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Sex

Die absurde und traurige Geschichte von Mr. Hands, der beim Sex mit einem Pferd starb

10 Jahre nachdem das Video des grausamen Zwischenfalls im Internet herumging, haben wir uns mit dem Journalisten unterhalten, der eine Doku über die Zoophilie-Gemeinschaft des Opfers gemacht hat.
Hier hatte Mr. Hands Sex mit einem Pferd. Ein Pferd auf einer Ranch, das sich aufbäumt
Alle Fotos: Kelly O

Ein Pferd in Enumclaw, Washington (Alle Fotos: bereitgestellt von Kelly O)

„Der einzige Akt der Intimität, der einen stolzen Pferdebesitzer von einem perversen Pferdeficker unterscheidet, ist Sex." – Charles Mudede

Dieser Artikel enthält viele verstörende Details zu Männern, die mit Pferden schlafen.

Es gibt nichts, was es im Internet nicht gibt. Das Video „Mr. Hands" ist dafür ein ganz guter Beweis. Die Rede ist hier von einem grauenvollen 30-Sekunden-Filmchen, das irgendwann kurz nach der Jahrtausendwende in den düsteren Ecken des World Wide Web auftauchte und einen Mann dabei zeigt, wie er sich freiwillig von einem Pferd besteigen lässt. Ich habe mir das Video angeschaut. Bitte spart euch die Suche.

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Im Juli 2005 wurde ein Einwohner des US-amerikanischen Städtchens Enumclaw namens Kenneth Pinyan für tot erklärt—als Todesursache gab man Folgendes an: „Eine akute Bauchfellentzündung aufgrund einer Durchlöcherung des Sigmadarms beim Analverkehr mit einem Pferd." Eine Überwachungskamera erfasste das Nummernschild des Autos, mit dem der Mann nach seiner schrecklichen erotischen Begegnung ins Krankenhaus gebracht wurde. So kamen die Polizeibeamten zum 54-jährigen James Michael Tait, der neben einer 16 Hektar großen Farm lebte. In Taits Wohnwagen konfiszierten die Polizisten schließlich die Aufnahmen, die Pinyan (oder „Mr. Hands", wie er von seinen zoophilen Freunden genannt wurde) dabei zeigen, wie er von einem als „Big Dick" bezeichneten Pferd gefickt wird.

Damals war Sodomie im US-Bundesstaat Washington noch legal und da es keine Beweise gab, dass die Tiere von den Männern auf irgendeine Art und Weise missbraucht wurden, konnte man Tait nur wegen des unerlaubten Betretens eines Grundstücks belangen. Der Skandal war jedoch so obszön, dass Sodomie kurz nach Pinyans Tod durch den Senat einstimmig zu einer schweren Straftat erklärt wurde und von da an mit bis zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe von 10.000 Dollar bestraft werden konnte.

Der Zwischenfall und das dazugehörige Video machten in den ganzen USA Schlagzeilen und auch online ging das Ganze dank gruseliger 4chan-Unterforen viral. Plötzlich war potentiell jeder Internet-User im Bilde. Die Berichterstattung der Seattle Times wurde in diesem Jahr zum meistgelesenen Online-Artikel der Zeitung und die Doku Zoo aus dem Jahr 2007 nahm sich der Geschichte von Mr. Hands und der Gruppe männliche Zoophiler, die sich zusammen betranken und anschließend nacheinander von Pferden durchnehmen ließen, an und feierte beim Sundance Film Festival Premiere.

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Charles Mudede ist einer der Autoren dieser Dokumentation und er beschäftigte sich im Rahmen eines ausgezeichneten investigativen Artikels für die Seattler Wochenzeitung The Stranger ebenfalls eingehend mit dem Fall. Zoo ist ein aufschreckend packender Film, in dem die „Zoos" als tragische und einsame Menschen und nicht als tiermissbrauchende Perverse dargestellt werden. Ich habe mich mit Mudede in Verbindung gesetzt, um Jahre nach dem bizarren Zwischenfall darüber zu diskutieren, wie sich die Dinge dadurch verändert haben.

