Polizeibeamte in den Vereinigten Staaten schießen mehr als doppelt so häufig auf Menschen als bisher vermutet. Das hat unsere Analyse der 50 größten Polizeibehörden der USA ergeben.Nicht nur schießen Polizisten häufiger als gedacht – die Beamten der untersuchten Police Departments schießen auch zu einem höheren Prozentsatz als bisher festgehalten auf schwarze Menschen, und häufiger auf Unbewaffnete. Unsere Recherche zeigt auch, dass jüngste Reformbemühungen die Zahl der Vorfälle bereits reduziert haben. Doch zum Entsetzen von Aktivisten, Experten und einigen Polizeibeamten wendet sich Justizminister Jeff Sessions von diesen Reformen ab.
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VICE News hat sowohl tödliche als auch nicht-tödliche Vorfälle analysiert. Dabei haben wir festgestellt, dass Beamte der 50 größten Police Departments von 2010 bis 2016 auf mindestens 3.649 Menschen geschossen haben. Das sind mehr als 500 Menschen pro Jahr. In mehr als 700 weiteren Fällen schossen Polizeibeamte auf Menschen und verfehlten sie. Zwei Drittel der von Polizisten Angeschossenen überlebten den Vorfall.In Los Angeles schoss ein Beamter auf einen 13-jährigen Jungen, der mit einer Waffenattrappe spielte, und lähmte ihn damit dauerhaft. In Philadelphia schoss ein Beamter außer Dienst auf seinen 19-jährigen Sohn. Beamte in Baltimore erschossen einen Kollegen außer Dienst und trafen unabsichtlich drei Frauen, als sie auf eine Auseinandersetzung vor einem Nachtclub reagierten. Ein Cop in Seattle schoss einer 19-Jährigen versehentlich ins Bein, als er seine Waffe zog; die junge Frau wurde daraufhin verhaftet und inhaftiert, da auf sie noch ein Haftbefehl ausstand.Insgesamt kommt es nur selten zu Vorfällen, in denen Polizisten auf Menschen schießen, doch Experten weisen darauf hin, dass nicht-tödliche Vorfälle für ein gutes Verständnis von Polizeigewalt ebenso wichtig sind wie tödliche."Wir müssen wissen, wie oft es vorkommt, um das Phänomen richtig zu verstehen", sagt David Klinger, ein ehemaliger Beamter des Los Angeles Police Departments und Dozent für Kriminologie und Strafrecht an der University of Missouri–St. Louis. "Wie oft treffen Polizeikugeln einen Menschen? Und wie oft versuchen Polizisten, Menschen mit ihren Kugeln zu treffen?"
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US-Polizisten haben auf mehr als 4.000 Menschen geschossen
2014 erschossen Polizisten in Ferguson im Bundesstaat Missouri den Afroamerikaner Michael Brown. Seither führen sowohl die Washington Post als auch der britische Guardian Buch über alle tödlichen Polizeischießereien in den USA. Die Tampa Bay Times hat Fälle in Florida gezählt, die Texas Tribune jene in texanischen Großstädten. Der ehemalige Direktor des FBI, James Comey, nannte den Mangel an landesweiten Daten über tödliche Polizeigewalt "peinlich" und startete eine Initiative: Die Bundespolizei FBI sollte beginnen, Statistiken von Police Departments zu sammeln. Einige Polizeibehörden auf Bundes- und Lokalebene machten ihre Daten öffentlich.Doch an der inzwischen laufenden FBI-Initiative zur Datensammlung nehmen bis heute nur 35 Police Departments teil – von insgesamt 18.000 Strafverfolgungsbehörden. Wie VICE News in Erfahrung gebracht hat, gibt es in einigen Polizeibehörden auch keinerlei System, um nicht-tödliche Polizeischießereien zu dokumentieren. Andere Behörden wollten keine demografischen Daten zu den Menschen freigeben, auf die geschossen wurde, und ebenfalls nicht mitteilen, ob diese bewaffnet oder unbewaffnet waren. So lässt sich nur schwer beurteilen, weshalb und wie oft Polizisten potentiell tödliche Gewalt anwenden und wie effektiv Reformen sind.
