten sie das schon vor Jahren tun. Hast du also schon lange geplant, neue Folgen von Beavis and Butt-Head rauszubringen oder ist MTV auf dich zugekommen?
Zunächst ist MTV auf mich zugekommen. Sie sind alle ein bis zwei Jahre wieder darauf zu sprechen gekommen. Sie waren an einem Film interessiert, dann war eine Zeit lang die Rede von einer Serie, aber ich hörte wieder eine Weile nichts davon. Mein Manager sagte manchmal: „Weißt du, die rufen von Zeit zu Zeit bei mir an”, aber das letzte Mal wurden sie schon recht konkret, in der Art: „Willst du die Serie wieder zurückbringen?“ Mit King of the Hill war ich durch, die Dreharbeiten an einem Realfilm [Extract] waren abgeschlossen und ich wollte erstmal kein ähnliches Projekt in die Hand nehmen. Ich hatte über die Jahre ein paar Ideen für eine Fortsetzung des Films und ein paar allgemeine Ideen aufgeschrieben, aber ich spürte die ganze Zeit, dass ich da noch nicht fertig war. Als ich aufhörte, war ich ausgebrannt. Ich wollte andere Dinge tun, aber ich war nie an dem Punkt zu sagen: „Ich begrabe das vollständig. Ich bin durch damit.“ Ich hätte allerdings auch nicht gedacht, dass ich 14 Jahre später wieder damit anfangen würde. Aber ich habe das Gefühl, es ist irgendwie richtig so. Hast du gekämpft, um wieder in die Stimmen der Figuren hineinzufinden?
Ich übernehme niemals Sprecherrollen, wenn ich es nicht muss. Ich tue das gerne, wenn ich dabei bin, aber mit meiner Freizeit weiß ich Besseres anzufangen. War das etwas, was du trainieren musstest?
Ja, auf jeden Fall. Ich höre mir nicht gerne Aufnahmen von meiner Stimme an. Aber ich nahm mich selbst auf, hörte mir das an, schaute ein paar alte Episoden. Für mich klingt es wie früher. Aber das ist eine andere Sache, ich denke, wenn ich irgendwann 60 bin, werde ich wahrscheinlich immer klingen wie Beavis. Ein weiterer guter Grund, die Aufnahme lieber früher als später anzugehen. Mir ist aufgefallen, dass im Logo der Show heute Mike Judge’s Beavis and Butt-Head statt MTV’s Beavis and Butt-Head steht. Ich meine, ich habe das in der Form auf den DVD-Boxen der alten Episoden gesehen, aber ich war überrascht zu sehen, dass es auf das Fernsehen übertragen werden sollte. Kannst du uns irgendwelche schmutzigen Details zu den Hintergründen dieser subtilen, aber wichtigen Veränderung erzählen?
