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Die längste Wahl der Welt

Van der Bellen vs. Hofer: Woche 1

Der Wahlkampf hat wieder begonnen und die längste Wahl der Welt geht weiter. Willkommen zur Recap der ersten Wahlkampfwoche zur Stichwahl.

Screenshots via Facebook | Collage von VICE Media

Mit Beginn dieser Woche ist auch der Wahlkampf für die Wiederholung der Stichwahl gestartet, die am 2. Oktober stattfindet. Ja, uns ist bewusst, dass die Worte "Woche 1" im Titel dieses Artikels ein Schlag ins Gesicht eines jeden von euch sind, weil der Wahlkampf mittlerweile gefühlte 666 Wochen dauert. Aber haltet euch eines vor Augen: Heute in einem Monat ist alles vorbei, so Gott will.

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In der ersten Woche des Wahlkampfes haben die beiden Kandidaten ziemlich viel rausgehauen. Hofer hat sein Wahlprogramm präsentiert, das bei genauem Hinsehen fast ausschließlich aus leeren Phrasen besteht, hat sich als Opfer von Hass im Netz inszeniert und erschreckt das Internet jetzt mit gruseligen Hofer-Masken. Auch Van der Bellen hat ein paar Trümpfe ausgespielt: Die Krebs-Gerüchte und sein Kaunertal-Video. Willkommen zur Recap der ersten Wahlkampfwoche zur Stichwahl.

Die "I bin a Hofer"-Kampagne

Am Donnerstagabend haben Norbert Hofer und Parteiobmann Strache ein Video veröffentlicht, in dem eine junge Frau die neue (und wohl erste) User-Aktion der FPÖ erklärt. Hofer-Wähler sollen sich eine Maske von Norbert Hofer ausdrucken, sie ausschneiden und anschließend ein Video von sich mit der Maske drehen oder in einem Posting erklären, warum sie Hofer wählen. Abschließen sollen sie das Posting mit "Diesmal bin i a Hofer"—und irgendwie erinnert die ganze Kampagne ein bisschen zu sehr an die "I bin a Kika"-Werbung mit David Alaba.

Bisher hat sich die FPÖ mit derartigen User-Aktionen stets zurückgehalten. Mittlerweile hat sie jedoch eine Größe erreicht, die User-Aktionen möglich macht, weil FPÖ-Wähler nun auch öffentlich zugeben können und wollen, dass sie blau wählen—weil sie damit nicht mehr alleine sind. Die Freude der Wähler über diese Aktion hält sich aktuell noch in Grenzen—zumindest nach den Kommentaren auf der Facebook-Page von Strache zu schließen. Dort schreiben einige der Kommentatoren, dass sie auch ohne Selfie "a Hofer" sind und dass sich die FPÖ mit dieser Aktion selbst lächerlich mache.

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Die FPÖ hat für diese Aktion auch eine eigene Facebook-Page und Webseite eingerichtet, auf der die "gelungensten und originellsten Einsendungen" gesammelt werden sollen. Diese "Einsendungen" bestehen derzeit noch aus drei YouTube-Videos von FPÖ TV, einem angsteinflößenden Foto von FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl mit Hofer-Maske und einigen professionell geschossenen Fotos. Klon-Krieger, formiert euch!

Die Krebsbefunde

Seit Monaten kursierten Gerüchte, Alexander van der Bellen habe Lungenkrebs. Die Gerüchte wurden vom gegnerischen politischen Lager gestreut, sind das erste Mal auf dem rechten Blog "Politically Incorrect" erschienen, wie futurezone berichtet. Von dort aus hat sich das Gerücht via Facebook verbreitet.

Um diesem Gerücht ein Ende zu setzen, hat Van der Bellen also am vergangenen Mittwoch Arztbefunde veröffentlicht, die belegen, dass er kerngesund ist. Christian Zielinski, der Krebsspezialist, der ihn am AKH untersucht hat, ist zu dem Schluss gekommen, Van der Bellen sei "super beinand" und habe eine "herrliche Lunge". Laut Van der Bellens Wahlkampfmanager Lockl wurden die Befunde veröffentlicht, um der Bevölkerung zu versichern, dass Van der Bellen für das Amt des Bundespräsidenten geeignet sei.

Infolge der Veröffentlichung der Befunde forderten viele, dass nun auch Hofer seine Arztbefunde veröffentlichen oder Strache einen Drogentest machen solle—immerhin wird seit Jahren spekuliert, ob er hin und wieder Koks konsumiere. Das sind Gerüchte, die Strache in einem Interview mit Österreich vor einigen Jahren als "Unterstellungen, die jeder Grundlage entbehren" bezeichnete. Jedenfalls forderte Falter-Chefredakteur Florian Klenk nach der Veröffentlichung von Van der Bellens Befunden, dass Strache die Ergebnisse seines Haar- und Harntests veröffentlichen solle. Als Reaktion darauf hat Strache am Freitag Vormittag ein Facebook-Posting mit dem Titel "Dolm der Woche: Florian Klenk"—in Anlehnung an die wöchentliche Falter-Rubrik "Hero/Dolm der Woche"—veröffentlicht. In dem Posting schreibt Strache, Klenks Äußerungen und die Gerüchte, die ihn "in die Nähe von Suchtgiftkonsum rücken", seien "verleumderische Gschichtln" und fordert Klenk dazu auf, mit ihm zum Drogentest zu gehen. Dieser hat sich darauf für seine Äußerungen entschuldigt und schreibt: "Strache will, dass ich auch zum Haartest gehe. Kann ich gerne machen."

Das Kaunertal-Video

Am Donnerstag hat Van der Bellen ein Video mit dem Titel "Du brauchsch mi und i brauch Di!" veröffentlicht. In dem Video nimmt er Bezug auf seine Tiroler Heimat, das Kaunertal, in dem seine "tiefe Überzeugung von Gemeinschaft und Zusammenhalt" verwurzelt ist.

Das Video ist—sagen wir—sehr langsam gehalten, fast hypnotisch. Es läuft beruhigende Klaviermusik, während Van der Bellen mit seiner Geschichtenonkel-Stimme über Österreich spricht und irgendwo in der Landschaft steht—vermutlich im Kaunertal. Van der Bellen grinst in diesem Video drei Minuten lang Berge an, spaziert im Hemd über Wiesen und sieht einem Hund beim Spielen zu. Ganze zwei Mal haut er im Laufe des Videos den Spruch "Soll keiner meinen, dass er keinen anderen braucht" auf Tirolerisch raus und betont, dass es sich bei seiner Wahlbewegung keineswegs um ein Elitenprojekt handle. Van der Bellens-Video ist das, was Bluthochdruck-gefährdete Menschen brauchen. Es ist das autogene Training, das wir uns schon immer gewünscht haben. Es ist zen.