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Forscher warnen: Gummigeschosse können tödlich sein

Auch die Polizisten bei den G20-Protesten in Hamburg setzten solche Waffen ein.
Foto: imago | Christian Mang

Gummigeschosse sind bei Polizeien auf der ganzen Welt beliebt, um bockige Menschenmengen unter Kontrolle zu bringen, ohne gleich Menschen erschießen zu müssen – angeblich. Eine neue Studie belegt jetzt aber, dass Gummigeschosse bei Weitem nicht so ungefährlich sind wie bisher angenommen: Bei ihrem Einsatz kommt es immer wieder zu Todesfällen.

Für ihre Studie werteten Mediziner verschiedener US-Universitäten ingesamt 26 wissenschaftliche Berichte aus den Jahren 1990 bis 2017 aus. Die Daten kamen aus Israel, den Palästinensergebieten, Nordirland, Indien, Nepal, den USA, der Schweiz und der Türkei. Insgesamt zählten die Wissenschaftler 1.984 durch Gummigeschosse verletzte Menschen. 53 von ihnen starben an ihren Verletzungen. 300 weitere, also rund 15 Prozent, trugen eine dauerhafte Behinderung davon.

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Die meisten Verletzungen erlitten Beschossene and Kopf und Hals. Die häufigsten bleibenden Schäden waren Blindheit, Verlust der Milz oder Teile anderer innerer Organe. Außerdem wiesen die Berichte immer wieder darauf hin, wie ungenau Gummigeschosse seien: Immer wieder hätten Unbeteiligte oder friedliche Demonstranten Verletzungen durch die Geschosse davongetragen.

Vorsicht vor Polizisten aus Sachsen und Hessen

Auch in Deutschland werden Gummigeschosse eingesetzt, unter anderem bei den Protesten rund um den G20-Gipfel in Hamburg. Nach Angaben des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages statten aber nur zwei Bundesländer ihre Polizisten mit Gummigeschossen aus: Hessen und Sachsen – beide Bundesländer schickten im Juli Unterstützung nach Hamburg.

Wie viele Demonstranten in Hamburg verletzt wurden, weiß niemand – und schon gar nicht, wie viele Verletzungen durch Gummigeschosse verursacht wurden. Das ist offenbar nicht ungewöhnlich: In keinem der Länder, in denen Gummigeschosse eingesetzt werden, werden detaillierte Informationen über die Schäden gesammelt, die sie anrichten. Die Hersteller selbst sind auch nicht verpflichtet, derartige Informationen zu sammeln. Auch das war ein Grund für die Autoren der Studie, sich die Daten über diese vermeintlich sicheren Geschosse genauer anzusehen.

Die Schlussfolgerung der Forscher ist klar: "Unsere Ergebnisse zeigen auf, dass diese Waffen das Potenzial haben, schwere Verletzungen oder den Tod zu verursachen", schreiben sie. "Angesichts der ihnen eigenen Ungenauigkeit, ihres Potenzials für Missbrauch und der mit ihnen verbundenen Gesundheitsfolgen" seien Gummigeschosse "keine angemessenen Waffen für den Einsatz zur Kontrolle von Massenaufläufen". Stattdessen fordern die Forscher internationale Standards für Waffen, die gegen Menschenmengen und Proteste eingesetzt werden sollen.

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