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Bis zu dieser Recherche von VICE News hat es nie eine umfassende Analyse von Schießereien der US-Polizei gegeben, die auch alle nicht-tödlichen Vorfälle berücksichtigt. Die hier verwerteten Daten sind ebenfalls nicht vollständig, da sie nur aus den größten 47 Police Departments stammen. Das deckt etwa 148.000 Polizeibeamte ab, die für mehr als 54 Millionen Einwohner (von insgesamt circa 320 Millionen) zuständig sind. Dennoch ergibt die Analyse das bisher vollständigste Bild von US-amerikanischer Polizeigewalt mit Schusswaffengebrauch. Die Dunkelziffer ist mit großer Wahrscheinlichkeit noch sehr viel höher.
Von einer Kugel im Bauch getroffen
Dallas, 9. Dezember 2013
VICE News hat von den 50 größten Police Departments Daten über Polizeischießereien angefordert, 47 davon lieferten daraufhin für eine Auswertung geeignete Daten. Viele weigerten sich erst vehement, diese Daten freizugeben, einige reagierten auf unsere Anfragen nur unter Androhung rechtlicher Schritte. Eine Behörde schickte per Post eine CD-ROM, auf der sich ein einziges Spreadsheet befand. Eine weitere wollte uns die Daten entweder nur vor Ort oder gegen eine Gebühr von Tausenden Dollar einsehen lassen.Insgesamt enthält unser Datensatz Informationen zu 4.117 Vorfällen und 4.400 Personen aus sieben Jahren.
KELVION WALKER
Dallas, 9. Dezember 2013
Kelvion Walker saß, ohne es zu wissen, als Beifahrer in einem gestohlenen Auto. Ein Beamter des Dallas Police Departments schoss ihm in den Bauch. Die Kugel steckt noch immer in Walkers Körper, er kämpft mit chronischen Schmerzen und Verdauungsproblemen. Walker verklagt aktuell die Polizeibehörde auf 10 Millionen Dollar."Mein Alltag ist ein einziger Flashback, durch den ich durch muss."
Die wichtigsten Ergebnisse
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Polizeischießereien der größten örtlichen Polizeibehörden
Viele waren unbewaffnet
Sowohl zahlenmäßig als auch prozentual gerechnet wurden schwarze Menschen am häufigsten beschossen
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In den untersuchten Polizeibehörden hat sich die Zahl der Schusswaffeneinsätze verringert
Trump wendet sich von effektiven Reformen ab
(auf Englisch)Zusätzlich zur Datenauswertung hat VICE News Dutzende ehemalige und aktive Polizisten befragt sowie mit Überlebenden, Aktivisten und unabhängigen Experten gesprochen. Diese Personen beschrieben die verheerenden Auswirkungen der Polizeigewalt auf Familien und Gemeinden – selbst wenn die Vorfälle nicht tödlich endeten."Oft wirken sie sich genauso aus wie die tödlichen Schießereien", sagt Christy Lopez, die unter Präsident Obama in der Bürgerrechtsdivision des Justizministeriums arbeitete. "Die Menschen bekommen das mit, sprechen darüber und hören danach noch jahrelang die Geschichten. Die überlebende Person ist wie ein wandelnder Beweis für den Vorfall."
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In solchen Fällen werden Beamte selten wegen eines Verbrechens angeklagt oder zur Rechenschaft gezogen. Stattdessen sehen sich viele verwundete Bürger Anzeigen gegenüber – manche verbringen sogar Zeit in Haft, während ihre Verletzungen noch heilen. In sehr wenigen Fällen ziehen sie vor Gericht und bekommen Schmerzensgeld zugesprochen. Manche Betroffene rücken in den Fokus größerer Proteste oder werden selbst zu Aktivisten. Doch die meisten der Hunderten Betroffenen pro Jahr gehen weiter ihrem Leben nach und müssen ihr Trauma fernab der Öffentlichkeit überwinden.
Von einer Kugel in den Hinterkopf getroffen
Fulton County, Georgia, 29. Juli 2011
Eine der dringlichsten Fragen bei diesem Thema ist, inwiefern rassistische Vorurteile eine Rolle spielen, wenn Polizisten den Abzug betätigen. Bei der Suche nach der Antwort sind nicht-tödliche Schießereien von zentraler Bedeutung.Mehr als ein Dutzend Departments gab keine Daten zur Hautfarbe der Betroffenen frei oder behauptete, solche Informationen würden nicht festgehalten. Daten zur Hautfarbe erhielt VICE News für 68 Prozent der Fälle und für 3.045 Personen. Davon reichten die Informationen zur Hautfarbe bei 2.824 Personen für eine Auswertung aus.
