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Was bisher über das getötete Miliz-Mitglied und die jüngsten Ereignisse in Oregon bekannt ist

Unterstützer der Besetzer-Miliz behaupten, Robert „LaVoy" Finicum sei kaltblütig erschossen worden, doch mindestens ein Augenzeuge bestreitet das.

LaVoy Finicum mit seinem Gewehr bei der Besetzung des Malheur National Wildlife Refuge am 6. Januar. Er wurde am 26. Januar von FBI-Agenten erschossen | Foto: AP Photo/Rick Bowmer

Seit dem 2. Januar 2016 besetzt eine bewaffnete Miliz namens Citizens for Constitutional Freedom das Naturschutzgebiet Malheur National Wildlife Refuge im US-Bundesstaat Oregon. Die Gruppe wird angeführt von dem Rancher Ammon Bundy, dem Sohn des für seine bewaffnete Konfrontation mit der Regierung berüchtigten Cliven Bundy aus Nevada.

Die Besetzer behaupteten, ihr Handeln sei von Solidarität mit zwei verhafteten Ranchern motiviert, und erhielten massiven Zuspruch und Unterstützung von Befürwortern der rechtsextremen Patriot-Bewegung, darunter weitere sogenannte Milizen. Nach fast einen Monat haben die Spannungen in den letzten Tagen den Siedepunkt erreicht: Tödliche Schüsse wurden gefeuert, Miliz-Mitglieder wurden verhaftet und die Besetzung neigt sich nun anscheinend dem Ende zu.

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Am Dienstag wurde Robert „LaVoy" Finicum, ein Rancher und Sprecher für die bewaffnete Gruppe, von FBI-Agenten erschossen. Wie Reuters berichtet, fing die Schießerei gegen 16:25 Uhr Ortszeit an, nachdem Sicherheitskräfte auf dem Highway 395 unweit des Naturschutzgebiets das Auto anhielten, in dem der Protest-Anführer Ammon Bundy saß. Bundy und vier weitere wichtige Mitglieder, Ryan Bundy, Ryan Payne, Bryan Cavalier und Shawna Cox, wurden nach der Konfrontation in Gewahrsam genommen. Bundy war unterwegs zu einer Gemeindeversammlung in dem Ort John Day, wo er als Gastsprecher geladen war.

Laut dem Oregonian erlitt Ryan Bundy, Ammons Bruder, bei der Festnahme eine geringfügige Schussverletzung.

Drei weitere Personen, die mit der Gruppe in Verbindung stehen, wurden kurz nach der Bundy-Konfrontation ebenfalls verhaftet.

Kurz vor 18 Uhr wurde Joe Oshaughnessy, ein rechter Aktivist aus Arizona, der zu einer Gruppe namens North American Coalition of Constitutional Militias gehört, festgenommen. Er und zahlreiche schwer bewaffnete Männer, darunter Joseph Rice von den Oath Keepers, über die wir hier bereits ausführlich berichtet haben, waren am Sonntag als Teil eines Bündnisses verschiedener Gruppen in die Gegend gekommen, um eine „Pufferzone" zwischen der protestierenden Miliz und den Behörden zu schaffen, was die Spannungen vor Ort noch verstärkte.

Etwa eine halbe Stunde später nahm die State Police von Oregon den 50-jährigen Peter Santilli, einen Online-Radiomoderator und lautstarken Unterstützer der Miliz, in Burns fest, während er einen Livestream über die Ereignisse im Naturschutzgebiet sendete.

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Gegen 20:30 Uhr stellte sich Jon Ritzheimer, ein ehemaliger US-Marine und prominenter Anti-Islam-Aktivist, in Peoria, Arizona, auf dem örtlichen Polizeirevier dem FBI, so der Guardian.

Alle verhafteten Personen sehen sich nun Strafverfahren wegen Verschwörung zur Behinderung der Bundespolizei gegenüber.

Am Dienstagabend teilten Mitglieder der besetzenden Miliz mit, das FBI würde damit beginnen, eine Sperrzone um das Naturschutzgebiet zu errichten. Die Facebook-Seite „The Bundy Ranch" rief ihre Follower auf, „feste zu beten", weil ein Konvoi auf dem Weg sei, was Mitglieder der Gruppe wohl als ein Zeichen für das drohende Ende sahen. Die von den Bundys angeführte Miliz behauptet, das Malheur Refuge besetzt zu haben, um zwei örtliche Rancher, Dwight und Steve Hammond, zu unterstützen.

Die Hammonds wurden Anfang diesen Monats festgenommen, weil sie Feuer gelegt hatten, die öffentliches Land erreicht hatten. (Die Hammonds haben wiederholt ausgesagt, sie hätten keinerlei Verbindung zu den Besetzern und diese würden nicht für ihre Familie sprechen.) Die Mitglieder der Miliz sind außerdem grundsätzlich wütend über die Einschränkungen der Nutzungsrechte von Ranchern auf staatlich verwaltetem Land im Westen der USA—ein Thema, das bereits 2014 zu einer Konfrontation zwischen dem Bureau of Land Management und Ammons Vater Cliven Bundy führte.