Am Anfang [meiner Zusammenarbeit mit MTV] hatte ich diese zwei Zweiminuten-Kurzfilme mit Beavis und Butt-Head für Liquid Television lizensiert. Dann wollte MTV mir die Figuren abkaufen—sie sagten allerdings nicht genau, was sie mit ihnen vorhatten—und ich verhandelte eine Weile und dachte: „Es kostet mich sechs bis acht Wochen, bis ich zwei Minuten produziert habe, wenn ich alles alleine mache“, und ich war irgendwie durch damit. Ich hatte diese zwei Kurzfilme produziert und ein paar Tausend mit ihnen gemacht, indem ich sie an Festivals und an Liquid Television verkaufte, aber das war auch alles—ich war ein absoluter Nobody zu dieser Zeit. So verkaufte ich ihnen die Figuren ganz und dann ließen sie mich die Serie machen, sodass ich auf diesem Wege bezahlt wurde. Aber eines Tages entschieden sie: „Wir werden es MTV’s Beavis and Butt-Head nennen.“ Ich sagte: „Wirklich? Ich habe das alles bei mir zu Hause mit Bleistift, Papier und Zelluloid erschaffen und … MTV’s Beavis and Butt-Head? Aber wie auch immer, es gehört euch, also macht.“ Jahre später kam der Film raus und sie wollten eine Fortsetzung. Mir gefielen ein paar Sachen nicht und so machte ich bei den Verhandlungen einfach den dicken Max [lacht]. Mein Anwalt sagte mir: „Willst du von ihnen verlangen, die Show Mike Judge’s Beavis and Butt-Head zu nennen?“ Und ich antwortete: „Ja, hau rein.“ Ich hatte irgendwie vergessen, dass wir uns darüber einig geworden waren und als wir das Logo neu gestalteten, sagte ich: „Wow, OK.“ Normalerweise würde ich meinen Namen nicht auf etwas draufklatschen, aber wenn es um die Wahl zwischen MTV’s Beavis and Butt-Head und Mike Judge’s Beavis and Butt-Head geht, mache ich das. Als du diese ersten Kurzfilme Liquid Television vorgelegt hast, konntest du dir da vorstellen, dass ein Zeichentrickfilm über zwei grenzdebile Highschool-Freunde solche Wellen schlagen würde?
Das ist eine gute Frage, denn ich machte halt einfach diese Trickfilme bei mir zu Hause und wollte mir keine allzu großen Hoffnungen machen. Einerseits dachte ich: „OK, es wäre eine coole Sache, mit ein paar anderen Leuten in Dallas Filme zu machen und Leute kennenzulernen, die im Comedygeschäft sind, oder einen Job in der Trickfilmproduktion zu bekommen. Ich versuchte gerade etwas auf die Beine zu stellen und so produzierte ich diese Filme. Mit Beavis and Butt-Head dachte ich einmal: „Das könnten Figuren sein, die vielleicht mal jemand auf ein höheres Level heben und in größerem Rahmen verwenden wollen könnte.“ Dann sehe ich plötzlich dieses Liquid Television, das gut ankommt, und denke: „Kann ja wohl nicht sein. Zu scharf, um wahr zu sein. Wäre es nicht obergeil, wenn ich da etwas unterbringen könnte?“ Als meine Kurzfilme dort gesendet wurden, war das für mich, als wäre ein fantastischer Traum wahr geworden. Aber unterschwellig dachte ich: „Ich sollte Sachen produzieren, die Chancen haben auf ein anderes Niveau zu kommen“, schließlich waren Die Simpsons gerade groß rausgekommen, zeitgleich mit Ren & Stimpy. Es gab in den 90ern eine Menge Kontroversen um Zeichentrickfilme. Die Leute hatten gerade entdeckt, dass Zeichentrickfilme nicht notwendigerweise ein Medium für Kinder sein mussten und Themen im Zeichentrickfilm aufgegriffen werden konnten, die in einem Realfilm wahrscheinlich Tabu wären. Aber ist es denn heute überhaupt noch möglich, Leute wirklich zu provozieren? Es schien ja niemanden mehr zu interessieren, dass Cartman aus den Eltern dieses Jungen Chili gemacht hat. Ich glaube, die Leute wären ausgerastet, wenn das vor 15 Jahren passiert wäre. Wie schaffst du es, hier mehr in die Waagschale zu werfen?
