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Donald Trump und die Mafia – Eine langjährige Affäre

In den 80er Jahren hatte der angehende Immobilienmogul anscheinend eine gewisse Vorliebe für die Cosa Nostra.
Donald Trump mit dem Journalisten Edward Kosner (Mitte) und seinem Mentor Roy Cohn (links), der als Anwalt schon die Oberhäupter zweier großer New Yorker Verbrechensfamilien vertreten hat | Foto: Sonia Moskowitz/Getty Images

Donald Trump (rechts) zusammen mit dem Redakteur Edward Kosner (Mitte) sowie seinem Mentor und Anwalt Roy Cohn (links). Zu Cohns weiteren Klienten zählten unter anderem auch die Bosse von zwei großen Gangster-Familien | Foto: Sonia Moskowitz | Getty Images

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit dem Marshall Project entstanden.

Donald Trumps Ansichten in Bezug auf das Thema Strafjustiz bleiben auch weiterhin eines der Geheimnisse, die er im Falle eines Siegs bei der anstehenden US-Präsidentschaftswahl wohl mit ins Weiße Haus nehmen und dort dann alles mit den hellsten Köpfen des Landes austüfteln wird. Wir wissen jedoch, dass Trump ein "großer Fan" der Polizei ist und dem Staatsorgan gerne mehr Macht zusprechen würde. Dabei machte er jedoch keine Angaben zur genauen Art dieser Macht und auch nicht dazu, wie er das überhaupt schaffen will. Mehr Jobs würden das Problem der Masseninhaftierungen lösen, meinte er letzten Monat gegenüber der Washington Post. Und auch zur Todesstrafe hat Trump eine klare Meinung: Er würde diese Art der Bestrafung durch die Abschaffung der Todesspritze, die seiner Aussage nach "zu angenehm" ist, nochmals verschärfen.

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Wenn man sich jedoch wirklich mit Donald Trumps Ansichten in Bezug auf Verbrechen und Gesetzesvollzug auseinandersetzen will, dann hilft es ungemein, sich auch mal seine vergangenen Begegnungen mit vermeintlichen Gesetzesbrechern ins Gedächtnis zu rufen—in anderen Worten: seine Vorgeschichte mit der Mafia. Und trotz seiner harten Recht-und-Ordnung-Rhetorik zeigen diverse Dokumente doch, dass der mögliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner auch bemerkenswert tolerant sein kann: In den 40 Jahren, in denen er nun schon Geschäfte macht, hat Trump regelmäßig von der Mafia fingierte Angebote erhalten, die er offenbar nicht ablehnen konnte.

Während seiner Kampagne hielt sich Trump zu seinen vergangenen Beziehungen mit zwielichtigen Charakteren eher bedeckt. Einen Kommentar im typischen Trump-Stil konnte er sich jedoch trotzdem nicht verkneifen: "Ich habe über die Jahre hinweg schon mit ein paar harten Hunden zu tun gehabt", meinte er im Februar gegenüber dem Fernsehmoderator Chris Matthews. "Ich kenne Leute, die die Politiker, mit denen du und ich jeden Tag zu tun haben, wie Babys aussehen lassen."

Trump gab zu Protokoll, dass er zwar ein Casino in Atlantic City bauen wolle, gleichzeitig aber auch keine Lust darauf hätte, seinen Familiennamen unbeabsichtigterweise in den Dreck zu ziehen.

Es gibt allerdings auch ein altes FBI-Memo, das ein doch etwas anderes Licht auf Trumps Einstellung zur Mafia wirft und ein typisches Beispiel für einen jungen, aber bereits gerissenen Trump bei der Arbeit darstellt. Geschrieben wurde das besagte Memo 1981 von einem langjährigen FBI-Agenten, der sich die Treffen mit dem damals 35 Jahre alten Immobilienentwickler und aufsteigenden Stern am New Yorker Business-Himmel zurückerinnerte. Bei diesen Treffen ging es vor allem um Trumps bevorstehenden Einstieg in die Casino-Industrie von Atlantic City. Und trotz des hochgestochenen Bürokraten-Schreibstils wurden die naiven Kommentare des Unternehmers mit scheinbar kaum unterdrückter Freude aufgezeichnet. "Trump machte die Agenten darauf aufmerksam, dass er in der Presse gelesen und von verschiedenen Bekannten gehört hätte, dass in Atlantic City wohl das organisierte Verbrechen operieren würde", heißt es in der Memo.

