Die Fußball-Eskalation auf der Ottakringer Straße in Bildern
Alle Fotos von Christopher Glanzl

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Die Fußball-Eskalation auf der Ottakringer Straße in Bildern

Leuchtfackeln, "Hitlergrüße" und hundert Polizeibeamte: Nach dem Halbfinal-Einzug der Kroaten war die Ottakringer Straße mehr Tatort als Siegesfeier.

Wenn ein Kroatien-Fußballspiel ansteht, ist die Ottakringer Straße traditionell der Ort in Wien, an dem man die meisten Fans findet. Dass die kroatischen Fans lautstark feiern können, haben sie auch am vergangenen Samstag nach dem Einzug ins WM-Halbfinale wieder bewiesen. Aber während die Gruppenspiel-Siege der Kroaten auf der Ottakringer Straße friedlich zelebriert wurden, sind dieses Mal einige "Fans" ziemlich über das Ziel hinausgeschossen.

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Mit insgesamt sechs Verletzten, drei Anzeigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und einem Polizeiaufgebot von mehr als 100 Einsatzkräften war die Ottakringer Straße am Samstagabend mehr Tatort als Siegesfeier. Die Beamten und Beamtinnen sind dabei laut der Polizei Wien "laufend mit pyrotechnischen Gegenständen, Glasflaschen und weiteren Utensilien beworfen" worden. Vier Beamte wurden dabei verletzt und einer musste sogar ins Krankenhaus gebracht werden. Zwei Frauen sind in der Hitze des Gefechts ebenfalls schwer verletzt worden – einer droht der Gehörverlust auf einem Ohr, die andere könnte die Sehfähigkeit auf ihrem Auge verlieren.

Ein Augenzeuge sagt uns dazu: "Nachdem es Verletzungen von Auge und Ohr waren, glaube ich, dass es Böller waren." Er hätte aber von dem großen Polizei-Aufgebot kaum etwas gemerkt. "Von Gewalt habe ich Null mitbekommen", meint er. Laut ihm seien die Polizisten nur ein bisschen früher gekommen als sonst und hätten die Straße gesperrt.

Laut Polizei-Pressesprecher Patrick Maierhofer hat die Wiener Polizei diese Ausschreitungen überhaupt nicht erwartet: "Beim ersten Gruppenspiel von Kroatien haben wir eigentlich ganz gute Erfahrungen gemacht, es wurde immer sehr friedlich gefeiert", sagt er. "Wir sind dementsprechend überrascht worden, als es dann am Samstag zu diesen Ausschreitungen gekommen ist."

Zu Beginn des Abends waren daher auch nur 60 bis 70 Einsatzkräfte in der Ottakringer Straße anwesend. Nachdem jedoch die ersten Böller und Glasflaschen auf die Beamten und Beamtinnen geworfen wurden und die Menschenmassen den Verkehr behindert haben, forderte die Polizei vor Ort Verstärkung an. "Das war ganz einfach notwendig, um weitere Verletzungen zu vermeiden. Wir haben insgesamt sechs verletzte Personen und das ist für eine Feier nach einem Fußballspiel sehr viel", erklärt Maierhofer. Aus diesem Grund wappnet sich die Wiener Polizei schon für das nächste Spiel, bei dem mindestens genau so viele Einsatzkräfte vor Ort sein sollen, wie letztes Mal.

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Leuchtfackeln und Kroatien-Fahnen waren am Samstag aber nicht das Einzige, das in die Luft gestreckt worden ist. Auf einigen Fotos sieht man, wie Fans den Arm zum "Hitlergruß" erheben. Anhänger der faschistischen Ustaša, die in Österreich keineswegs unbekannt ist, waren beim Public-Viewing auf der Ottakringer Straße ebenfalls vertreten. Vereinzelt schwenkten Fans die für die Gruppe typische kroatische Fahne mit dem schwarzen "U" in der linken Ecke.

In den Berichten der Einsatzkräfte ist zu diesen Vorfällen aber nichts zu finden. Die Polizei nimmt die Aussagen der Augenzeuginnen und Zeugen und Fotos trotzdem ernst: "Der Verfassungsschutz wurde bereits in Kenntnis gesetzt und es wird überprüft, inwieweit hier ein Strafbestand laut Verbotsgesetz besteht."

Ein beliebter Ort für Public-Viewing auf der Ottakringer Straße ist die unter anderem die Face Lounge. Der Lokalbesitzer habe die Vorfälle schon geahnt, wie er auf Nachfrage erzählt: "Wenn Kroatien spielt, ist es immer das Gleiche auf der Ottakringer Straße, egal ob wir gewinnen oder verlieren. Das habe ich der Polizei vor dem Match auch gesagt. Sie meinten noch, sie glauben nicht, dass man die Straße sperren muss und ich habe gesagt: Was wetten wir, dass ihr es tun müsst."

Als langjähriger Lokalbesitzer im 16. Bezirk weiß er, dass die Kroatien-Fans die Spiele ihrer Mannschaft nicht auf die leichte Schulter nehmen. In der Face Lounge sind aber meistens die ruhigeren Fußball-Genießer vertreten. Sie kommen im Kroatien-Dress, trinken ein paar Bier, schauen das Match und gehen dann nach Hause. "Vor meinem Lokal ist es Gott sein Dank noch nie wirklich eskaliert, aber von anderen Lokalen hab ich schon gehört, dass es ziemlich zugegangen ist." Er erwartet auch für das nächste Spiel eine ähnliche Stimmung – immerhin geht es am Mittwoch um den Einzug in das WM-Finale.

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