Vor 80 Jahren bekamen selbst Einwohner Australiens noch nicht so oft Haie aus nächster Nähe zu sehen. Als das Coogee Aquarium in Sydney damals einen riesigen Tigerhai beschaffte, war der Andrang daher groß. Und als das Meerestier sich erbrach, verriet es viel über seine Spezies – und über die kriminelle Unterwelt der Stadt. Dabei kamen nicht nur eine halbverdaute Ratte und ein Vogel zum Vorschein, sondern auch ein abgetrennter menschlicher Arm mit einem Boxer-Tattoo.
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Was sich in Coogee Beach zugetragen hatte, sollte sich als einer der seltsamsten Mordfälle in der Geschichte Australiens erweisen. Der Frühling 1935 war eine turbulente Zeit für das Land: Die Weltwirtschaftskrise war in vollem Gange, und nur ein Jahr zuvor hatte man die schwer verbrannte Leiche einer jungen Frau gefunden, die als "Pyjama Girl" in die Lokalgeschichte einging. Die Menschen in Sydney brauchten ein wenig Ablenkung. Das Coogee Aquarium existierte seit 1887, doch das Geschäft lief inzwischen schlecht. Eine neue Attraktion kam da auch den Betreibern gerade recht.Der Tigerhai war ein Prachtexemplar: vier Meter lang, fast eine Tonne schwer. Der damalige Besitzer des Aquariums, Bert Hobson, hatte ihn mit seinem Sohn aus dem Hafen geholt. Der Hai sollte der neue Star des etwa 25 mal 15 Meter großen Aquariumbeckens werden. 1935 kam es vermehrt zu Haiangriffen auf Menschen, also hoffte Hobson, sein Geschäft zu retten, indem er den Besuchern einen der Killer zum Greifen nahe vorführte. Doch als die Aquarium-Fans das seiner Heimat entrissene Tier umzingelten, wurde es nervös – und kotzte das Beweismittel aus.Die Polizei hielt die Meldung anfangs für einen Streich, vom Personal des Aquariums, oder von Medizinstudierenden, die zu viel Freizeit und überschüssige Leichenteile hatten. Aber das Lachen verging auch dem letzten Ungläubigen, als man den Arm aus dem Wasser fischte und in die Gerichtsmedizin brachte. Abgesehen von dem Tattoo, das einen Boxer zeigte, gab es eine weitere Auffälligkeit: Um das Handgelenk war ein Stück Seil gebunden. Der Gerichtsmediziner stellte fest, dass der Arm gar nicht von dem Hai abgebissen worden war – ein stumpfes Messer hatte ihn vom Körper getrennt. Aus dem Kuriosum wurde ein mutmaßlicher Mordfall.
Aus dem Kuriosum wird ein mutmaßlicher Mordfall
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Zwei Fragen musste die Polizei nun beantworten: Wessen Arm war das? Und wie war er im Magen des Tigerhais gelandet? Noch bevor die Beamten der Sache auf den Grund gehen konnten, stürzte sich die Presse auf die Story und behauptete, es müsse sich sehr wohl um eine Hai-Attacke handeln. In den 1930ern gab es kaum forensische Ermittlungsmethoden, doch eine brandneue Fingerabdruck-Technik führte zum Erfolg: Der Arm gehörte Jim Smith, einem Kriminellen, der auch als Informant der Polizei tätig war.Smiths Bruder bestätigte die Identität des Arms anhand des Boxer-Tattoos, nachdem ein Bild von dem Leichenteil in der Boulevardzeitung Truth abgedruckt worden war. Vor seiner kriminellen Karriere und seinen Festnahmen war Smith Boxer gewesen, doch er war nicht gut genug und hatte den Traum von einer Profi-Karriere aufgeben müssen. Also trieb er von Job zu Job, bis er in einem Pub anfing, wo er Kontakte zur kriminellen Unterwelt aufbaute. Unter anderem zu einem wohlhabenden Schiffsbauer namens Reginald Holmes.
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