Das Tor der Farm, wo Mr. Hands tödlich verletzt wurde

VICE: Ist dir bewusst, dass der Tod von Mr. Hands jetzt schon zehn Jahre zurückliegt?
Charles Mudede: Ja, ich bin zur Zeit sogar in Enumclaw unterwegs, um Fotos zu schießen und zu schauen, ob hier irgendetwas Interessantes los ist. Die Stadt hat das Schild der Farm, wo alles passierte, entfernen lassen—das ist das Einzige, was mir aufgefallen ist. Allerdings will auch niemand über den Vorfall reden.

Als das Gesetz geändert wurde und man Sodomie in Washington für illegal erklärte, dachten sich alle irgendwie, dass es damit jetzt vorbei wäre und so etwas nie wieder passieren würde. Und wenn doch, dann wüsste man, was zu tun ist. Seitdem wurde hier meines Wissens nach niemand wegen Sodomie verhaftet.

Als das Gesetz in Kraft trat, zog die hier ansässige Zoophilie-Gemeinschaft in andere US-Bundesstaaten, wo ihre Neigung noch legal war. Sie hatten eine Scheißangst davor, ins Gefängnis zu wandern. Als ich mit ihnen redete, verstießen sie nicht gegen das Gesetz und wollten das auch gar nicht. Das ist auch einer der Gründe, warum das Ganze hier niemals eine Art auf Profit ausgerichteter Tierprostitutionsring war. Nachdem der Anführer James Michael Tait erwischt worden war, zog er nach Tennessee, weil es dort keine Gesetze zur Sodomie gab [Tait wurde im Jahr 2009 dort allerdings doch wegen Tierquälerei verhaftet und angeklagt]. Sie wollen nicht in einem Atemzug mit Kinderpornografie oder Kinderschändern genannt und auch nicht wie solche Verbrecher behandelt werden.

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Den Bürgern von Enumclaw liegen ihre Pferde sehr am Herzen. Das ist ja einfach nur ein kleiner, ländlicher Vorort mit Blick auf die Berge. Jeder hier ist ein Pferdemensch und wie du bereits weißt, werden die Tiere richtig verehrt. Hier konnte man mit Pferden Sex haben, ohne aufzufallen. Es war schwierig, zwischen Leidenschaft und Zoophilie zu unterscheiden—außer die Person wurde direkt dabei erwischt. Wäre Pinyan nicht gestorben, dann würden diese Typen wahrscheinlich heute noch Pferde ficken, ohne dass irgendjemand etwas vermutet.

Für Pferdeficker war es hier ein richtiges Paradies. Die waren sicher richtig wütend, weil sie sich bestimmt dachten: „Mann, wir hatten es dort so gut!"

Habt ihr während des Drehs der Dokumentation Zoo auch noch nach anderen Zoophilie-Gemeinschaften Ausschau gehalten?
Ja, das haben wir—leider erfolglos. Außerdem muss gesagt werden, dass der Kopf der Gruppe von Enumclaw ein richtiges Organisationstalent war. Tait hat keine Mühen gescheut, um seine kleine Gemeinschaft zusammenzuhalten. Da durfte nicht jeder einfach so mitmachen und er steckte sich quasi sein Gebiet ab. Wenn das alles nicht streng durchgezogen wird, dann funktioniert die ganze Sache auch gar nicht.

Andere Zoophile sind wahrscheinlich noch wählerischer. Sie hatten einfach Angst, dass sie im Falle eines Outings alles verlieren würden—und genau so kam es dann ja auch. Ohne einen extrem gut organisierten Anführer würde man eine so private Sache nicht mit anderen Leuten teilen. Die Tiere können ja auch nicht reden. Zoophile Menschen halten sich bedeckt.

