Stanic – Die Kolumne

Warum es Menstruationsblut auf einen Düsseldorfer Rapper regnen soll

Er bezeichnete es als "Körperverletzung", wenn Frauen trotz ihrer Periode mit Männern schlafen – hier ist meine Antwort.
Ein Mann als Tampon
Foto: Imago Images | Blickwinkel / Wikimedia Commons || Collage: VICE

"Ist die Menstruation wirklich noch so ein Tabuthema?", fragt ein Freund, als ich ihm erzähle, dass ich gerade an dieser Kolumne arbeite. "Meine Freundin spricht offen mit mir darüber und ich kaufe ihr auch Hygieneartikel." Lob spare ich mir an dieser Stelle, immerhin müssen menstruierende Menschen einmal im Monat Krämpfe, Durchfall und Übelkeit ertragen. Da ist es das Mindeste, dass er seiner Freundin auch mal Tampons und Binden mitbringt.

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Die Menstruation sei ekelerregend, sagt ein Rapper aus Düsseldorf. Auf seinem 200.000 Follower starken Profil spricht der Lurch – wie ich misogyne Männer gerne nenne – davon, dass "Hurentöchter", "Weiber" und "Bitches" – wie misogyne Männer Frauen gerne nennen – das Haus nicht verlassen sollten, während sie menstruieren.

Er empört sich in seinem Video darüber, dass Frauen vor Männern sagen, dass sie ihre Menstruation haben. Wie wir es wagen können, tatsächlich über "Blut in der Muschi" zu sprechen, fragt er sich. Außerdem sei es Körperverletzung, wenn Frauen mit Männern schlafen, obwohl sie die Tage haben.

Ich würde ja dazu aufrufen, sein Instagram-Profil in Grund und Boden zu melden, aber das habe ich, ohne Erfolg, schon versucht. Instagram findet, dass er mit seinen Storys nicht gegen die Richtlinien verstößt. Ich erinnere an dieser Stelle daran, dass Instagram Brustwarzen zensiert. Social Media spiegelt unsere Gesellschaft wider und das ist alles, was man über unsere frauenverachtende Gesellschaft wissen muss. Es braucht kein Ausgangsverbot für menstruierende Menschen – so wie er es sich wünscht –, es braucht ein Internetverbot für Typen wie ihn. Hätte seine Mutter ihre Periode bekommen, wäre er gar nicht auf der Welt.

Mit Freundinnen spreche ich längst offen über meine Periode. Aber es kostet jedes Mal Überwindung, vor Kollegen und Bekannten darüber zu sprechen. Wen wundert das schon? Niemand sorgt gerne für unangenehme Stille. Uns Frauen wird anerzogen, dass die Menstruation etwas ist, das wir verstecken müssen. Wir werden überflutet mit gewaltvollen Netflix-Serien und sind unbeeindruckt, wenn wir uns ein Tarantino-Blutbad im Kino geben. Aber bei der Periode ziehen viele die Grenze des Aushaltbaren. Wieso eigentlich?

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Als Teenager fühlte ich mich schmutzig und schämte mich für das Blut zwischen meinen Beinen. Es brauchte lange, bis ich verstand, woher diese Gefühle kamen. Es sind Mädchenmagazine, die junge Frauen damals wie heute davor warnen, vor ihrem Crush über die Regel zu sprechen. Es sind Erzählungen von Freunden, dass sie die Menstruation abturnt und sie nie mit einer Frau schlafen würden, während sie ihre Tage hat. Es sind Tampon-Unternehmen, die statt Blut eine blaue Flüssigkeit verwenden. Eine australische Bindenmarke hat kürzlich den Schritt "gewagt" und Blut in einem Werbespot gezeigt: Die Folge waren rund 600 Beschwerden.

Menstruation: Foto von einer blutverschmierten Hand

Solange die Menstruation tabuisiert wird, poste ich Fotos von meinen blutverschmierten Händen | Foto: Alexandra Stanic

In all der Abneigung, die vorwiegend Männer empfinden, geht es um viel mehr als um die monatliche Blutung: Der Ekel richtet sich gegen weibliche Sexualität und weibliche Körper und alle, die diese zelebrieren. Es hat schon seine Gründe, warum der Lurch Frauen durchgehend "Bitches" und "Fotzen" nennt. Er erhebt sich, indem er andere – menstruierende Menschen – erniedrigt. Er übt Macht aus. Und Instagram bestätigt ihn in seinem Verhalten, indem er keine Konsequenzen für seine misogynen Inhalte trägt.

Ausgerechnet dieses dumme Video dieses kleinen Lurchs macht es mir leichter, über meine Tage zu sprechen. Dank ihm schaffe ich den Sprung von der Scham in die Wut.

Deswegen postete ich als Antwort auf sein Video ein Foto von meiner blutigen Hand auf Instagram. Waren das nur zerquetschte Erdbeeren? Cranberry-Saft vielleicht? Das kann doch nicht wirklich mein Menstruationsblut gewesen sein! Oder etwa doch? In jedem Fall explodierte mein Instagram-Account: 26.000 Menschen likten das Foto, über 1000 kommentierten es.

Mein blutiges Foto ändert die Ansicht von vorwiegend Männern wahrscheinlich nicht. Deswegen wünsche ich diesen Menschen, dass sie nur einen Tag lang die Schmerzen durchmachen, die Endometriose-Erkrankte haben. Ich wünsche ihnen, dass sie nachts nicht schlafen können, weil sie nicht wissen, warum ihre Menstruation ausbleibt. Ich wünsche ihnen, dass sie die gleichen Blicke ertragen müssen wie Jugendliche, deren Tampons im Sportunterricht nicht dicht gehalten haben, und dass sie in ihre Kindheit zurückversetzt werden und mit neun Jahren Blut in ihrer Unterhose entdecken, womöglich ohne zu wissen, warum.

Und dem Lurch, dem wünsche ich nicht nur, dass seine 200k starke Plattform gesperrt wird. Möge es Menstruationsblut auf seinen ignoranten Schädel regnen – bis er kapiert, wie gefährlich und grundlegend falsch seine Ansichten sind.

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