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Teil eines Memos, das Trumps Treffen mit dem FBI dokumentiert

Das ist ungefähr so, als hätte Trump gesagt, dass es da mal einen Typ namens Al Capone gab, der seine Steuern nicht ordentlich bezahlt hat. Der junge Millionär wollte jedoch wohl eine Art Argument zusammenbauen, auf das er dann irgendwann später zurückgreifen könnte, und machte einfach weiter: "Trump gab zu Protokoll, dass er zwar ein Casino in Atlantic City bauen wolle, gleichzeitig aber auch keine Lust darauf hätte, seinen Familiennamen unbeabsichtigterweise in den Dreck zu ziehen."

Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch auch schon einige Gründe, warum die FBI-Agenten diese Aussage vielleicht doch als etwas unaufrichtig empfanden.

So war Trumps Mentor in Sachen Politik und Business mit Roy Cohn damals ein Anwalt, zu dessen Klienten auch eine Schar an Mafiosi gehörte—unter anderem die Bosse der Genovese- und Gambino-Familien. Cohn, der während der Hexenjagd von Senator Joseph McCarthy ganz vorne mit dabei war und anschließend in den privaten Sektor wechselte, hatte seinen Sitz in einem Reihenhaus auf der East 68th Street, wo Leute wie Anthony "Fat Tony" Salerno oder Paul "Big Paul" Castellano ein- und ausgingen. Neben dem rechtlichen Beistand hatten die Mafia-Schwergewichte aber auch noch andere Gründe, das Büro ihres Anwalts aufzusuchen: So erinnert sich eine ehemalige Sekretärin in dem 1992 erschienenen Buch Trump: The Deals and the Downfall daran, wie man bei Cohn ganz offen über alles diskutieren konnte, ohne dabei eine Bespitzelung von Seiten des FBIs befürchten zu müssen. In dem Werk heißt es außerdem, dass Cohn gegenüber einem Journalisten erzählte, wie er von Trump 15 bis 20 Mal am Tag angerufen wurde, weil der über den Stand von diesem und jenem informiert sein wollte.

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Ein weiterer Grund dafür, dass das FBI Trumps vermeintlicher Unwissenheit womöglich keinen Glauben geschenkt hat, bestand darin, dass Trump im rauen New Yorker Baugeschäft bereits mit einer ganzen Reihe an Mafiosi zu tun gehabt hatte—und das scheinbar ohne irgendwelche Bedenken. Für den Bau seines ersten großen Projekts in Manhattan, dem Grand Hyatt New York auf der East 42nd Street, hatte sich Trump zum Beispiel für eine berüchtigte Abbruchfirma entschieden, die laut dem FBI in Teilen zu einem der Top-Mobster von Philadelphia gehörte. Besagter Mobster agierte zudem noch als Verbrechensboss von Atlantic City. Für die Betonarbeiten an seinem neuen Hotel wählte Trump das Unternehmen eines Manns namens Biff Halloran, der wenige Jahre später für seine Rolle in einem Kartell zur Inflation der Baupreise in New York verurteilt wurde. Laut der Staatsanwaltschaft wurde dieses Kartell von der Mafia betrieben. Und für den Zimmerervertrag fiel Trumps Wahl auf ein von der Genovese-Familie kontrolliertes Unternehmen, das bei einer anderen Preistrickserei eine zentrale Rolle einnahm.

Und dann gab es da auch noch die Person, die Trump überhaupt erst mit den FBI-Agenten in Verbindung gebracht hatte. Dabei handelte es sich um Daniel Sullivan, einen fast zwei Meter großen Hünen, der früher als Teamsters-Gewerkschaftsvorstand tätig gewesen war und von Trump als "Arbeitsberater" eingesetzt wurde. Sullivan agierte allerdings auch noch in anderen Bereichen: So arbeitete er zudem noch mit dem berüchtigsten Atlantic-City-Mafiosi Kenneth Shapiro zusammen, der dort den Schrottmarkt kontrollierte und gerade dabei war, ein großes Stück Land an Trump abzudrücken, auf dem der sein Casino bauen wollte.