DEANTHONY CUNNINGHAM
Fulton County, Georgia, 29. Juli 2011
DeAnthony Cunningham wurde von einem Beamten des Fulton County Police Department in den Hinterkopf geschossen. Er überlebte dank Dutzender Operationen, jahrelanger Therapie und der Hilfe seiner Mutter Felice Cunningham, die ihren Job kündigte, um ihn zu pflegen."Die Ärzte dachten, ich würde gelähmt bleiben – mir wurde ins Hirn geschossen."
Die Rassismus-Frage
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Auf wen Polizisten schießen
Daten von 2.824 beschossenen Personen aus 31 Polizeibehörden, die ausreichende Informationen zur Bevölkerungsgruppe der Betroffenen lieferten | Quelle: VICE NewsDiese Daten zeigen eine viel größere Belastung schwarzer Einwohner als die bisherigen Bemühungen, Polizeischießereien zu dokumentieren. Polizeibeamte schossen zweieinhalbmal häufiger auf schwarze als auf weiße Bürger.Polizisten beschossen hispanische Menschen etwas häufiger als weiße, von allen Ethnien waren asiatische Menschen am seltensten betroffen. (Hierbei ist zu bedenken, dass hauptsächlich Ballungsräume untersucht wurden, in denen ein höherer Anteil von People of Color lebt als in anderen Regionen. Statistiken aus fast ausschließlich weißen Gegenden wären für eine Untersuchung rassistischer Tendenzen allerdings weniger repräsentativ.)Es sind vor allem die Fälle, in denen Polizisten auf Unbewaffnete schießen, die öffentliche Empörung auslösen. Gerade diese Fälle werden aber häufig außer Acht gelassen, wenn die Aufmerksamkeit nur tödlichen Zwischenfällen gilt. Die von VICE News gesammelten Daten belegen fast 400 Fälle von Polizeischüssen auf Unbewaffnete.Anteil der Vorfälle nach Bewaffnungsstatus, 2010–2016:
Wie oft die Polizei auf Unbewaffnete schießt
Außerdem gab es in acht Prozent der Fälle keine Information darüber, ob die Person bewaffnet war. Allerdings ist hier wohl von Unbewaffneten auszugehen, denn die Behörden haben guten Grund, es festzuhalten, wenn eine Person bewaffnet ist. (Zwölf Polizeibehörden, darunter die von Chicago und Los Angeles, lieferten keine zuverlässigen Daten zum Bewaffnungsstatus der beschossenen Personen, daher haben wir sie in dieser Auswertung nicht berücksichtigt.)
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45 Prozent – fast die Hälfte – der unbewaffneten Menschen, auf die geschossen wurde, waren schwarz. Schwarze machen in den USA nur etwa 13 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.Anteil der Betroffenen nach Bevölkerungsgruppe und Bewaffnungsstatus, 2010–2016:
Die Polizei schießt häufiger auf unbewaffnete People of Color
Polizeibehörden und einige Akademiker behaupten, Daten zu Schießereien würden die regionalen Verbrechensraten widerspiegeln. Ausschlaggebend für die Statistik seien nicht rassistische Vorurteile, sondern wie häufig Polizisten mit angehörigen bestimmter Bevölkerungsgruppen in Berührung kämen. Aus der Sicht der Beamten ist es nicht fair, bei der Frage der Gewaltanwendung lediglich die Hautfarbe der Involvierten zu beachten.Nick Selby ist Detective bei der Polizei von Midlothian in Texas und Autor des Buchs In Context: Understanding Police Killings of Unarmed Civilians. Er betont, man dürfe bei der Untersuchung von Verbrechen und Polizeiarbeit soziale und wirtschaftliche Faktoren nicht vergessen. Auch die individuellen Umstände jedes Vorfalls seien relevant."Tödliche Gewaltanwendung wirkt sich überproportional auf nicht-weiße Menschen aus, das ist wahr. Aber die nicht-weiße Bevölkerung verhält sich auch überproportional häufig kriminell oder gefährlich", sagt Selby. Tatsächlich werden Schwarze und Hispanics häufiger als Weiße für Gewaltverbrechen sowie gewaltlose Vergehen verhaftet – bisher hat die Forschung aber nicht klar gezeigt, ob sie auch mit größerer Wahrscheinlichkeit kriminell handeln oder nicht.
