Dieser Fotograf dokumentiert das Leben geflüchteter Kinder auf den Straßen Athens
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Dieser Fotograf dokumentiert das Leben geflüchteter Kinder auf den Straßen Athens

Sie haben Schreckliches gesehen.

Als der griechische Fotograf Panos Kefalos Elias kennenlernte – einen 14-jährigen Afghanen, der in Athen auf der Straße lebte –, erzählte ihm der Junge von seinem Traum: Er will eines Tages einen nigelnagelneuen Fußball besitzen. Über drei Jahre verbrachte Kefalos damit, das Leben junger Flüchtlinge in Griechenland zu dokumentieren. Die Kinder, die er fotografierte, gehören zu den über 22,5 Millionen Geflüchteten, die aktuell auf der Welt versuchen, Konflikten, Verfolgung, Armut und Hunger zu entkommen. Auch wenn sie alle unterschiedliche Geschichten zu berichten haben, sei Elias' Wunsch recht typisch, sagt Kefalos. Obwohl sie unvorstellbare Strapazen durchlebt hatten, hätten die Kinder nie um viel gebeten, die er zwischen Herbst 2012 und Winter 2015 kennenlernte. "Diese Kinder wollten, was alle Kinder wollen", sagt der Fotograf. "Einen Ort, an dem sie sich sicher fühlen können."

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Kefalos taufte seine daraus entstandenen Fotoserie Saints, Heilige. Denn die jungen Protagonisten vor seiner Kamera seien gleichermaßen Märtyrer und Zeugen der Vergehen der Erwachsenen, sagt er. Seinem ersten "Heiligen" begegnete er auf dem Viktoria-Platz, wo Kinder sich oft zum Spielen trafen. Einige wie der 13-jährige Sayid verbrachten ihre Zeit auf dem Platz und verkauften dort Sonnenblumensamen, um ihre Familien zu unterstützen.


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Wenn es dunkel wird, kann es auf dem Viktoria-Platz gefährlich werden. Kefalos wurde Zeuge einer Messerstecherei, außerdem sollen dort 16-Jährige regelmäßig von älteren Männern bedrängt worden sein. Nichtsdestotrotz vertrauten die Kinder dem Fotografen. Einer erzählte Kefalos von seinem Vater, der ihn misshandelt habe. Ein anderer Junge zeigte ihm die Narbe von einer Stichverletzung, die noch aus seiner Zeit in Afghanistan stamme. Er erzählte ihm weiter, dass er den Angreifer – ebenfalls ein Kind – erschossen habe. Da sei er acht gewesen.

Die meisten Kinder wurden während oder vor ihrer Flucht von Familienmitgliedern getrennt, die Mutter eines Jungen sei enthauptet worden. Ein Mädchen erzählte Kefalos, wie sie auf dem Weg nach Griechenland die Leiche eines Ertrunkenen gesehen habe. Jedes Mal, wenn sie Angst hatte, habe sie ihre Augen fest verschlossen und gebetet.

Kefalos verstand sich gut mit den jungen Geflüchteten und ihren Familien. Sie luden ihn mit der Zeit in ihre Unterkünfte ein und selbst in die Moschee, in der sie beteten. Ein paar lebten in einem Flüchtlingsheim an der Hauptverkehrsstraße Leoforos Alexandras, in der Stromausfälle zur Tagesordnung gehörten. Andere lebten draußen im Pedion Tou Areos Park, in Zelten.

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Ein Junge namens Sohrab half Kefalos beim Fotografieren und stellte ihn anderen Geflüchteten vor. Er sei wie ein Assistent gewesen, sagt der Künstler. Mehrere Nächte verbrachte Kefalos sogar in der Wohnung von Sohrabs Familie, wo ihm die Tür immer offen stand. Er begleitete die Kinder teils monatelang, einen Jungen sogar anderthalb Jahre. Vielen mussten spontan das Land verlassen.

Im August 2015 hörte Kefalos schließlich auf, die Heiligen zu fotografieren. Als große Gruppen Geflüchteter in die Stadt kamen, wurden sie von den Medien begleitet. Er wollte die geplagten Familien nicht noch mit einer weiteren Kamera behelligen und stellte sein Projekt ein. Heute befindet sich keins der Kinder, die Kefalos kennenlernte, mehr in Griechenland. Mit einigen hält er über Skype und Facebook Kontakt, zu anderen ist der Kontakt ganz abgebrochen. Einige vergessen langsam ihr Griechisch und lernen neue Sprachen in fernen Ländern.

Als Elias Griechenland verließ und nach Norwegen reiste, konnte er etwas unglaublich Wertvolles mitnehmen: die Fotos als Erinnerung – und seinen ersten eigenen Fußball.

Panos Kefalos Bildband Saints findest du hier .

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