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Sullivan, der in engem Kontakt zu Jimmy Hoffa gestanden hat, agierte insgeheim auch als FBI-Informant und setzte die Behörde über die verschiedenen Mafiosi in Kenntnis, die seinen Weg kreuzten. Das weiß ich, weil mir Sullivan, der 1993 an einem Herzinfarkt starb, alles von seiner geheimen Beschäftigung erzählt hat. Dabei überreichte er mir als Beweis auch diverse Kopien von FBI-Memos. Und das Ganze war tatsächlich nicht nur heiße Luft: Die Agenten bestätigten mir gegenüber nicht nur die Echtheit der Dokumente, sondern auch die Treffen, die Sullivan zwischen ihnen und Trump arrangiert hatte.

Zu Trumps Verteidigung muss man hier jedoch auch anmerken, dass es damals in New York als großer Immobilienentwickler garantiert nicht leicht war, der Mafia aus dem Weg zu gehen.

Ich lernte den stämmigen Ex-Gewerkschaftler Ende der 80er Jahre kennen, als ich an einem Artikel über Trumps Einsatz eines weiteren dubiosen Unternehmens zum Abriss des alten Bonwit-Teller-Gebäudes arbeitete, an dessen Stelle schließlich das Aushängeschild des Trump-Imperiums errichtet werden sollte—der Trump Tower.

Auf dem Papier handelte es sich bei dieser Abrissfirma um ein Gewerkschaftsunternehmen, so wie alle damaligen Geschäftspartner Trumps. In Wahrheit war das Ganze im Grunde allerdings nur ein Ableger der Genovese-Familie und es hatten nur wenige Gewerkschaftsvorschriften wirklich Bestand. Bei den meisten Arbeitern handelte es sich um nicht registrierte Immigranten aus Polen, die oftmals nur so wenig Lohn bekamen, dass sie direkt auf der Baustelle schlafen mussten. Später wurde Trump dann von einem Gewerkschaftsmitglied verklagt, weil er es versäumt hatte, die im Gewerkschaftsvertrag festgelegte Pension und medizinische Versorgung zu bezahlen. Trump bestritt jedoch, von den Zuständen auf der Baustelle gewusst zu haben. Sullivan, der zum damaligen Zeitpunkt schon selbst mit Trump im Clinch lag, behauptete das Gegenteil. So sagte er auch als Zeuge aus und gab dabei zu Protokoll, dass er den Immobilienentwickler mehrfach vor den Problemen gewarnt hätte. Trump, der die Bauarbeiten so schnell wie möglich abschließen wollte, ignorierte diese Warnungen jedoch.

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Trotz Trumps vehementer Behauptung, einen Rechtsstreit niemals außergerichtlich beizulegen, einigte man sich hier auch ohne Richterspruch auf eine nicht bekannte Summe, deren Höhe den Gewerkschaftler und seinen Anwalt wohl zufrieden stellte.

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Zu Trumps Verteidigung muss man hier jedoch auch anmerken, dass es damals in New York als großer Immobilienentwickler garantiert nicht leicht war, der Mafia aus dem Weg zu gehen. Zwischen den 70er und 90er Jahren hatten die fünf großen Verbrechensfamilien sowohl einen Großteil der Bauunternehmen als auch die meisten Gewerkschaften fest in ihrer Hand. Und Donald Trump wurde auch nie offiziell als Mafia-Partner eingestuft.

Aber für jemanden, der sich bei den Casino-Bestrebungen so viele Sorgen bezüglich einer möglichen Verstrickung mit der Cosa Nostra machte, hat sich Trump dann doch ziemlich häufig willentlich auf verschiedene Leute mit Verbindungen zur Mafia eingelassen, die mit der Bauindustrie nichts am Hut hatten.