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Informationen über die Umstände einer Polizeischießerei kommen meist direkt von den Polizeibehörden, die somit Gelegenheit haben, wichtige Details zu unterschlagen oder andere Aspekte aufzubauschen. "Der Wahrheitsgehalt solcher Berichte wurde schon häufig hinterfragt", sagt Samuel Sinyangwe, Mitgründer von Campaign Zero, einer Aktivistengruppe für Polizeireformen.Ein berüchtigter Fall in diesem Zusammenhang ist die Erschießung des schwarzen 17-jährigen Laquan McDonald im Oktober 2014. Die Chicagoer Polizisten, die an dem Vorfall beteiligt waren, behaupteten, McDonald habe sie mit einem Messer attackiert. Man glaubte ihre Version der Geschichte, bis im folgenden Jahr Aufnahmen einer Armaturenbrettkamera öffentlich wurden, die zeigten, dass ein Beamter 16 Schüsse auf McDonald abfeuerte, während dieser sich von den Polizisten entfernte.
Nicht alle Behörden halten Polizeischießereien in detaillierten Berichten fest, doch VICE News liegen Informationen zu mehr als 1.800 Vorfällen vor. 20 Prozent aller Vorfälle mit schwarzen Betroffenen begannen als relativ harmlose Personen- oder Verkehrskontrollen, das war nur bei 16 Prozent der weißen Betroffenen der Fall. Gleichzeitig waren beschossene Schwarze mit höherer Wahrscheinlichkeit als Weiße an einem Raub oder einer Schießerei beteiligt. Weiße waren stattdessen häufiger als Schwarze in Selbstmordversuche, häusliche Gewalt und andere schwere Verbrechen involviert.
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Auch zeigen die Daten, dass schwarze Betroffene meist jünger sind als weiße. 10 Prozent der Schwarzen waren unter 18 – bei den Weißen traf das auf weniger als 2 Prozent zu."Die Fakten sind komplex", sagt Sinyangwe. "Aber sie zeigen deutlich, dass betroffene schwarze Menschen häufiger unbewaffnet sind, und dass bei ihnen wenig gravierende Situationen öfter zu einer Schießerei eskalieren."Ron Davis war bis zum Frühjahr 2017 Leiter des Office of Community Oriented Policing Services (COPS Office), einer Abteilung des Justizministeriums, die unter anderem das Vorgehen örtlicher Polizeibehörden überprüfte. Laut Davis empfinden gerade schwarze Menschen, die von Polizeischießereien betroffen sind, Diskussionen über rassistische Vorurteile als überflüssig.
"Für die betroffenen Gemeinden fühlt es sich nicht an wie ein statistischer Unterschied", sagt Davis. "Es fühlt sich an wie Vorurteil – wie Rassismus."
Von einer Kugel in den Bauch getroffen
Olympia, Washington, 21. Mai 2015
"Für die betroffenen Gemeinden fühlt es sich nicht an wie ein statistischer Unterschied", sagt Davis. "Es fühlt sich an wie Vorurteil – wie Rassismus."
ANDRE THOMPSON
Olympia, Washington, 21. Mai 2015
Andre Thompson wartet noch darauf, dass sein jüngerer Bruder Bryson Chaplin aus der Haft entlassen wird. Ein Beamter der Polizei von Olympia, Washington, hatte beide Brüder angeschossen, nachdem er zu einem Ladendiebstahl gerufen wurde. Der Beamte behauptete, die Brüder hätten ihn attackiert, beide wurden des tätlichen Angriffs schuldig gesprochen."Ich dachte nicht, dass wir ins Gefängnis müssen. Wir dachten, die Beweise würden zeigen, dass der Polizeibeamte im Unrecht war."
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Die Lizenz zum Schießen
Theoretisch sollten die meisten Polizeischießereien tödlich ausgehen. Schließlich sollen Cops ihre Waffe nur einsetzen, wenn sie sich einer ernsten Bedrohung gegenübersehen, und diese Bedrohung mit ihren Schüssen beseitigen. Einem verbreiteten Irrglauben zufolge zielen Polizisten auf die Beine oder Arme eines Verdächtigen, um ihn so außer Gefecht zu setzen. Tatsächlich bringt man den Beamten in der Regel bei, die Mitte ihres Ziels anzuvisieren, deshalb feuern sie meist auf den Torso.Polizisten sowie Justizexperten betonen, dass Polizeiarbeit extrem gefährlich, und dass Polizeischießereien jeglicher Art selten seien.Mark Iris ist ehemaliger Leiter des Chicago Police Board, einer amtlichen Überprüfungskommission aus zivilen Mitgliedern. "Die durchschnittliche Anzahl der Schusswaffengebräuche im Laufe einer Polizistenkarriere geht gegen null", sagt er.
