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Brexit

Ein Typ in Rheinland-Pfalz erklärt, warum in seinem Vorgarten ein Panzer steht

"Ich glaube, meine Nachbarn sind neidisch", sagt Gary Blackburn.
Alle Fotos: Gary Blackburn

In England gibt es eine erlesene Runde von Panzer-Fans: Der Musikproduzent Aphex Twin hat einen, Stephen Morris – der Drummer von Joy Division – auch, und die Modeschöpferin Vivienne Westwood fuhr 2015 sogar in einem Panzer vor Premierminister David Camerons Haus vor. Wie sich aus dieser höchst repräsentativen Auflistung eindeutig ergibt, sind Kriegsmaschinen-Aficionados in England also ganz normal. Dass Briten ihr exzentrisches Hobby hingegen nach Deutschland exportieren – das ist neu.

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Gary Blackburn lebt in Linz am Rhein in Rheinland-Pfalz und hat sich vor seinem Haus ein eigenes "Little Britain" geschaffen. Auf dem Anwesen des 53-Jährigen gibt es eine lebensgroße Figur der Queen, ein paar Ritter samt Tafelrunde, einen Nachbau von Mister Beans Auto. Ach so, und mittendrin steht ein 52 Tonnen schwerer britischer Kampfpanzer aus dem Zweiten Weltkrieg.


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Wir haben ihn angerufen und gefragt, was das soll.

VICE: Warum stellt man sich einen Panzer vors Haus?
Gary Blackburn: Als ich drei oder vier Jahre alt war, hat mir mein Vater einen kleinen Blechpanzer gekauft. Einen Centurion. Natürlich habe ich niemals gedacht, dass ich selbst mal einen besitzen würde. Aber vor einiger Zeit war ich im Westerwald auf einem Schrottplatz, da stand einer, einfach so. Ich konnte es nicht glauben. Ich meine, wie wahrscheinlich ist es, einen englischen Panzer in Deutschland zu finden? Also habe ich mir überlegt, was ich damit anstelle und ihn für 30.000 Euro gekauft. Wegen des Brexits kam mir sofort die Idee, ein "Little Britain" um den Panzer herum zu gestalten.

Äh, was hat der Panzer mit dem Brexit zu tun?
Ich habe einfach versucht, dem Brexit mit britischem Humor zu begegnen und darauf aufmerksam zu machen. Wenn er wirklich kommt, könnte es schwierig für mich werden.

Inwiefern?
Ich bin Baumpfleger. Der Beruf ist in Deutschland nicht verbreitet, in England aber hat er Tradition. In meiner Firma "Baumdienst Siebengebirge" arbeiten nicht nur drei meiner Söhne, wir haben auch öfter Mitarbeiter aus England. Die brauchen in Zukunft vielleicht ein Visum, als kämen sie aus Albanien. Noch kann ich mit meinem britischen Pass frei reisen, genauso wie meine sechs Kinder. Aber ich mache mir Sorgen um die Zukunft. Eigentlich soll der Panzer ein Mahnmal sein. Ich wollte, dass die Leute an Frieden und Freiheit denken, wenn sie ihn sehen.

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Gary Blackburn neben der Queen

Halten Sie einen Panzer für ein gutes Friedenssymbol?
Ich habe ihn mit Friedenstauben und Mohnblumen verziert, damit er nicht so böse aussieht. In England sind Mohnblumen ein Symbol. Mit ihnen erinnern wir an die Menschen, die in den beiden Weltkriegen ums Leben gekommen sind. Mein Großonkel Thomas Lancaster starb im Ersten Weltkrieg, da war er gerade 18 Jahre alt. Mein Großvater wurde im Zweiten Weltkrieg schwer verwundet. Ich habe dieses Jahr zehn Kilo Mohnblumensamen gepflanzt. Für mich ist das ein Friedensmonument.

Und was sagen Ihre Landsleute dazu?
Bevor ich das hier alles hingestellt habe, wusste ich gar nicht, wie viele Briten es in Deutschland gibt. Jetzt kommen ständig welche vorbei und freuen sich, dass ich an den Krieg, aber auch an unser Land erinnere.

Für Gary Blackburn ist sein Panzer ein Friedenssymbol

Einige Ihrer Nachbarn finden den Panzer nicht so toll. Verstehen die den britischen Humor nicht?
Ich glaube, die können sich selbst nicht ausstehen. Die machen nie Urlaub und haben keine Kinder, das sind etwas eigenartige Leute. Hier kommen jedes Jahr Tausende Wanderer vorbei. Mein Gästebuch ist voll von positiven Kommentaren. Wahrscheinlich sind meine Nachbarn einfach neidisch. Vielleicht terrorisieren sie mich deshalb mit Briefen. Aber ich ignoriere das und kann nachts gut schlafen.

Hatten Sie das Gefühl, Sie müssten sich öffentlich gegen den Brexit positionieren, indem sie sich einen Panzer in den Vorgarten stellen?
Nein, nicht wirklich. Viele Leute hier kennen mich seit Ewigkeiten, ich lebe seit 32 Jahren in Deutschland. Ich denke, Europa wird aus dem Brexit stärker hervorgehen als die Briten. Aber viele ältere Menschen waren halt besorgt. Und das Referendum hatte ja auch nur eine winzige Mehrheit. Ich kann nicht wirklich verstehen, wie das alles passieren konnte. Aber ändern kann ich es auch nicht. "Little Britain" soll einfach nur die Touristen glücklich machen und nebenbei ein wenig Geschichte vermitteln. So etwas wie die beiden Weltkriege darf nie wieder passieren, und daran sollten sich die Menschen immer erinnern.

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