Beispiel gefällig? Trump fasste einmal den Entschluss, seinen Namen für eine Reihe an Luxus-Stretchlimousinen herzugeben. Diese Idee stammte von John Staluppi, einem reichen und erfolgreichen Autohändler aus Long Island. Laut dem FBI und seinen Informanten war Staluppi allerdings auch noch ein festes Mitglied der Colombo-Verbrechensfamilie. Wie William Bastone vor Kurzem in einem Artikel für die Website Smoking Gun ausführte, stellte Trump die noblen Autos mit diversen Extras (Lederbezüge, Schnapsbar, Fernseher, Aktenschredder und so weiter) 1988 bei einer Messe in Atlantic City vor. Staluppi, der sich unter anderem eine Verurteilung wegen des Diebstahls von Autoteilen auf die Fahne schreiben konnte, hielt sich bei dieser Messe schlauerweise von jeglichen Kameras fern. Der Mobster war schon seit Langem von den Behörden überwacht worden und die Ermittler konnten ihn dabei auch bei Treffen mit Carmine "The Snake" Persico, dem Boss der Colombos, beobachten. Trump beteuerte, von diesen Umständen nichts gewusst zu haben, und bestellte 20 Limousinen.

Der Immobilienmogul hatte aber auch bei seinem Umgang mit einem weiteren vermeintlichen Mafiosi-Geschäftsmann keine Probleme. So lebte Joseph Weichselbaum, der einen Helikopter-Casino-Bringdienst für gut betuchte Zocker betrieb, in einem Apartment im Trump Plaza. 1986 bekannte er sich des Kokainschmuggels schuldig. Die beiden Männer standen sich dabei so nahe, dass Trump sogar einwilligte, einen Teil der Miete als Tausch für den Heli-Service wegfallen zu lassen. Außerdem kümmerte sich Weichselbaum um Trumps Privathelikopter. Als der Urteilsspruch anstand, schrieb Trump einen Brief an das Gericht, in dem er seinen Freund als "gewissenhaft, direkt und fleißig" beschrieb. Weichselbaum wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, konnte nach seinem Gefängnisaufenthalt aber direkt in ein noch nobleres Domizil im Trump Tower ziehen, wo seine Freundin zwei zusammenhängende Wohnungen erworben hatte. Als Trump im Jahr 1990 von Casino-Funktionären zu besagtem Brief an das Gericht befragt wurde, konnte sich der Milliardär nicht mehr daran erinnern, diesen überhaupt geschrieben zu haben.

Die Casino-Aufsichtsbehörde hatte im gleichen Jahr aber auch noch ein anderes Problem mit Trump. So monierten sie, dass Trumps Casinos einem reichen Pferdezüchter namens Robert LiButti an den Spieltischen komplett freie Hand ließen. LiButti verlangte dabei zum Beispiel auch, dass seine Dealer beim Würfelspiel weder schwarz noch Frauen sein durften und Trumps Casinos kamen dieser Aufforderung nach. Es war wohl einfach wichtiger, LiButti bei Laune zu halten, denn zwischen 1984 und 1990 verlor der Pferdezüchter beim Glücksspiel über 20 Millionen Dollar. Stammgäste beklagten zudem noch, dass Trumps Casinos LiButti mit Geschenken—darunter Luxusautos, Europareisen und Superbowl-Tickets—überhäuften, um ihn nicht als loyalen Kunden zu verlieren.

Aufgrund dieser Verstöße mussten Trumps Casinos Geldstrafen in Höhe von mehreren hunderttausend Dollar zahlen. Es gab jedoch noch ein weiteres Problem: 1991 wurde LiButti von der Aufsichtsbehörde komplett vom Glücksspiel in Atlantic City ausgeschlossen. Das lag jedoch nicht an dessen schlechtem Benehmen, sondern eher an dessen Einstufung als Partner von John Gotti, dem Boss der Gambino-Familie. Die Beweise gegen LiButti beinhalteten dabei auch aufgezeichnete Unterhaltungen, in denen der Pferdezüchter davon spricht, zusammen mit Trump in dessen Helikopter geflogen zu sein und ihm dabei Tipps in Bezug auf den Betrieb der Casinos gegeben zu haben. Als ein Journalist Donald Trump schließlich zu dessen spiel- und einsatzfreudigsten Gast befragte, antwortete der Casino-Mogul jedoch: "Wenn er mir hier jetzt gegenüber stehen würde, hätte ich keine Ahnung, wer er ist."