Ich denke darüber nie auf diese Weise nach. Als ich anfing, an Meetings in Hollywood teilzunehmen, wurde mir klar, dass, wenn ein Manager über etwas sagte, es sei „edgy“ oder „dunkel“, das Ganze meist darauf hinausläuft, dass es Scheiße ist und nur Geld frisst. Es kommt schon vor, dass du eine gute Idee hast und irgendeine verrückte Komponente einbaust, mit der du den Leuten bestimmt auf die Füße trittst, und das funktioniert dann auch. Aber wenn ich eine Sache anfange, dann ist das nicht mein erster Gedanke. Früher hatten die Leute im Hinterkopf, dass Zeichentrickfilme etwas für Kinder sind. Das ist heute anders geworden, aber damals war es so. Selbst bei den Simpsons erinnert sich heute wahrscheinlich kaum jemand daran, wie umstritten diese Serie war. Bart war der Typ des Versagers und das erregte die Gemüter. „Was fällt dir ein, eine Zeichentrickfigur zu entwerfen, die sich selbst als Versager bezeichnet. Jeder sollte ein Überflieger sein!“ Aber man hatte Stoff auf Zeichentrickfestivals, der weit über das hinausging, was du heute zu sehen bekommst [lacht]. Es war dieser verrückte, lustige Stoff. Genau zu dieser Zeit, Ende der 80er und Anfang der 90er kam der Durchbruch bei Cartoons und Zeichentrickfilmen. Da gab es diese Generation von Leuten meines Alters, die alle mitbekommen hatten, wie die Sachen von Warner Bros. groß rauskamen und das war verblüffend. Dann wurden die Zeichentrickfilme für eine Zeit ziemlich schrecklich, bis die Tracey Ullman Show und Die Simpsons aus dem Nichts erschienen. Der Gedanke, dass ein Zeichentrickfilm großartige Geschichten mit lustigen und großen Figuren von Bedeutung bringen konnte, war umwerfend. Kann Beavis wieder „Feuer“ sagen?
Ja, er kann „Feuer“ sagen. Gut. Die Kids heutzutage sollten mehr Mist abfackeln. Eine andere Frage beschäftigt mich noch: Kommt Daria zurück?
Diese Frage hat man mir in letzter Zeit so oft gestellt, dass ich mittlerweile denke, wir sollten sie vielleicht wieder zurückholen. Ich habe diese Figur immer gemocht, aber meine Produzenten sagten damals: „Weißt du, wir denken darüber nach, mit ihr eine extra Serie zu machen“, und ich dachte: „Gute Idee.“ Aber sie bissen sich an dem Vorhaben fest, ohne mich weiterzumachen, und so gingen sie los und stellten alle diese Leute ein—ich hatte gar keine Ahnung davon. Das alles hat mir dann ziemlich gestunken und ich musste mich von der ganzen Sache distanzieren. Ich mochte die Figur und ich weiß, sie hatten einige großartige Drehbuchautoren für diese Serie, also muss es ziemlich gut gewesen sein, klar, viele Leute wollen diese Figur anscheinend wieder sehen. Mir gefiel sie in Beavis and Butt-Head mehr, um das mal klar zu sagen. Viele würden mir da wahrscheinlich widersprechen.
Ich mochte sie in Beavis and Butt-Head. Alle Charaktere in dieser Show sind negativ gezeichnet. Daria war die Einzige, die davon manchmal abwich. Diese Interaktion zwischen ihr und den anderen gefiel mir. Na ja, ich sollte sie wahrscheinlich wieder zurückbringen. Ich habe gehört, dass manche Ideen für die Geschichten der neuen Beavis-and-Butt-Head-Serie unvollendeten Episoden von King of the Hill entnommen sind. Stimmt das?
Nicht direkt von King of the Hill. Wenn mir irgendetwas um mich herum auffällt, dann sage ich: „Oh, das wäre eine gute Idee.“ Und meine Filme und King of the Hill haben mich insgesamt zu einem besseren Filmemacher gemacht, also dachte ich: „Ich möchte zurückgehen und Beavis and Butt-Head machen. Ich wusste, es würde mir leichter fallen, das im Hinblick aufs Filmemachen richtig hinzubekommen. Als ich diese anfänglichen Kurzfilme machte, verstand ich noch nichts davon, wie man Dinge inszeniert oder was ein Achsensprung ist. Das waren alles Sachen, die ich mit der Zeit gelernt habe. Ich habe auch gehört, wenn Dinge für MTV diesmal zu gewagt daherkommen, würdest du sie online stellen. Sind sie denn wegen irgendetwas schon dermaßen ausgeflippt?
