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Die NPD findet vor Gericht Schützenhilfe von der AfD

Einem habilitierten Politikwissenschaftler, der sich für ein NPD-Verbot ausspricht, das Maul verbieten? Klar, man hilft sich doch brüderlich, wo man nur kann.

Foto: imago | Christian Schroedter

Die AfD hadert mit sich selbst. Sie weiß nicht, wie genau ihr eigenes rechtes Politprofil aussehen soll. Rechts und rechtskonservativ will man auf jeden Fall sein, so viel ist klar. Rechts von der CDU will man sich verortet wissen, nur wie weit weg davon soll das gehen? Die innerparteilichen Lager sind mehrfach gespalten, die Stammesführerin Frauke Petry mahnte bereits öffentlich ihre Schäfchen, dass sich die AfD endlich entscheiden müsse, ob man "eine konservativ-liberale oder eine nationalkonservativ-soziale Partei" sein wolle. Schwierig. Nur eins wird immer wieder beteuert: So wie die NPD, die gemeinsame Wahlplakate von sich und der AfD druckt, möchte man nicht sein. Mit denen will man offiziell nichts zu tun haben und doch spielen sich in der Realität beide Parteien gegenseitig in die Hände, denn ideologisch scheint man dann wohl doch nicht so weit von einander entfernt zu sein.

Dies musste jetzt Dr. Steffen Kailitz, habilitierter Politikwissenschaftler am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung in Dresden, am eigenen Leib erfahren, als ihm jüngst die NPD mit Hilfe der AfD den Mund verboten hat. Kailitz ist nicht nur Wissenschaftler, sondern auch einer der vom Bundesverfassungsgericht geladenen Sachverständigen im NPD-Verbotsverfahren. Außerdem schreibt er für die Zeit. In dem Artikel „Ausgrenzen, bitte" macht er sich für das Verbotsverfahren der rechtsextremen Partei stark und schreibt u.a.:

Die NPD fordert ihre Anhänger dazu auf, die Gefolgschaft gegenüber den Gesetzen und den Staatsorganen Deutschlands aufzukündigen und "Widerstand" zu leisten, weil die "Vaterlandsverräter" der etablierten Parteien durch einen bewusst herbeigeführten "Ausländerzustrom" das deutsche Volk vernichten wollten. (…)
Unmissverständlich plant sie rassistisch motivierte Staatsverbrechen. Sie will acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben, darunter mehrere Millionen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Erst durch die Vertreibung aller ethnischen Nichtdeutschen entsteht aus Sicht der NPD die herbeigesehnte "nationale und soziale Volksgemeinschaft".
Die Zeit –Ausgrenzen, bitte

Kailitz beruft sich auf seine Forschungsergebnisse und zitiert nach dem Parteiprogramm der NPD; doch verständlicherweise war die rechtsextreme Partei über diesen Artikel angepisst und zog vor Gericht. Man hoffte auf einen wohlgesonnenen Richter mit dem richtigen Blick auf die Dinge. Mit Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden und in der sächsischen AfD aktiv, hätte es die NPD kaum besser treffen können.

Wie der Jurist und Journalist Maximilian Steinbeis auf seinem Verfassungsblog berichtet, habe Kailitz in dem Verfahren von Richter Maier nicht einmal die Gelegenheit bekommen, sich zu äußern, da Maier fand, die Sache sei so dringlich, dass sie ohne mündliche Verhandlung entschieden werden müsse. Das Urteil: Bei Androhung von bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld oder sechs Monaten Ordnungshaft darf Kailitz nicht mehr öffentlich behaupten, die NPD plane "rassistische Staatsverbrechen" und wolle "acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben, darunter mehrere Millionen deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund". Zudem müsse Kailitz auch noch die Kosten des Verfahrens tragen: Der Streitwert wurde von Richter Maier auf 10.000 Euro festgesetzt.

Diesen Erfolg feiert die NPD auf ihrer Homepage natürlich ab. Unter dem Titel "Dresdener Politikwissenschaftler Kailitz in die Schranken gewiesen" meldet sich auch der NPD-Parteivorsitzende Frank Franz zu Wort: "Es bleibt zu hoffen, dass diese Entscheidung aus Dresden ein Warnschuss vor den Bug für alle diejenigen sein wird, die leichtfertige Behauptungen über unsere Partei in die Welt setzen".

Mit Warnschüssen kennt die AfD sich ja ohnehin gut aus.