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Drogen

Der Alltag einer erfolgreichen Cannabis-Dealerin: "Ich bin stolz darauf, was ich erreicht habe"

Queen C erklärt uns, wie sie sich von einer kleinen Teilzeit-Dealerin zur Marihuana-Großhändlerin hochgearbeitet hat – und wie sich das Geschäft auf ihren Alltag auswirkt.
Symbolfoto: Showtime

Als ich Queen Cs Wohnung im New Yorker Stadtteil Harlem betrete, bin ich ziemlich überrascht. Normalerweise können sich Menschen Ende 20 in der US-Metropole nur eine Bleibe in der Größe einer Schuhschachtel leisten, aber hier gibt es neben vier Schlafzimmern noch ein riesiges Wohnzimmer und eine offene Küche. OK, Queen C vermietet ein paar der Zimmer, um ihre Kosten zu drücken, aber sie könnte sich die Wohnung auch locker alleine leisten. Woher die 26-Jährige das Geld dafür hat? Sie versorgt den US-Bundesstaat New York mit Cannabis.

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Ihre Ware bezieht Queen C aus Kalifornien. Das Gras wird in Lieferungen von 45 bis 180 Kilogramm quer durch die USA gekarrt und in New York von der Unternehmerin an örtliche Dealer verteilt. So ist Queen C in den vergangenen acht Jahren zur Millionärin geworden. Als Frau und "zierliche Asiatin" hat sie laut eigener Aussage mehr Erfolg, sie wirke vertrauenswürdiger als die männliche Konkurrenz. Aber natürlich weiß sie, dass das, was sie tut, auch Schattenseiten hat.


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VICE: Was hat es mit deinem Spitznamen auf sich?
Queen C: Queen C ist mehr als nur ein Spitzname. Queen C ist meine Rolle, in der ich als toughe Frau Grenzen pushe und den illegalen Marihuana-Markt dominiere. Der Name geht zurück auf einen meiner Kunden, der mich immer als "Queen Pin" bezeichnete [Anm. d. Red.: eine Anspielung auf "Kingpin", eine englische Bezeichnung für einen Verbrecherboss]. Das C ist der Anfangsbuchstabe meines richtigen Vornamens, steht aber auch für Cannabis.

Wie bist du dazu gekommen, Gras zu verkaufen?
Als ich vor acht Jahren nach New York zog, war es richtig ätzend, Weed zu kaufen. Ich hatte immer mit zwielichtigen Typen zu tun, die für wenig Cannabis viel Geld verlangten – und damit durchkamen, weil die Nachfrage so groß war. Ich hatte aber keine Lust mehr darauf, mich über den Tisch ziehen zu lassen und bei jedem Kauf ein ungutes Gefühl zu haben. Also fing ich über meinen damals besten Freund selbst damit an, Gras in meinem Bekanntenkreis zu verkaufen. So verdiente ich etwas dazu und konnte selbst umsonst kiffen.

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Ich weiß noch genau, wie ich meinem Mitbewohner erklärte, wie ich mich an die Spitze der Gras-Versorgungskette arbeiten würde. Durch Kontakte lernte ich dann einen Anbauer in Kalifornien kennen. Das änderte alles. So konnte ich ein Verkaufsumfeld aufbauen, in dem sich die Kunden wohlfühlen und auch noch die besten Deals bekommen. Und nebenbei entwickelte sich der Grasverkauf vom Neben- zum Vollzeitjob.

Ich traf mich mal mit einem guten Freund zu einer Geldübergabe, es ging um 200.000 Dollar. Weil er finanzielle Probleme hatte, raubte er mich aus.

Wie genau ziehst du dein Geschäft auf?
Mein Ziel ist es, hochwertiges Marihuana und andere Cannabis-Produkte zu unschlagbaren Preisen anzubieten. Dafür fliege ich regelmäßig nach Kalifornien, um die Pflanzen bei den Züchtern auszusuchen. Dank meiner großen Kaufkraft kriege ich immer einen guten Deal. Die Ware wird dann nach New York transportiert und dort vertrieben. Ich trete dabei vor allem als eine Art Großhändlerin für die Dealer auf. Meine Kunden teilen mir regelmäßig mit, was sie wann brauchen. Wenn mein Vorrat zur Neige geht, fliege ich wieder nach Kalifornien und der Kreislauf beginnt von Neuem.

Warst du schon mal nah dran, mit deinem Geschäft aufzufliegen?
Nein, ich bin immer sehr vorsichtig. Als zierliche Asiatin habe ich da meiner Meinung nach sowieso Vorteile. Die meisten meiner Kunden sind Musiker, Schauspieler, Tänzerinnen oder Stuntleute, zu denen ich engen Kontakt pflege.