Noch nicht. Sie waren knapp davor [lacht]. Kannst du darüber sprechen?
Ich versuche, mich daran zu erinnern, worum es da genau ging. Das war, als sie sich eine dieser Serien wie 16 and Pregnant anschauten und die Leute von MTV sagten: „Nun ja, die Produzenten der Serie sind mit diesem oder jenem nicht zufrieden“, und ich darauf: „OK, und mir passt es nicht, dass ihr mir erzählt, dass ich das hier nicht unterbringen darf [lacht], und ich bin der Produzent dieser Serie, also stellen wir es einfach bei YouTube rein.“ Du kannst das heute machen. Jeder stellt meine Sachen bei YouTube rein, also … Weil jeder darauf abfährt. Aber ich könnte mir vorstellen, dass einem das manchmal auch Kopfschmerzen bereiten kann.
Es ist eine gute Sache. Schade ist es nur um meinen ersten Zeichentrickfilm, bei dem ich das Verfahren des sogenannten „Track-Lesens“ angewendet habe, also eine Animation, die der Lippensynchronisation folgt. Ich habe das mit einer Stoppuhr gemacht, was ewig gedauert hat. Ich habe das perfekt hinbekommen und jetzt ist es weltweit auf YouTube, aber ohne die Synchronisation [lacht]. Das macht mich ganz wahnsinnig. Ich bin stolz, dass es über YouTube abrufbar ist; ich wünschte nur, es wäre synchron. Wo wir gerade über YouTube sprechen, das ist wohl gegenwärtig die einzige Plattform, auf der die Leute sich Musikvideos anschauen. Ich glaube nicht, dass MTV sie noch um 4 Uhr morgens zeigt. Ich hoffe, Beavis und Butt-Head werden weiterhin neue und sonderbare Videos schauen, die man nirgends sonst zu sehen bekommt, und ich habe mich gefragt, ob du sie selbst so sorgfältig auswählst oder ob du jemanden hast, der das ganze Material für dich durchforstet.
Die meisten habe ich selbst ausgewählt, aber ich hatte ein paar Leute an der Hand, die für die Serie arbeiteten und mir etwas von dieser Arbeit abgenommen haben. Man schickte uns tonnenweise Material, als die Serie erstmal ein Hit war und die Leute sahen, was lief. Das ist ähnlich wie mit den neuen Serien. Es sind eine Menge wirklich guter Musikvideos auf dem Markt, die niemand mehr im Fernsehen zeigt. Als einer, der Tausende von ihnen gesehen hat, behaupte ich, dass sie heute besser sind als seinerzeit. Du verfügst über enzyklopädische Musikvideo-Kenntnisse, aber nur wenige wissen wahrscheinlich, dass du auch ein Physikstudium abgeschlossen hast. Kannst du diese Qualifikation gelegentlich nutzen?
Es gibt vielleicht manche technische Fragen, die du schnell durchdringst, wenn du Physik studiert hast. Einmal nach einer Testvorführung von Alles Routine wollte ein Manager von Fox TV etwas über eine Statistik sagen, und wenn du Physik studierst und dich mit Thermodynamik befasst, dann kennst du dich mit Statistik sehr gut aus. So war ich in der Lage zu sagen: „Nein, das besagt dieser Wert nicht; es ist das und das.“ Ich gab ihnen allen ein bisschen Nachhilfe in Statistik nach einer Testvorführung, die nicht so besonders gute Zahlen erreicht hatte. Was war das für eine Statistik?
Das waren Zahlen, mit denen man mich versuchte zu überzeugen, dass ich auf den Gangsta-Rap verzichten sollte. Wirklich? Was für eine gequirlte Scheiße.