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Laut unseren Daten gab es in den großen Polizeibehörden mit den meisten Schusswaffengebräuchen im Durchschnitt 32 Vorfälle im Jahr. In kleineren Behörden gab es dagegen etwa drei Vorfälle. Für Polizisten und einige Analysten reichen diese Zahlen als Beweis dafür, dass die Behörden nur mit großer Bedacht tödliche Gewalt anwenden.Selby sagt, die überwältigende Mehrheit der Polizeischießereien sei gerechtfertigt. "Manche Beamte sind Arschlöcher, und es ist sehr schwer zu beweisen, wenn sie Menschen schikanieren, die Handschellen zu eng schnallen oder einmal mehr zuschlagen als nötig. Bei Schießereien gibt es aber immer Ermittlungen", sagt er. "Wir wissen, dass Cops etwa 1.000 Menschen im Jahr erschießen. Ich würde sagen, 950 davon sind gerechtfertigt, 50 sind fragwürdig und 20 sind wirklich übel."Doch Aktivisten sowie einige Experten verweisen darauf, dass es bisher hauptsächlich im Ermessen der Polizei liegt, welche Schießereien fragwürdig oder übel sind. Das Problem mit dem Standard des "vernünftig denkenden Beamten" sind die vielen Grauzonen, die hier entstehen. In manchen Fällen hat der Verdächtige vielleicht irgendeine Waffe in der Hand, stellt aber für den Beamten keine direkte Bedrohung dar. In anderen Fällen halten Beamten jemanden fälschlicherweise für bewaffnet.Bruce Franks Jr. gehörte zu den Demonstranten in Ferguson und dient inzwischen in St. Louis, Missouri als Abgeordneter. Er sagt, die Cops in St. Louis würden zuerst schießen und sich den Grund hinterher überlegen. St. Louis hat von allen untersuchten Behörden die höchste Pro-Kopf-Rate an Polizeischießereien. Gleichzeitig teilte das St. Louis Police Department nur wenige Details zu Schießereien nach 2014 mit. (Eine Sprecherin der Behörde sagte, alle Schusswaffeneinsätze seien fair untersucht worden.)
Dass People of Color häufiger kriminell sind, ist nicht erwiesen
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"Es muss keine Pistole im Spiel sein", sagt Franks. "Wir haben Fälle, wo jemand ein Handy hält oder eine falsche Bewegung macht. Sie haben eine Million Gründe, warum sie es hinterher gerechtfertigt nennen können."
Wurde fünfmal in den Bauch geschossen
Pittsburgh, Pennsylvania, 11. November 2012
Seit Michael Browns Erschießung 2014 in Ferguson ist die Zahl der Polizeischießereien in den USA um etwa 20 Prozent gesunken.In den größten Polizeibehörden, 2010–2016:
Leon Ford
Pittsburgh, Pennsylvania, 11. November 2012
Ein Beamter aus Pittsburgh, Pennsylvania schoss während einer Verkehrskontrolle fünfmal auf Leon Ford, als Ford losfuhr. Später musste sich Ford für zwei Fälle schweren tätlichen Angriffs verantworten und wurde freigesprochen. Seither ist er Aktivist gegen Polizeigewalt."Ich bin dankbar, dass ich meine Stimme für alle erheben kann, die nicht für sich selbst sprechen können."
Lebensrettende Reformen
Die Zahl der Polizeischießereien sinkt
Dieser Trend lässt sich auf eine Handvoll große Polizeibehörden zurückführen, die Reformen durchgeführt haben, darunter Philadelphia, Chicago und Las Vegas. Tatsächlich hatten sieben der zehn Städte, in denen Polizeischießereien am drastischsten reduziert wurden, eine Sache gemeinsam: die Intervention der US-Bundesregierung.In Städten, die freiwillig die vom Justizministerium empfohlenen Reformen umsetzten, gab es im ersten Jahr 32 Prozent weniger Fälle polizeilichen Schusswaffengebrauchs. Es gibt auch Städte, die durch bindende Vereinbarungen mit dem Justizministerium gezwungen waren, Reformen durchzuführen (darunter seit 2017 Baltimore). In diesen Städten gingen die Polizeischießereien im ersten Jahr um 25 Prozent zurück. Nach der Erschießung von Laquan McDonald schossen Polizisten in Chicago nur noch halb so häufig, denn im Fall McDonald hatte das Justizministerium ermittelt und daraufhin ein Reformpaket empfohlen.
