FYI.

This story is over 5 years old.

News

​Was hinter der FPÖ-Demonstration gegen das Flüchtlingsheim in Liesing steckt

„Das Flüchtlingsheim in Liesing wurde von einem regionalen Thema zu einem Brennpunkt und Symbol für internationale Probleme gemacht."

Screenshot via liesing.fpoe-wien.at

Geballte Buhrufe und viel Applaus für die FPÖ gab es bei der Bürgerversammlung in Liesing von aufgebrachten Anrainern, die sich gegen das geplante Flüchtlingsheim aussprachen. Es ging heiß her im Februar im „Liesinger Haus der Begegnung": „So viel Wut habe ich in meiner gesamten Politikerkarriere noch nicht erlebt", erinnert sich Wolfgang Jung, Landtags- und Gemeinderats-Abgeordneter der FPÖ Wien, gegenüber VICE.

Anzeige

Bei dieser Versammlung ging es um 750 bis 1.400 Flüchtlingen, die in Liesing in einem ehemaligen Bürogebäude untergebracht werden sollten. Obwohl der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker bei der Versammlung klarstellte, dass die einzige Alternative für die Flüchtlinge derzeit die Obdachlosigkeit wäre, forderten viele Liesinger trotzdem die Verhinderung dieser Unterbringung. Auch von Ausgangssperren für die Asylwerber und von Zäunen rund um das Heim war die Rede.

Seit etwas mehr als einer Woche leben die ersten 51 Flüchtlinge nun im ehemaligen Bürogebäude—darunter 20 Kinder. Im Laufe des Frühlings sollen es bis zu 750 Personen werden. Mitbekommen habe man von den Flüchtlingen in der Nachbarschaft bisher noch nichts, erzählt man im Ort. „Die müssen wohl den ganzen Tag drinnen sitzen", so eine Anrainerin aus dem Gemeindebau gegenüber.

Obwohl es bisher noch keine Probleme mit den Flüchtlingen in Liesing gab, scheinen die Liesinger immer noch vor allem eines zu sein: wütend. Dass man die Flüchtlingsunterkunft in Liesing noch verhindern könnte, daran scheint aber keiner mehr zu glauben. Jetzt gehe es vor allem um Protest, Wut und Widerstand, so Jung. Die FPÖ Wien hat dazu zu einer Kundgebung und Demonstration mit Heinz Christian Strache, Norbert Hofer und Johann Gudenus aufgerufen.

Der Bezirksvorsteher von Liesing, Gerald Bischof (SPÖ), sieht diese Demonstration als den falschen Weg, wie er uns am Telefon erklärt: „Wir brauchen Antworten und konkrete Lösungen und keine Polarisierung. Diese Demonstration macht die Situation für uns nur noch schwieriger und um nichts besser. Das Flüchtlingsheim in Liesing wurde von einem regionalen und lokalen Thema zu einem Brennpunkt und Symbol für internationale Probleme gemacht. Für unsere Situation hier in Liesing und die Flüchtlinge ist das total kontraproduktiv." Gemeinderat Jung von der FPÖ antwortet darauf, dass sie gar nicht gegen die Flüchtlinge demonstrieren würden: „Wir demonstrieren ja nicht einmal vor dem Flüchtlingsheim, sondern direkt in Liesing. Wir wollen ein Zeichen gegen die Politik setzen und nicht gegen die Flüchtlinge."

Anzeige

Die autonome Antifa sieht das anders und hat für Montag eine Gegendemonstration vor der Flüchtlingsunterkunft angekündigt, unter anderem um die Asylwerber vor den Freiheitlichen zu schützen. Auch die Plattform für eine menschliche Asylpolitik und die Offensive gegen Rechts rufen zur Gegendemo auf: „Wien darf nicht Clausnitz und Bautzen werden!", schreiben sie auf Facebook.

Gleichzeitig zur FPÖ-Demonstration sollen um 18:00 Uhr in der Kirche in Liesing fünf Minuten lang die Glocken läuten. Man wolle „ein lautstarkes Zeichen für Asylwerber setzen" so die Pfarre. Wolfgang Jung macht diese Ankündigung schon etwas wütend: „Sogar der Papst spricht von einer Arabisierung der Welt und der Pfarrer läutet hier die Glocken gegen uns." Er werde sich noch genau erkundigen, von wem dieser Auftrag komme und sagt mit einem Grinsen im Gesicht: „Sogar im Türkenkrieg hat man die Glocken geläutet, wenn der Feind kam. So ist das jetzt auch." Weshalb er grinst, als er das sagt, ist nicht ganz klar—schließlich soll ja gegen die FPÖ geläutet werden.

Weitere Berichterstattung zu der Lage in Liesing sowie ein Lokalaugenschein folgen hier auf VICE.

Eva auf Twitter: @immerwiederEva