Sie bearbeiteten mich so penetrant, ich solle den Rap rausnehmen, dass ich mich sehr weit aus dem Fenster lehnte und sagte: „Na gut, fragen wir die Zielgruppe direkt bei unserer nächsten Testvorführung, und wenn sie den Gangsta-Rap nicht mögen, dann nehme ich ihn raus.“ Die 19- bis 30-jährigen Zuschauer antworteten allerdings, dass sie ihn großartig finden. Dabei setzte die Frau, die die Befragung durchführte, alles daran, um ein möglichst negatives Ergebnis zu bekommen. Wenn auf ihre Frage: „Was hältst du von der Musik?“, kam: „Oh, die ist wunderbar!“. Dann bohrte sie weiter: „Und was ist mit dem Gangsta-Rap?“, um wieder zu hören: „Wow, der ist geil!“, und legte nach: „Aber war das nicht vielleicht ein bisschen viel?“ Keine Spur einer negativen Bewertung—diese Zielgruppe rettete mich. Ich habe das Gefühl, genau diese Situationen machen deine Arbeit bei so vielen Leuten beliebt. Ich würde nicht sagen, du bist ein Außenseiter, das würde es nicht ganz treffen, aber du scheinst immer im zweiten Anlauf zu siegen, auf eine Art, der deine Widersacher wirklich nichts entgegenzusetzen haben.
Mir ginge es besser damit, wenn das aus dem Stand heraus ein Riesenhit geworden wäre, aber ehrlich gesagt, na ja. Ich bin mit dem Fernsehen aufgewachsen, Filme habe ich erst später in meinem Leben bewusst kennengelernt. Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich in Albuquerque, New Mexico, sehr weit weg von der Welt des Entertainments in New York oder L.A., und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie die Art, wie die meisten von uns denken und fühlen, nicht ganz begriffen. Und wenn mal das Alltagsleben gezeigt wird, dann weißt du das wirklich zu schätzen. Ich habe das getan. Ich denke, es macht meine Arbeit aus, dass ich auf eine Weise denke und versuche einen Stoff umzusetzen, für den Hollywood ein bisschen zu abgehoben ist. Vielleicht fühle ich mich daher Sujets wie denen von King of the Hill oder Alles Routine zugeneigt. Das ist mehr Alltag, die Welt der normalen Leute. Na ja, aber es stimmt wohl, dass meine Filme immer erst eine Weile brauchen, bis sie sich durchsetzen. Das trifft auch auf Idiocracy zu, einen meiner Lieblingsfilme überhaupt, weil er so gerade heraus und dabei extrem witzig die stupide Seite der Menschheit beschreibt. Er hatte aber nie einen großen Kinostart. Ich habe eine Menge Gerüchte gehört, kannst du die Sache erklären?
Ich kann dir erzählen, was ich weiß. Wir schlossen den Film ab und legten ihn beiseite, und erst ein Jahr später kam er heraus. Als es also ans Marketing ging, hatte ich schon gar keinen Bezug mehr zu ihm. Man zeigte mir einen Haufen Trailer—einige von ihnen fand ich gut, andere fürchterlich. So ist das immer. Mit Alles Routine war es das Gleiche. Sie schickten mir ein Video mit 13 Trailern. Mir gefielen alle außer Nr. 3 und Nr. 11. Ich rief sie an und sagte: „Hey, die sind spitze“, und sie darauf: „Ja, Nr. 3 und Nr. 11 gefallen uns echt gut.“ So testeten sie die Trailer und sie liefen nicht besonders gut. Sie hätten mir auch nicht gefallen, wenn ich in einer Testgruppe gewesen wäre. Dann schauten sie sich das an und sagten: „OK, wir benutzen Alles Routine als Geschäftsmodell. Der hat uns eine Menge Geld eingebracht, aber erst ungefähr drei oder vier Jahre später. Was haben wir da falsch gemacht? Wir haben Geld für den Filmstart und die Trailer ausgegeben, also lasst uns doch dieses Mal darauf verzichten.