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Kontrolle durch die US-Bundesregierung reduziert Vorfälle mit Schusswaffengebrauch
Die Lösungen mögen sich von Stadt zu Stadt unterscheiden, doch viele sehen gleich aus: unabhängige, mit Zivilisten besetzte Überprüfungskommissionen, bessere Ausbildung der Beamten, und neue Richtlinien zur Gewaltanwendung, die den Stellenwert der Deeskalation und den Wert eines jeden Menschenlebens betonen.Trotz dieser beachtlichen Erfolge hat Justizminister Sessions nun angekündigt, seine Behörde werde in Zukunft von diesen Reformen "abkehren". Das COPS Office, das Davis ehemals leitete, musste seine Kontrollfunktion einstellen. Sessions zufolge soll die Bundesregierung sich nicht in die Angelegenheiten lokaler Polizeibehörden einmischen. Laut Davis grenzt dieser Ansatz an "Inkompetenz" und "Amtsmissbrauch"."Ich halte das für gefährlich", sagt Davis. "Nicht nur ist diese Reaktion eine ideologische, sie stützt sich auf keinerlei Forschung und ignoriert Fakten."Ein Sprecher für das US-Justizministerium lehnte es ab, einen offiziellen Kommentar abzugeben oder ein Interview mit Beamten des Ministeriums zu vermitteln.
Credits Autoren: Rob Arthur, Taylor Dolven, Keegan Hamilton, Allison McCann
Videoproduktion: Kathleen Caulderwood
Zusätzliche Recherche und Berichterstattung: Morgan Conley, Josh Marcus, Diamond Naga Siu
Zusätzliche Recherche: Adam Arthur, Dylan Sandifer
Übersetzung: Ruby Morrigan
Illustrationen: Xia Gordon
Design: Leslie Xia
Grafiken: Allison McCannFolge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.
Für Menschen, die von Polizeikugeln getroffen wurden und es überlebt haben, können Reformen nicht schnell genug kommen. Akademiker, Polizeibehörden und Politiker diskutieren über Regierungsinterventionen und bessere Ausbildung für Polizisten, doch die Überlebenden wissen, dass es jederzeit wieder jemanden treffen könnte. Manche von ihnen leben in Angst, dass sie selbst ein weiteres Mal zum Ziel werden könnten.Ishmael Gough, ein 27 Jahre alter Schwarzer aus Louisville im Bundesstaat Kentucky wurde 2012 von einem Polizisten angeschossen, der betrunken und außer Dienst war. Gough war unbewaffnet. Die Kugel ging durch sein Bein, die Verletzung schmerzt heute noch bei kaltem Wetter. Seinen Job als Sicherheitsbeamter verlor Gough, die Arztrechnungen stapeln sich. Er beschreibt sein Leben vor dem Vorfall als "ganz normal". Wie viele Überlebende, mit denen VICE News sprach, hat er heute Angst, auf die Straße zu gehen. "Ich mache mir Sorgen, schaue ständig hinter mich und denke, dass was Schlimmes passieren wird."Doch wie andere, die nun aktiv werden im Kampf gegen Polizeigewalt, will auch Gough die Situation nicht länger hinnehmen. "Ich will das Ganze hinter mir lassen, aber ich kann nicht aufhören zu kämpfen", sagt Gough. "Ich wurde völlig grundlos angeschossen. Es darf nicht sein, dass das jedem passieren könnte. Wir müssen etwas unternehmen, damit es so nicht weitergehen kann.""Ich will das Ganze hinter mir lassen, aber ich kann nicht aufhören zu kämpfen."
Credits Autoren: Rob Arthur, Taylor Dolven, Keegan Hamilton, Allison McCann
Videoproduktion: Kathleen Caulderwood
Zusätzliche Recherche und Berichterstattung: Morgan Conley, Josh Marcus, Diamond Naga Siu
Zusätzliche Recherche: Adam Arthur, Dylan Sandifer
Übersetzung: Ruby Morrigan
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