Politik

Von "Arschloch" bis "Hurensohn": Die häufigsten Beleidigungen im Bundestag

Alle Reden des Bundestags lassen sich bei 'Zeit Online' jetzt nach Stichworten durchstöbern. War ja klar, was wir als Erstes gesucht haben.
Der Deutsche Bundestag, in dem neben sachlichen Diskussionen auchharte Beleidigungen ausgetauscht werden
Bundestag: imago images | Christian Spicker || Screenshot: Zeit.de || Collage: VICE  

Man kann die Arbeit der Datenjournalisten von Zeit Online nicht genug preisen: Ein 14-köpfiges Team hat alle Reden im deutschen Bundestag seit 1949 digitalisiert und durchsuchbar gemacht. Mit diesem Werkzeug kann man jetzt zum Beispiel herausfinden, wann und wie oft im Parlament das Wort "Vorratsdatenspeicherung" fiel. Oder "Elternzeit". Oder "Hurensohn".

Das Ziel dieses Projekts ist wohl vor allem, etwas über den gesellschaftlichen Wandel in Deutschland und seine politische Kultur zu erfahren. Aber wie könnte man mehr über dieses Mit- und Gegeneinander lernen als durch eine Analyse wüster Beleidigungen? Auch Zeit Online widmet dem einen Absatz. Aber sich nur anzuschauen, wann die Wörter "Lümmel" und "Übelkrähe" fielen, reicht uns nicht aus. Warum so bescheiden, liebe Kolleginnen und Kollegen? Euer Tool ist zu verfickt nochmal Größerem bestimmt!

Anzeige

Dank der Eigenschaft der deutschen Sprache, Komposita zu bilden, ist der Beleidigungsnachschub im Deutschen schier unendlich. Für unsere Analyse musste wir also eine Vorauswahl treffen. Grundschulpoesie wie "Steckdosenbefruchter" oder "Bananenbieger" haben wir ausgespart, trotz ihrer dumpfen Schönheit. Auch Wörter wie "Sau" oder "Schwein" haben wir ausgespart, weil sie in vielen Fällen wohl nicht als Beleidigung im Bundestag gesagt wurden, sondern ganz sachlich in Debatten über Landwirtschaft. Anders sieht es bei dem eindeutigen Schimpfwort "Drecksau" aus – ähnlich wie bei den folgenden Klassikern, die wir durch die Zeit Online-Suchmaske gejagt haben:

"Bastard", "Hurensohn", "Wichser", "Arschloch", "Arsch", "Drecksau", "Dreckschwein", "Fotze", "Idiot", "Schlampe", "Hackfresse", "Trottel", "Dummkopf".

Die beliebtesten Schimpfwörter im deutschen Bundestag

Grafik von Beleidigungen im deutschen Bundestag

Screenshot: zeit.de

Mit Abstand am häufigsten fiel im Deutschen Bundestag das Schimpfwort "Idiot". Gemeinsam mit seiner Abwandlungen ("Idioten") wurde es in 70 Jahren Bundestag insgesamt 114 Mal genannt. Alleine im Jahr 2018 fiel das Wort neunmal – so häufig wie in keinem anderen Jahr.

Die Grafik zeigt übrigens nicht die absolute Trefferzahl der Worte, sondern die relative Anzahl pro 100.000 gesprochener Wörter. Das heißt, ein Schimpfwort fällt stärker ins Gewicht, wenn auch insgesamt weniger Worte gesprochen wurden. So kommt, dass die Kurve im Jahr 1972 bei "Idiot" besonders hoch ausschlägt, obwohl das Wort "Idiot" damals nur fünfmal fiel.

Anzeige

Auch bei VICE: Der Alltag des besten Trump-Imitators der Welt


Der Duden versteht unter einem Idioten einen "jemandes Ärger oder Unverständnis hervorrufenden törichten Mensch" oder auch schlicht einen "Dummkopf". Und tatsächlich landet Dummkopf mit 64 Nennungen auf dem zweiten Platz, gefolgt von "Trottel" (38 Nennungen). Was sagt uns diese saudämliche Top 3? Parlamentarier wählen eine vermeintlich elitäre Form der verbalen Ankackerei. Sie versuchen nicht, sich über das Aussehen ihres Gegners abzugrenzen ("Hackfresse" fiel in all den Jahren kein einziges Mal), sondern beleidigen lieber dessen Intelligenz.

Richtig harte Beleidigungen

Grafik: Die härtesten Beleidigungen im deutschen Bundestag

Die plumpeste Form der Beleidigung sind Schimpfwörter, die sich nicht einmal auf die zu beleidigende Person beziehen. Sie sind die ultimative Verachtung. Diese Gruppe an Schimpfwörtern haben wir nochmal gesondert ausgewertet.

Am zweithäufigsten, nämlich 18 Mal, fiel hier das Wort "Bastard" beziehungsweise "Bastarde". Allerdings hörte man das Wort im Parlament vor allem bis 1990 – als Menschen mit diesem Wort wirklich noch ein uneheliches Kind bezeichnet haben. Der Spitzenreiter in dieser Kategorie ist mit 19 Nennungen ebenfalls zweideutig, weil er ein Körperteil bezeichnet: "Arsch". Ähnlich ist es bei Platz Drei. Für ein "Arschloch" oder "Arschlöcher" interessierten sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier 13 Mal in 70 Jahren Bundestag. Seltsam nur, dass die Suche für 1984 keinen Eintrag verzeichnet. In diesem Jahr sagte Joschka Fischer nämlich den legendären Satz: "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!"

Anzeige

Einen besonderen Platz in dieser Liste hat ein im Straßenrap viel genutztes Bonmot: "Hurensohn." Es taucht erstmals 2016 auf und wurde immerhin fünfmal benutzt. Genauso oft wie "Dreckschwein" beziehungsweise "Dreckschweine". Über "Hurensöhne" oder gar "Hurentöchter" sprach das Parlament übrigens kein einziges Mal.

In den tiefsten Bombenkeller der Beleidigungen ist das Parlament nie herabgestiegen. "Wichser", "Drecksau", "Fotze" und "Hackfresse" ging im Hohen Hause der Statistik zufolge noch keinem über die Lippen. Selbst der AfD nicht. Beeindruckend.

In welchem Kontext diese Wörter fielen, verrät die Suchmaschine übrigens nicht. Manchmal kann es sich natürlich um Zitate handeln, in denen ein Abgeordneter das Wort "Hurensohn" nur wiedergibt. Beleidigt wurde trotzdem viel: Seit 1949 erteilten die Parlamentspräsidenten insgesamt 642 Ordnungsrufe und 139 Rügen im Bundestag. Und wer etwas anderes sagt, ist ein Idiot.

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.