“ Du könntest allerdings behaupten, dass sie vielleicht das Richtige taten. Der Film verkauft sich jetzt ganz gut, genauso wie Alles Routine. Was Idiocracy betrifft, dieser Film wurde wirklich boykottiert. Er lief in etwa elf Kinos. Ich habe immer diese Artikel gehasst, die bezifferten, wie viel der Film eingespielt hat, aber nicht erwähnten, dass er nur in elf Kinos lief. Damit nicht genug, in der Filmliste Moviefone erscheint er immer noch unter Filmprojekt von Mike Judge ohne Titel. [lacht] Sie gaben sich noch nicht einmal die Mühe, einen Titel in diese Datenbank einzugeben, aus der sie ihr Material ziehen. Der Film ist deshalb so wichtig—und vermutlich so umstritten—weil er Menschen wie mir hilft, mit dem Rest der Welt klarzukommen. So in der Art: „Zumindest ist es bislang noch nicht so schlimm und ich werde tot sein, bevor es dazu kommt.“
Ich muss ihn mir noch einmal anschauen, ich habe ihn, seit er in die Kinos kam, nicht mehr gesehen. Das letzte Jahr über haben so viele Leute mit mir über den Film gesprochen. Ich habe ihn tausend Mal im Schneideraum gesehen, und an jedem einzelnen Bild herumgetüftelt, aber jetzt zitieren die Leute in Gesprächen mit mir daraus und ich denke mir: „Ja, ich sollte mir das mal wieder ansehen.“ Wie findest du den Umgang mit The Goode Family?
Ich bin einer von den drei Urhebern dieser Serie und habe das in gewisser Weise meinen Partnern überlassen. Ich war mit der Produktion von Extract beschäftigt. Ich habe ein paar Zeichnungen gemacht und dem Protagonisten meine Stimme geliehen. Die Werbung schien OK, aber aus irgendeinem Grund war die Serie erfolglos. Das kommt vor. Das scheint bei Zeichentrickfilmen so zu sein—oder vielleicht trifft es auf alles zu, aber insbesondere bei Zeichentrickfilmen ist es so, dass sie entweder eine richtige Sensation, richtig phänomenal sind, oder überhaupt nicht laufen. Schau dir Familiy Guy, South Park und The Simpsons an, sie alle haben dieses bestimmte Etwas, das ankommt wie verrückt. Wie lief die Werbung für Extract? Ich erinnere mich an eine Menge Geschichten darüber, wie der Filmstart vorbereitet wurde.
Ja, da gibt es wirklich keine Entschuldigung [lacht]. Die Sache war eben die, dass Extract ein extremer Low-Budget-Film ist. Wir hatten private Investoren an der Hand und alle schienen zufrieden zu sein. Es schien, als ob alles ausnahmsweise mal gut laufen würde.
Und das tat es auch. Es war wahrscheinlich die bestmögliche Erfahrung, die du beim Filmemachen machen kannst—wo du um 5 Uhr morgens aufstehst und das ganze Zeug. Es lief gut vom Anfang bis zum Ende. Ich hatte eine großartige Crew, tolle Produzenten und alles passte. Wirst du in absehbarer Zeit einen anderen Realfilm machen?
Ich möchte da erstmal eine Pause einlegen. Ich glaube die Dreharbeiten an Extract dauerten etwa acht Wochen. Das war vom Zeitraum her ungefähr das Richtige für mich. [lacht]. Idiocracy nahm zehn oder zwölf Wochen in Anspruch, und das wird dann schon etwas hart. Aber es war wirklich eine gute Erfahrung. Was ich nicht mag, ist die ganze Casting-Prozedur. Schauspieler kommen, sie wollen die Rolle, und manchmal möchtest du den Schauspielern sagen, dass sie toll sind, selbst wenn sie in diesem Moment nicht passen, und das klingt oft alles nach großem Mist. Das ist wie alle fünf Minuten ein peinliches Date zu haben und das acht Stunden am Tag. Das ist wirklich Knochenarbeit.

Fotos von Terry Richardson