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Wie hat sich der Tod von Mr. Hands deiner Meinung nach auf die ganze Zoophilen-Gemeinschaft ausgewirkt?
Mr. Hands Tod hat sie auseinander gebracht—sie haben dadurch eine Menge verloren. Wenn man ein moralisches Problem mit dem Sex mit Pferden hat, dann findet man meine Sichtweise sicherlich nicht so cool, aber ich finde, dass für diese Gemeinschaft ein ganzer Haufen Dinge plötzlich wegfiel: Stabilität, ein Rückzugsort fürs Wochenende und etwas, auf das sie sich freuen konnten. Sie haben ihren Zusammenhalt verloren. Als Mr. Hands starb, flogen sie auf. Alle Augen waren auf sie gerichtet, sie gerieten in den Fokus der Ermittlungen. Das war ein schwerer Schlag!

Die Zoophilen-Gemeinschaft findet vor allem online statt. Ohne das Internet gäbe es diese Gemeinschaft wohl gar nicht. Für Zoophile gibt es ja zum Beispiel keine eigenen Bars oder so. Man ist also quasi auf das Internet angewiesen. Dort konnten sich Menschen mit dieser Neigung zum ersten Mal finden und zusammentun. Das war etwas komplett Neues!

Während der Gespräche mit den Zoophilen aus Washington bekam ich den Eindruck, dass sie Mr. Hands für einen Schwächling hielten: Er war ein Intellektueller und arbeitete als Ingenieur bei Boeing. Sie konnten von einem Pferd genommen werden, ohne danach ins Krankenhaus zu müssen. Er war verweichlicht und noch grün hinter den Ohren. Ihrer Meinung nach hat er alles kaputt gemacht. Hätte er sich nicht so zerstört, dann würden sie an den Wochenenden immer noch Sex mit Pferden haben. Sie luden Mr. Hands vor dem Krankenhaus ab und setzten ihn so den Medien und dem Mainstream aus—und beendeten so auch alles.

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Wie genau haben sie die Pferde dazu gebracht, sie zu ficken?
Sie haben sich einfach nur vornüber gebeugt und darauf gewartet, dass das Pferd in sie eindringt. Außerdem haben sie sich noch mit einem bestimmten Duft eingesprüht, den auch Pferdezüchter für die Paarung einsetzen.

Haben sie die Pferde dann auch selbst gefickt?
Nein, das war nicht ihr Ding. Es gibt ja viele verschiedene Arten von Zoophilen. Sie wollten eben nur in den Arsch gefickt werden. Es gab natürlich andere, die darauf standen, aber die hatten bei ihnen nichts zu suchen. Sie wollten nur die Hengste und die Bullen, niemals die Kühe. Es ging halt vor allem um dicke Schwänze. Über Pussys wurde nie gesprochen.

Wenn ich mich recht entsinne, dann hatten diese Männer auch untereinander Sex. Nachdem sie von einem Pferd genommen wurden, spielten sie mit ihren gedehnten Arschlöchern rum.

Haben sie sich für den Akt bestimmte Pferde ausgesucht oder war ihnen jeder Hengst gut genug?
Sie hatten natürlich schon gewisse Favoriten. Sie schauten sich vorher an, welcher Hengst zu kräftig war, welcher den größten Penis besaß, welcher schnell zum Akt bereit war und so weiter. Das Ganze hatte schon etwas von einer Pferdeauktion.

Aber auch die Bullen hatten es ihnen richtig angetan. Einer der Typen meinte, dass er seinen Bullen verspeisen wollte, nachdem er von ihm gefickt worden war. Das fand ich richtig problematisch. Der Typ hatte im Vergleich zu den anderen eine total düstere Vorstellung von Zoophilie.

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Viele dieser Menschen wollten als extreme Tierficker angesehen werden, die es mit richtig großen Dingern aufnehmen. Sie redeten sogar davon, mit Delfinen Sex zu haben, weil diese Tiere angeblich riesige Penisse haben.

Der Sexautor und Stranger-Chefredakteur Dan Savage hat mit mir ständig darüber diskutiert, ob das nun ein Fetisch für Tiere oder ein Fetisch für riesengroße Schwänze sei. Diese Frage hing während unserer Arbeit an Zoo ständig im Raum, aber eine Antwort darauf haben wie nie gefunden. Das könnte die Behauptung, ein Zoophiler zu sein, anzweifeln. Ich muss zugeben, dass ich oft genau darüber nachdachte, aber wir haben diese Sache dann einfach nicht ausreichend erforscht. Wir haben uns die meiste Zeit auf den Tod von Mr. Hands sowie seine Zoophilen-Gemeinschaft und -Kultur konzentriert. Heutzutage ist mir viel mehr bewusst, dass diese Typen vielleicht viel mehr auf große Schwänze standen und dass das Ganze vielleicht gar nicht so viel mit Pferden zu tun hatte.