In den rechtsgerichteten Ecken des Internets kursieren bereits verschiedene Theorien zu dem genauen Hergang des tödlichen Schusswechsels am Dienstag. „SCHOCKIEREND: Rancher LaVoy Finicum wurde vom FBI erschossen, als er mit dem Gesicht nach unten auf der Straße lag", hieß es zum Beispiel in einer Schlagzeile auf woundedamericanwarrior.com. „Heute Abend wurden friedliche Patrioten auf einer entlegenen Straße angegriffen, weil sie für die Verfassung sind. Einer wurde getötet. Wer sind hier die Terroristen?", heißt es in einem von mehreren Memes, die auf der Facebook-Seite der Bundy Ranch gepostet wurden. In einem weiteren steht: „LaVoy Finicum stand für die Freiheit eurer Kinder. Also hat unsere Regierung ihn ermordet, als er mit erhobenen Armen und unbewaffnet dastand. Wer kämpft für die Freiheit."

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Die Besetzer und einige ihre Unterstützer scheinen der Auffassung zu sein, dass Finicum sich ergeben hatte und kaltblütig getötet wurde. Einer der verbleibenden Besetzer, Jason Patrick, sagte Reuters telefonisch, die Regierung könne „ungestraft töten, wen sie will und aus welchem Grund sie will" und verglich Finicum mit Tamir Rice, dem 12 Jahre alten afroamerikanischen Jungen, der 2014 in Cleveland von einem Polizeibeamten erschossen wurde, der sich dafür nie verantworten musste.

Diesen Monat hatte Finicum NBC News gegenüber gesagt, er würde lieber sterben, als inhaftiert zu werden. Er hatte anscheinend auch ein postapokalyptisches Buch über einen Mann geschrieben, welcher der Regierung die Stirn bietet und sich einen Schusswechsel mit der Polizei liefert, wie BuzzFeed berichtet hat.

Mindestens ein Mann, der behauptet, bei dem Vorfall zugegen gewesen zu sein, Mark McConnell, streitet ab, Finicum sei an seinem Tod unschuldig. Am Mittwoch postete McConnell ein Video auf Facebook, in dem er den Hergang der Konfrontation im Detail schilderte. Laut dieser Version der Ereignisse sei Finicum zuerst vor den Sicherheitskräften geflohen, bevor er zu Fuß auf die Beamten zu gerannt sei, weil sein Truck in einer Schneewehe steckengeblieben war.

„LeVoy hatte sehr viel Leidenschaft für diese Bewegung, für das, was er hier oben gemacht hat", sagte McConnell in dem Video. „Dieses Spiel, es ist vorbei. Dieser Abschnitt des Spiels ist vorbei und es ist Zeit, dass der nächste beginnt."

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Spät am Mittwochabend teilte die Polizei mit, sie habe den inzwischen zum Anführer aufgestiegenen Jason Patrick sowie Duane Ehmer und einen weiteren Mann in Gewahrsam genommen. Die Festnahmen verliefen ereignislos, doch auch diese Männer werden strafrechtlich verfolgt.

Ebenfalls am Mittwoch fand in Portland, Oregon, eine Kautionsverhandlung für Ryan Bundy, Cavalier, Cox, Payne, Oshaughnessy und Santilli statt. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, die Angeklagten sollten bis zum Prozess hinter Gittern bleiben, da sie Teil einer „noch andauernden Verschwörung" seien, wie der Guardian berichtet. Die Richterin gab der Staatsanwaltschaft Recht und entschied vorerst gegen eine Freilassung auf Kaution; am Freitag soll eine weitere Haftverhandlung stattfinden, bei der auch Ammon Bundy anwesend sein wird.

Nach der Verhandlung verlas Mike Arnold, Ammon Bundys Anwalt, vor dem Gerichtsgebäude eine Nachricht seines Klienten an dessen Mitstreiter. Darin hieß es: „An alle, die noch im Naturschutzgebiet sind: Ich liebe euch. Lasst uns diesen Kampf von hier aus fortsetzen. Bitte gebt nach. Bitte gebt nach. Geht nach Hause und umarmt eure Familien. Wir führen den Kampf jetzt erst einmal vor Gericht. Bitte geht nach Hause." Wie der Lokalsender KATU-TV berichtet, wurden Fahrzeuge dabei gesehen, wie sie das Malheur Refuge verließen. Dem FBI zufolge wurden am Mittwochabend fünf Personen beim Verlassen des Naturschutzgebiets aufgehalten, letztendlich jedoch nicht verhaftet.

Zuvor hatten die wenigen verbleibenden Besetzer mit einem Livestream auf YouTube versucht, neue Unterstützer zu gewinnen. Laut KATU-TV sagte ein Miliz-Mitglied, wenn die Bundespolizei versuchen sollte, „euch den Weg hierher zu versperren, tötet sie!"

Die sympathisierenden bewaffneten Gruppen Pacific Patriots Network, Oath Keepers und Idaho III% haben laut einer gemeinsam veröffentlichten Mitteilung ihren Mitgliedern befohlen, in Bereitschaft zu sein.

Am Mittwochabend fand in Burns, Oregon, eine Gedenkwache für Finicum statt, bei der auch Gegner der Besetzer anwesend waren, die das Blutvergießen bedauerten.