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Bundestagswahl 2017

Warum Die PARTEI der wahre Sieger der Bundestagswahl ist

Pluspunkt: Sie sind im Gegensatz zur AfD nicht unfreiwillig komisch.
Foto: imago | Ralph Peters

Um eine Sache direkt klarzustellen: Die Bundestagswahl 2017 hat wenig Grund zum Lachen gegeben. Schließlich zog die AfD absolut unüberraschend und trotzdem schockierend mit 12,6 Prozent in den Bundestag ein. Die beiden Volksparteien mussten ordentlich Federn lassen und waren schon am Wahlabend damit beschäftigt, so ziemlich jeden außer sich selbst für die schlechtesten Ergebnisse seit 1949 (Union) oder immer (SPD) verantwortlich zu machen.

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Dass es viele Menschen gibt, die mit dem Status quo nicht einverstanden sind und sich einen politischen Wechsel wünschen, ist legitim. Der eigenen Unzufriedenheit auf dem Wahlzettel Ausdruck zu verleihen, ist wiederum nur moralisch legitim, wenn es nicht dazu führt, dass man seine Kreuzchen bei Rechtsradikalen macht. Es gibt nämlich viele Arten des politischen Protests – und für mehr Menschen als je zuvor fühlte es sich richtig an, ihr Schicksal (oder zumindest ihre Stimme) in die Hände einer Satire-Partei zu legen. Trotz oder vielleicht auch gerade weil sich Medien wie die taz so deutlich dagegen aussprachen, seine Stimme derart zu verschenken.

Rund eine halbe Million Menschen gaben der Partei Die PARTEI ihre Zweitstimme und sahen somit Ex-Titanic-Chef Martin Sonneborn und Co. als befähigter an, das Land zu führen, als Martin Schulz, Angela Merkel oder Christian Lindner. Das entspricht rund einem Prozent, die Satire-Partei konnte ihren Wert von der Bundestagswahl 2013 (0,2 Prozent) also verfünffachen. Das reicht natürlich nicht, um in den Bundestag einzuziehen, ist aber trotzdem beachtlich und bedeutet, dass die PARTEI in Zukunft noch deutlich höhere staatliche Zuschüsse bekommt, die sie etwa nutzen kann, um AfD-Accounts zu infiltrieren. Oder, um es mit den Worten Sonneborns zu sagen:

Kabarettist Serdar Somuncu holte als Direktkandidat für seinen Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sogar ganze 7,2 Prozent und ließ damit unter anderem auch die Kandidatinnen der AfD (6,1 Prozent) und der FDP (3,1 Prozent) deutlich hinter sich. Insgesamt schnitten die Satiriker in der deutschen Hauptstadt ausgesprochen gut ab. Bei den Erststimmen verbesserte sich die Partei im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 von 0,9 auf 2,9 Prozent und holte damit immerhin mehr als halb so viele Stimmen wie die FDP. Die Zweitstimmen verdoppelten sich nahezu auf 2,1 Prozent.

Steht uns nun also in nicht mehr allzuferner Zukunft die Machtübernahme der PARTEI bevor, wie es manche Anhänger auf Twitter schon vorrechneten?

Wahrscheinlich nicht. Wenn das bei der AfD und ihrer Selbstzerfleischung so weiter geht, würde es uns aber auch nicht überraschen, wenn Sonneborn und Co. bei der nächsten Bundestagswahl über den besorgten Neurechten stehen. Damit könnten dann wahrscheinlich auch die Kritiker der Satire-Partei leben.

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