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Was war die unangenehmste Situation, in die du wegen deiner Tätigkeit gekommen bist?
Ich traf mich mal mit einem guten Freund, den ich schon drei Jahre lang kannte, zu einer Geldübergabe, es ging um 200.000 Dollar. Weil er finanzielle Probleme hatte, raubte er mich aus. Weil ich früher schon öfter mit ihm Geschäfte gemacht hatte, kam das für mich völlig überraschend. Er war wie ein Bruder für mich gewesen, aber Geld verändert einen.

Als Frau werde ich im Marihuana-Business häufig unterschätzt. Das finde ich aber OK, weil ich die Leute gerne vom Gegenteil überzeugen.

Welche Vorteile hast du als Frau in diesem Business?
Vertrauen ist das A und O. Als Frau wirke ich zugänglicher. Dadurch kann ich mich viel besser vernetzen. Meine Kunden erzählten mir früher immer von anderen Dealern, denen ich dann ein Treffen vorschlug, um übers Geschäft zu reden. Viele dieser Dealer sagten später, dass sie sich wohl nicht mit mir getroffen hätten, wenn ich keine Frau wäre – und dass sie überrascht waren, weil ich ihnen bessere Deals vorschlagen konnte. So war es mir möglich, mein Geschäft Stück für Stück auszubauen.

Gibt es auch Nachteile?
Beim Einkauf hatte ich manchmal Probleme – wenn die Anbauer davon ausgingen, dass ich nicht mit Zahlen umgehen könne und nicht wisse, was gutes Gras ausmacht. Deswegen wollten sie mir ein durchschnittliches Produkt für einen viel zu hohen Preis verkaufen. Je mehr ich kaufen konnte, desto ernster nahmen sie mich dann – mit Geld geht eben alles. Als Frau werde ich im Marihuana-Business häufig unterschätzt. Das finde ich aber OK, weil ich die Leute gerne vom Gegenteil überzeuge.

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In den USA wird Marihuana in immer mehr Bundesstaaten legalisiert. Wir wirkt sich das auf dein Geschäft aus?
Das wirkt sich schon auf die Angebotskurve hier in New York aus, durch die größere Verfügbarkeit geht der Preis nach unten. So verdiene ich theoretisch weniger, aber das kann ich durch den Verkauf in verschiedenen Bereichen wieder wettmachen. Man muss sich einfach anpassen.

Ich kann aus neuen Cannabis-Produkten, die auf den Markt kommen, Kapital schlagen – zum Beispiel aus Ölen und Esswaren. Ich erweitere ständig meine Palette, um am Ball zu bleiben. Und selbst wenn Marihuana hier in New York irgendwann legal wird, mache ich mir keine Sorgen, denn beim Dealer vor Ort bleibt es trotzdem günstiger.

Meine Verwandten denken alle, ich arbeite für ein Pharma-Unternehmen.

Wie offen gehst du damit um, dass du mit Marihuana dealst?
Ich halte meinen Job geheim. Deswegen habe ich mich auch etwas von meiner Familie entfremdet. Meine Verwandten denken, ich arbeite für ein Pharma-Unternehmen. Auch meine Freunde sind nicht alle eingeweiht. Ich kann in der Öffentlichkeit quasi nicht ich selbst sein.

Mein geheimes Business ist inzwischen ein so großer Teil meines Lebens geworden, dass ich nicht mehr abschalten kann. Manchmal frage ich mich, ob Queen C nur eine Fassade oder doch mein wirkliches inneres Ich ist. Ich freue mich schon darauf, mich selbst besser kennenzulernen, wenn ich mit der ganzen Geheimniskrämerei durch bin.

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Wie lange willst du mit dem Marihuana-Handel noch weitermachen? Und was hast du für danach geplant?
Nicht mehr so lange. Mit Anfang 20 hat mir dieses Doppelleben noch Spaß gemacht, aber inzwischen sind andere Dinge wichtiger geworden. Nach acht Jahren bin ich bereit dafür, mich in eine neue Richtung zu orientieren.

Wieder zu studieren, wäre zum Beispiel ein guter Anfang. Finanzielle Sorgen muss ich mir keine mehr machen, mir stehen alle Türen offen. Ich bin sehr zielstrebig, ich werde mich überall durchsetzen.

Bist du stolz auf das, was du erreicht hast?
Auf jeden Fall. Ich habe als kleine Teilzeit-Dealerin angefangen und mich zur Großhändlerin hochgearbeitet. In anderen Worten: Ich habe ein erfolgreiches Geschäft aufgezogen und mich dabei auch nicht von den Steinen aufhalten lassen, die mir als Frau in den Weg gelegt wurden.

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