Du hast dich ja eingehend mit dem ganzen Thema befasst. Glaubst du, dass Zoophilie ein Fetisch oder eher ein Lifestyle bzw. eine sexuelle Identität ist?
Das Pferd, das Mr. Hands tötete, hatte doch den Spitznamen „Big Dick" und nicht etwa „Beauty", richtig?

Coyote, der Sprecher in unsere Dokumentation, war total krass. Er war ein echter Zoophiler. Er stand total auf Hunde und andere Tiere. Er fickte sie nicht nur einfach, er liebte sie wirklich. Das war sein Ding—echte Leidenschaft und Liebe für Tiere. Die anderen Typen, die vor allem auf große Penisse standen, hatten vielleicht auch nur einen extrem ausgeprägten Fetisch.

Ich glaube nicht, dass Mr. Hands ein wirklicher Zoophiler war. Meiner Meinung nach stand er einfach nur auf Fetische sowie extreme Sachen—und darauf, seinem Körper Schaden zuzufügen. Wir haben eine Sache nicht in den Film eingebaut, nämlich als er in einen Motorradunfall verwickelt war. Dabei hat er einen Großteil seines Empfindungsvermögens verloren und sich schlimme Nervenschäden zugezogen. Die Mitglieder der Zoophilen-Gemeinschaft dachten, dass er durch das Einführen eines Pferdeschwanzes wieder etwas spüren wollte. Das ganze extreme Zeug war für ihn eine Möglichkeit, sein Empfindungsvermögen wiederherzustellen. Er stand auch total aufs Fisten und auf Riesendildos. Er wollte seine sexuellen Grenzen immer wieder aufs Neue ausreizen.

Ich glaube nicht, dass Mr. Hands wirklich in die Pferde verliebt war. Im Zuge meiner Nachforschungen habe ich mir auch das Haus angesehen, das er gerade baute. Dort war auch eine Scheune geplant und er wollte sich ein Pferd halten. Vielleicht hat er wirklich Gefühle für die Tiere entwickelt, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht war bei der ganzen Sache irgendwie Liebe im Spiel, aber unterm Strich standen diese Typen einfach nur auf Pferdeschwänze.

Zoophilie ist keine in sich geschlossene Sache. Man kann das Ganze natürlich auf „normalem" Weg erreichen, aber es gibt auch viele Umwege.

Hast du zu den Männern, die du für die Doku interviewt hast, noch Kontakt?
Sie waren vom Regisseur Robinson Devor total begeistert und sahen in ihm einen richtigen Verbündeten. Sie schreiben ihm auch heute noch Mails und stehen mit ihm in Kontakt. Er war aber auch viel einfühlsamer als ich. Ich habe die Typen getroffen und zwar auch eine gewisse Verbindung zu ihnen aufgebaut, aber Rob war derjenige, der ihnen wirklich zuhören konnte, ohne dabei zu lachen.

Hat sich die öffentliche Meinung zu Zoophilie deines Erachtens nach irgendwie verändert, nachdem sich die Medien dem Fall von Mr. Hands angenommen hatten? Ist das Ganze immer noch so ein großes Tabuthema wir damals?
Es ist mit Sicherheit immer noch so ein Tabuthema. Niemand will darüber nachdenken, geschweige denn darüber reden. Zoophile ist in Sachen Sexualität einfach so andersartig, dass man dieses Thema nur schwer anschneiden kann. Außerdem wird das Ganze von anderen Minderheiten oder sexuellen Gemeinschaften absolut nicht unterstützt. Es gibt ja schon genug Diskussionen darüber, ob Tierversuche in der heutigen Zeit noch angebracht sind oder nicht. Was wäre dann erst los, wenn wir ernsthaft über Zoophilie debattieren würden?