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radikalisierung

Islamischer Staat: FBI-Übersetzerin heiratet Denis Cuspert, den sie eigentlich observieren soll

Dafür musste sie letztendlich ins Gefängnis, ist aber wieder frei.
Justin Ling
Montreal, CA

Foto: Screenshot von YouTube

Eine ehemalige Übersetzerin des FBI mit Zugang zu streng geheimen Daten reiste heimlich nach Syrien und heiratete dort den IS-Kämpfer, den sie eigentlich untersuchen sollte. Deswegen wurde sie zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Das alles geht aus Dokumenten hervor, die ein Bundesgericht in Washington D.C. am Montag freigegeben hat. Die in Tschechien geborene Daniela Greene lebte in den USA und arbeitete als Übersetzerin beim FBI. Dort bekam sie den Auftrag, den ehemaligen deutschen Rapper und nun IS-Kämpfer Denis Cuspert zu überwachen. Anstatt diesen Auftrag jedoch auszuführen, reiste Greene heimlich nach Syrien, warnte Cuspert vor den FBI-Ermittlungen und heiratete ihn.

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Am 11. Juni 2014 unterrichtete Greene ihre Vorgesetzten in Indianapolis davon, dass sie nach Deutschland fliege, um Verwandte zu besuchen. Dann stieg sie allerdings in eine Air-Canada-Maschine in Richtung Türkei und schlich sich dort über die Grenze nach Syrien. Einen Monat später gab sie Cuspert das Ja-Wort und erzählte ihm, dass sie für das FBI arbeite und die Behörde seine Aktivitäten beobachte. So stehe es in den Gerichtsunterlagen.

Laut CNN, das auch als Erstes vom Fall Greene berichtete, konnte eine den Ermittlungen nahestehende Quelle bestätigen, dass es sich bei dem IS-Kämpfer tatsächlich um Cuspert handelte. Dem US-Außenministerium zufolge nennt sich der Ex-Rapper inzwischen Abu Talha al-Almani und ist beim Islamischen Staat vor allem Propagandist und wirbt neue IS-Mitglieder aus der westlichen Welt an.

2015 berichtete das Pentagon, dass Cuspert bei einem Luftschlag ums Leben gekommen sei. Diese Behauptung mussten die Behörden später zurücknehmen.


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Greene ist nur eine von vielen sogenannten Dschihad-Bräuten, die ins IS-Gebiet gelockt werden und dort die Kämpfer der Gruppierung heiraten. Einige der Frauen entwickeln sich dann zu wichtigen Bestandteilen in der Rekrutierung und Radikalisierung weiterer Frauen. Andere sind angesichts der bitteren Realität des Lebens innerhalb des selbsternannten Kalifats jedoch auch schnell unzufrieden.

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Greene war wohl der zweitgenannten Gruppe zuzuordnen.

"Ich befinde mich in einem sehr harten Umfeld und weiß nicht, wie lange ich es hier aushalte", schrieb sie in einer Mail, die sich in den Gerichtsunterlagen befindet. "Aber egal, es ist jetzt sowieso schon zu spät."

Das FBI schaffte es, die IP-Adresse eines von Greene in Syrien genutzten Skype-Accounts zurückzuverfolgen. Diese IP-Adresse wird häufig von IS-Kämpfern genutzt. Es wurde jedoch nicht gesagt, mit wem Greene kommunizierte – wohl mit Verwandten und Freunden.

In einer weiteren abgefangenen Mail schrieb die Ex-Übersetzerin: "Wenn ich zurückkomme, muss ich hierfür wohl sehr lange ins Gefängnis. Aber so ist es nun mal."

Ganz so kam es dann allerdings doch nicht. Greene wurde im August 2014 kurz nach ihrer Rückkehr in die USA zwar vom FBI verhaftet, aber anders als bei vielen anderen Frauen in ihrer Position wurde ihr nicht die Unterstützung einer terroristischen Organisation vorgeworfen – eine Anschuldigung, auf die viele Jahre Haft steht. Stattdessen musste sich Greene nur dafür verantworten, "falsche Angaben an das FBI" hinsichtlich ihrer Reisepläne gemacht zu haben. Sie bekannte sich schuldig.

In der Begründung für das Strafmaß verweist die Regierung auf Greenes leeres Vorstrafenregister, ihr Geständnis gegenüber den Ermittlern und ihre "langwährende und substantielle" Kooperation seit der Verhaftung hin. "Nach dem ungeheuerlichen Missbrauch ihrer Position versuchte die Angeklagte, ihre Fehler zu korrigieren und letztendlich ihrem Land wieder zu helfen", heißt es.

Greene wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt und im August 2016 freigelassen. Heute arbeitet sie, wie CNN berichtet, als Hostess in einer Hotel-Lounge.

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