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Boulevard

Wie "der IS" Wien mit Stockphotos und Google-Bildern droht

Das "Schock-Plakat" stamme nicht von einer offiziellen "IS"-Medienstelle, erklärt ein Beobachter dschihadistischer Netzaktivitäten. Den Boulevard scheint das aber nicht groß zu stören.
Screenshots via krone.at, heute.at und oe24.at

Die Webauftritte der österreichischen Boulevardmedien Kronen Zeitung, Heute und Österreich titeln am Donnerstag mit einem "Schock-Plakat des IS": Die Terrormiliz drohe Wien nun offen mit Terroranschlägen in der Weihnachtszeit, heißt es in den Meldungen. Zu sehen ist ein blutiges Messer, sowie die festlich-geschmückte Wiener Luxusstraße Kohlmarkt.

Schon am Mittwoch ging die Meldung samt "Schock-Plakat" durch die britische Yellow Press, Medien wie DailyMail oder Metro.uk berichteten darüber. Krone.at, heute.at und oe24.at konnten die Meldung dann bequem übernehmen. Die Folge ist klar: Aufregung und Entrüstung bei Usern und der Leserschaft in den sozialen Netzwerken.

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Dass der "IS" damit konkrete Anschlagspläne auf die österreichische Hauptstadt ankündigt, darf jedoch bezweifelt werden. Ein Insider und genauer Beobachter von dschihadistischen Aktivitäten im Netz, der anonym bleiben möchte, meint gegenüber VICE: "Die Bilder stammen nicht von einer offiziellen 'IS'-Medienstelle, sondern von einem Aktivisten, der sich 'Dr. Almani' (Anm. d. Red.: 'Dr. Deutscher') nennt." Dementsprechend billig seien die Plakate auch gestaltet. Das "Schock-Plakat" zu Wien ist etwa die simple Collage eines ergoogelten APA-Bildes mit einem Stockphoto.

Tatsächlich tauchten bereits Mitte November "offizielle" Sujets der "IS"-Propagandastelle "Wafa" im Internet auf. Dabei handelte es sich um hochwertigere, animierte Drohbilder gegen den Petersplatz in Rom beziehungsweise den Papst. Nach und nach folgten weitere Plakate zu westlichen Städten, die gleichzeitig immer unprofessioneller aussahen. Der sogenannte IS ist im Irak und Syrien militärisch so gut wie besiegt. Den verbliebenen Strukturen ist es natürlich mehr als willkommen, dass die Propaganda durch einzelne Netzaktivisten weiterhin am Leben erhalten wird – vor allem in einer so symbolträchtigen und emotional aufgeladenen Zeit wie dem Advent.

Das Ziel der Drohbilder ist es aber wohl eher nicht, konkrete Terrorpläne preiszugeben, wie es der österreichische Boulevard suggeriert, sondern vor allem eines: Panik und Unbehagen in der Bevölkerung "westlicher" Länder zu erzeugen. Wie gut das bereits funktioniert, zeigte zuletzt etwa eine Massenpanik in London. Gleichzeitig ist es natürlich nicht auszuschließen, mit den Sujets radikalisierte und möglicherweise "willige" Einzeltäter zu erreichen. Beide Strategien funktionieren wohl am besten, wenn die plumpe Propaganda von den Massenmedien wiedergekäut wird, wie das nun – nicht zum ersten Mal – passiert ist.

Das inzwischen gelöschte Twitterprofil eines "IS"-Netzaktivisten, der für die Sujets verantwortlich sein soll

Thomas auf Twitter: @t_moonshine

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