Den Job eines nordkoreanischen Botschafters stellt man sich nicht gerade spannend vor, schließlich gilt das Land als politisch isoliert, und allzu viele Visa-Anträge dürfte es auch nicht zu bearbeiten geben. Am 8. April jedoch wurde gefeiert, in der Berliner Glickastraße. Anlässlich des "Tages der Sonne, dem 104. Geburtstag des großen Führers Genossen Kim Il-sung" gratulierte eine Gruppe von Deutschen dem Botschafter Ri Si Hong und gelobte, "immer fest an der Seite der gerechten Sache des koreanischen Volkes" stehen zu wollen. Die illustren Gäste waren Aktivisten der "Antiimperialistischen Plattform" (AIP) um Michael Koth, und die kommen ungefähr einmal im Monat vorbei. Koth gehört zu den dienstältesten Querfrontlern Deutschlands, er versuchte schon, links und rechts zu vereinen, als Jürgen Elsässer noch ein langhaariger Schullehrer war.
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Ein gelernter Sektierer
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Betrachtet man die politische Biografie des Exzentrikers Koth, dann erscheint es beinahe unvermeidlich, dass er sich auch mit den Genossen aus der Ex-DDR schnell überwerfen musste. Mitte der 1990er Jahre verließ er die KPD wieder und knallte dabei vermutlich mit der Tür. Ein Revolutionär dieses Formats kann jedoch nicht lange ungebunden bleiben; er braucht eine Splittergruppe, die ihm treu ergeben ist, und einen Bruderstaat, am besten einen möglichst weit entfernten, der irgendwie exotisch und gefährlich wirkt. Das Ende des Kalten Krieges hatte die Auswahl an potenziellen Partnern zwar erheblich reduziert, doch davon ließ sich Koth nicht erschüttern und gründete 1995 die "Partei der Arbeit Deutschland" (PdAD). Mit dieser neuen Gruppe suchte er nun aktiv die Nähe des nordkoreanischen Regimes—aber gleichzeitig auch die von deutschen Neonazis.1998 meldete die NPD-Zeitung Deutsche Stimme, dass eine Delegation der NPD gemeinsam mit dem PdAD-Chef Michael Koth vom nordkoreanischen Botschafter Ri San Yu in Berlin empfangen worden sei. In ideologischer Hinsicht berief sich Koth inzwischen nicht mehr nur auf den Marxismus-Leninismus, sondern auch auf Nationalbolschewisten der Weimarer Republik wie Ernst Niekisch oder die Strasser-Brüder. Hinzu kam nun allerdings auch die von Kim Il-sung begründete "Juche"-Ideologie, die offizielle Staatsdoktrin der Demokratischen Volksrepublik Koreas. Diese Weltanschauung ist im Wesentlichen ein oberflächlich marxistisch verbrämter Ultranationalismus, mit dem die Abschottung des Landes begründet wird. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Juche-Ideologie außerdem zu einer Art Rassenlehre entwickelt.
Kamerad, grüß mir die Sonne
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Ende der 1990er veröffentlichte Koth einige Artikel in der rechten Zeitschrift Sleipnir, die seinerzeit von Peter Töpfer mitherausgegeben wurde. Töpfer bezeichnete sich selbst als "Nationalanarchisten". Diese Mini-Strömung am Rande der Neonaziszene fand allerdings kaum Anklang. Töpfer verbreitete seine Ideen, die stark von dem britischen Schriftsteller Troy Southgate beeinflusst waren, vor allem über Websites wie nationale-anarchie.de oder querfront.de. Dabei versuchte er, an linke Globalisierungskritik anzuknüpfen und diese in völkischen "Ethnopluralismus" zu verdrehen. Er forderte also ein Nebeneinander homogener Volksgemeinschaften, ähnlich wie die heutige Neue Rechte. Eine Gruppe um Töpfer organisierte Anfang der 2000er mehrere "Querfront-Treffen", an mindestens einem nahm neben diversen Neonazis auch der Anarcho und Altpunk Karl Nagel teil.Michael Koth scheiterte unterdessen mit der PdAD und baute daraufhin mit dem Neonazi-Aktivisten Thomas Brehl den "Kampfbund deutscher Sozialisten" (KdS) auf. Brehl war in den 1980ern in diversen Wehrsportgruppen aktiv gewesen und hatte nicht zuletzt zusammen mit Michael Kühnen und Christian Worch die nationalsozialistische "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" angeführt, die zerbrach, nachdem Kühnens Homosexualität in der Neonaziszene bekannt geworden war. Mit dem KdS verfolgten Koth und Brehl nun gezielt die Strategie, linke und rechte Extremisten zusammenzubringen. Verbindend wirken sollten radikaler Antiamerikanismus und Antizionismus, und irgendwie auch die Juche-Ideologie. Das allgemeine Interesse an diesem Projekt hielt sich aber in Grenzen, das Grüppchen dümpelte eine Weile vor sich hin und wurde 2008 aufgelöst.
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Comeback in Rot-Braun
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Endlich: eine politische Heimat
Screenshot von der Website der "Antiimperialistischen Plattform"Darin dürfte letztlich auch der Zweck der Kooperation mit einer politisch bedeutungslosen Gruppierung in Deutschland liegen: Das Propaganda-Universum Pjöngjangs inszeniert für sein heimisches Publikum die Existenz einer Internationale aus Verbündeten im Kampf "gegen den US-Imperialismus, Hort des Bösen und Geißel der Menschheit" und nutzt dafür Gruppen im Ausland als Referenzen. Im Gegenzug klopft man den Darstellern ein wenig auf die Schulter und gibt ihnen das Gefühl, irgendwo hinter dem Horizont gäbe es jemanden, der sich für all das interessiert, was sie in ihrer Freizeit so tun.(Leider waren weder Michael Koth noch die Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Korea für ein Interview zu erreichen.)