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​Sechstklässler verklagen ihren Lehrer wegen Freiheitsberaubung

Und er soll einen Schüler in den Magen geboxt haben.

Foto: imago | Sven Simon

Schule bedeutetet oft Folter. Man wird an die Tafel beordert und von unangekündigten Tests überrumpelt. Dann müssen quadratische Gleichungen gelöst, Redoxreaktionen durchgeführt und dominant-rezessive Erbfolgen erklärt werden. Ein großer Spaß!

In Nordrhein-Westfalen hatten Schüler jetzt die Nase voll und haben ihren Lehrer verklagt. Was war passiert? Die 6b einer Realschule in der Nähe von Düsseldorf hatte eine Doppelstunde Musik. Das Thema an dem Tag: "Was ist ein Virtuose?" Der Lehrer wollte einen Film und ein Hörspiel über den Geiger Paganini vorführen. Aber die Schüler waren laut und nachdem der Lehrer das Hörspiel zum dritten Mal genervt abbrechen musste, gab er den Auftrag: Jeder muss einen Text über Paganini abschreiben.

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Kurz vor Ende des Unterrichts setzte sich der Lehrer dann wohl mit einem Stuhl vor die Tür des Klassenraums und forderte die Schüler auf, sich in eine Reihe aufzustellen und ihre Blätter abzugeben. "Die Schüler, deren Arbeiten unvollständig waren—so wie meine—durften nicht gehen", sagte ein 14-Jähriger vor dem Amtsgericht. Außerdem, so der Junge, soll der Lehrer laut mit Schlagzeugstöcken auf den Tisch gehauen und später einem Freund von ihm in den Bauch gestoßen haben.

"Ich habe ihm nicht in den Magen geboxt", sagte der Lehrer im Gerichtssaal. Ein Schüler habe sich vorgedrängelt. "Ich habe ihn weggeschoben, er sollte sich anstellen, wie die anderen", so der 50-Jährige.

Ein Schüler rief darauf die Polizei, die sich dann beim Schulleiter meldete. "Die Mitteilung der Leitstelle lautete: Lehrer schließt Schüler ein und schlägt sie", sagte Schuldirektor Jürgen Bosse. Daraufhin sei er sofort zum Musikraum geeilt, dort habe aber alles ganz normal ausgehen und die meisten Schüler seien schon weg gewesen.

Ein Urteil gibt es wohl erst Ende August, denn der Schüler, der angeblich in den Bauch geschlagen wurde, ist gerade mit seinen Eltern im Urlaub. Sollte der Lehrer schuldig gesprochen werden, will die Bezirksregierung ein Disziplinarverfahren prüfen. Das könnte ihn den Job kosten.

Unterstützung bekam der Angeklagte von ehemaligen Schülerinnen, die vor Gericht in T-Shirts mit der Aufschrift "Free Parusel" erschienen, so der Nachname des Lehrers.

Wir wissen nicht, ob der Lehrer den Schüler wirklich geschlagen hat. Der Freiheit beraubt, hat er sie eher nicht. In Paragraf 53 des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen steht: "Erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen dienen der geordneten Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule […], wenn erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen."

Offensichtlich verklagen Schüler ihre Lehrer und Lehrer ihre Schüler zur Zeit ganz gern. Erst im Juni wurde eine 14-Jährige wegen eines Facebook-Posts verurteilt, in dem sie ihren Lehrer beleidigt hatte. Und auch Eltern schauen immer häufiger mit einem Anwalt in der Schule ihrer Kinder vorbei, besonders gern nach der Zeugnisvergabe.

Ach, und dann war da noch der Lehrer, der seinen Schülern Elektroschocks gab.