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Die Reaktionen nach dem Tod des Polizisten durch einen "Reichsbürger"

"Sind Reichsbürger Spinner?" Wir haben die brennenden Fragen der Menschen zusammengesucht.

Am Donnerstagmorgen herrscht traurige Gewissheit. Nach den Schüssen eines "Reichsbürgers" auf mehrere SEK-Beamte hat einer der verletzten Polizisten seine Verletzungen nicht überlebt. "Er ist jetzt tatsächlich verstorben", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfrankens.

Der 49-jährige Täter Wolfgang P. hatte sich im mittelfränkischen Georgensgmünd verschanzt, als die SEK-Beamten zu einer Razzia zu seiner Wohnung kamen. Der Grund: P. besaß rund 30 legale Waffen, die ihm jedoch entzogen werden sollten, nachdem die Behörden ihn für unzuverlässig erklärt hatten. Der getötete Polizist war 32 Jahre alt. Ein weiterer Beamter wurde bei dem Einsatz schwer und zwei Polizisten leicht verletzt. Der Täter konnte festgenommen werden und soll heute einem Ermittlungsrichter zur Klärung der Haftfrage vorgeführt werden.

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Nach dem Tod des Polizisten herrscht Entrüstung—und es stellen sich jede Menge Fragen. Die Reaktionen auf den Fall rund um den ominösen "Reichsbürger" in neun Tweets:

Wer sind diese „Reichsbürger"?

Trotz diverser Interviews, Dokumentationen und Berichte ist vielen Menschen immer noch nicht klar, wer diese ominösen "Reichsbürger" überhaupt sind.

Dieser Begriff #Reichsbürger macht mich irre. Was damit gemeint sein soll erschließt sich mir immer noch nicht zu 100%
Inkanina (@inkanina) 20. Oktober 2016

Zur Erklärung: Reichsbürger erkennen die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik nicht an, stattdessen glauben sie an eine riesige Verschwörung, die das Fortbestehen des deutschen Reiches vertuschen soll. Viele Reichsbürger haben Verbindungen zur rechtsextremen Ideologie, in Bayern beobachtet der Verfassungsschutz die Bewegung. Da sie den Staat nicht anerkennen, sehen sie auch keinen Grund, dessen Organe ernst zu nehmen. Auch in Österreich sind in der Steiermark bereits sogenannte "Souveräne Bewegungen" aufgetaucht, die den Staat nicht anerkennen.

Die Waffenfrage

Ausgang für die Razzia war die riesige Waffensammlung des Täters. Wolfgang P. ist Jäger und Sportschütze und besitzt laut Polizei rund 30 Waffen ganz legal. Eine reicht ja nicht.

Frage mich, wieso so ein Typ 30 Waffen haben darf. Für was braucht jemand 30 (!!) Waffen??#Reichsbuerger #Georgensgmuend #Bayern
; Muschelschloss (@Muschelschloss) 19. Oktober 2016

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Im Mai wollten Mitarbeiter des Landratsamts die Waffen kontrollieren, doch P. verwehrte ihnen damals und auch noch später im Sommer den Zutritt zu seiner Wohnung. Anfang August erhielt P. ein Anhörungsschreiben. Seine Antwort "Ich bin Reichsbürger." Er müsse daher nicht mit den staatlichen Behörden kooperieren.

Die erweiterte Waffenfrage

Ein Hobbyschütze hat ganze 30 Waffen. Schlimm genug. Aber ein behördenbekannter "Reichsbürger"? Erst durch die Unzuverlässigkeitserklärung kam es zur Razzia. War das viel zu spät?

Ein Reichsbürger, der das System Deutschland ablehnt, aber legal im Besitz von über 30 Waffen ist.

SICHER! Läuft gut bei euch.
Der heine Ferr (@wortuose) 19. Oktober 2016

Was sagt VIP-"Reichsbürger" Xavier Naidoo dazu?

Immer, wenn es um die "Reichsbürger" geht, taucht der Name von Xavier Naidoo auf. Der Musiker leugnete beispielsweise 2011 im ARD-Morgenmagazin die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland. Er trat auch mal am Tag der Deutschen Einheit vor Anhängern der Bewegung auf und sprach über die von den USA besetzte Bundesrepublik. Zudem rief er zum Widerstand auf. Wolfgang P. postete auf seiner Facebook-Seite Artikel über den Sänger. Mit der Überschrift "Der BRD-Schwindel".

Wird wohl Xavier Naidoo am Sonntag bei #AnneWill sitzen und über #reichsbürger sprechen dürfen?
— Nicole Britz (@dyfustic) 20. Oktober 2016

Sind "Reichsbürger" nur Spinner?

Die Reichsbürger und ihre kruden Theorien sorgen immer wieder für Gelächter. Für einige Kommentatoren gibt es daher nur eine Erklärung:

Das sind keine "Reichsbürger". Das sind Bürger/innen der Bundesrepublik Deutschland, die gewaltig einen an der Klatsche haben.
Müller (@gemuellert) 19. Oktober 2016

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Oder sind sie mehr als das?

Die Antwort folgte prompt.

In meiner TL besteht eine beunruhigende Tendenz, #Reichsbürger einfach für verrückt zu erklären. Damit macht man sich's zu leicht.
Hanning Voigts (@hanvoi) 19. Oktober 2016

Wie gefährlich die Ideologie sein kann, zeigt auch ein anderer Fall. Die Schießerei in Bayern ist nämlich nicht das erste Mal, dass ein Reichsbürger versucht, sich mit Waffengewalt gegen die angebliche Willkür der Polizei zu wehren. Erst im August schoss der ehemalige Mr. Germany, Adrian Ursache, einen SEK-Beamten an, als die Polizei die Zwangsräumung seines Hauses in Sachsen-Anhalt durchsetzen wollte. Adrian Ursache hatte zuvor auf seinem Gelände den souveränen Staat "Ur" ausgerufen. In einem Video, das der ehemalige Schönheitskönig bei einem früheren Polizeibesuch selbst gedreht hatte, bezeichnete er die Beamten wiederholt als "irgendwelche Kriminelle mit der Wortmarke 'Polizei'".

Welchen Name können wir der Tat also geben?

Die "Reichsbürger" rechtfertigen solch eine Tat als "Selbstverteidigung". Das sehen nicht alle so:

Nennt das Kind endlich beim Namen: Rechter Terror. #Reichsbürger #Georgensgmuend #fcknzs
BRD GmbH (@GmbH_BRD) 19. Oktober 2016

Das Problem mit den Parallelgesellschaften

Die "Reichsbürger" spalten sich seit Jahren ab, leben in ihrer eigenen Welt. Es gibt eigene Regeln, Institutionen und sogar einen eigenen Ausweis. Wurde das Problem nicht ernst genug genommen?

Deutschland hat ein größeres Problem mit Menschen die aus unserem System flüchten, als mit Flüchtlingen, die zu uns kommen. #reichsbürger
alf frommer (@siegstyle) 19. Oktober 2016

"Denkt bitte auch an die anderen Terroristen"

Dass nun von Terrorismus die Rede ist und einem großen Teil der "Reichsbürger" ein "rechtsradikaler Hintergrund" nachgesagt wird, stört wohl einige Menschen. Die antworten mit dem "Klassiker":

Da freut sich Deutschland,mit #Reichsbuerger seit dem #nsu endlich wieder ein nazi-Thema groß machen zu können, islamismus wieder ignorieren
Der Adler (@Raubadler) 20. Oktober 2016

Wir sehen das anders. Wir finden: Über Terror allgemein kann nicht oft genug gesprochen werden. Wie nötig das ist, belegen die Fakten.