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Brandstiftung

Extremisten bekennen sich zu Anschlag auf Berliner Stromnetz

Die Gruppe hat einen seltsamen Namen. Aber ihr eigentliches Ziel dürfte sie nicht erreicht haben.
Symbolfoto: imago | Olaf Wagner

In Berlin ist am Montag mal wieder ein Vulkan ausgebrochen, zumindest wenn es nach der Gruppe geht, die behauptet, in der Hauptstadt mehrere Stromkabel und Datenleitungen angezündet zu haben. Nach einem Kabelbrand in einem Schacht unter der Berliner Mörschbrücke waren am Montag 6.500 Charlottenburger Haushalte und 400 Gewerbebetriebe stundenlang ohne Strom. Noch am Nachmittag veröffentlichte eine bis dahin unbekannte Gruppe ein Bekennerschreiben, das sich über Indymedia verbreitete. Die Absender nennen sich "Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreißen".

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"Wir haben heute ein paar wichtige Netzwerkverbindungen gekappt und dadurch den Zugriff auf unser Leben unterbrochen – ein bescheidener Beitrag, einen Moment unkontrollierten Lebens zu schaffen", heißt es in dem Schreiben. Man habe die Kabel gezielt ausgewählt, um Militär, Bundespolizei, Bundesregierung, Unternehmen, Internet-Anbieter wie BASE, Level 3, Globalmetro Networks, LIT und COLT, den Flughafen Tegel und andere zu treffen. Woher die Urheber des Schreibens über diese Informationen verfügen, ließen sie offen. Außerdem schreibt die Gruppe, sie habe darauf geachtet, keine Menschen zu gefährden, aber auch: "Der hoffentlich hohe wirtschaftliche Schaden ist uns eine Freude!"


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Der erste Notruf ging am Montag um 12:53 Uhr bei der Berliner Feuerwehr ein, insgesamt brannten acht 10.000-Volt-Kabel. Weil dabei auch die Reservekabel beschädigt wurden, sagte ein Sprecher von Stromnetz Berlin, man erwarte längere Reparaturzeiten. Erst um 20:30 Uhr meldete der Netzbetreiber von Vattenfall, dass alle Anschlüsse wieder am Netz seien.

Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Ob es sich tatsächlich um einen Brandanschlag handelt und ob dieser politisch motiviert war, konnte eine Polizeisprecherin am Dienstagmorgen gegenüber VICE nicht bestätigen. Der Staatsschutz prüfe noch die Echtheit des Bekennerschreibens.

Darin macht die "Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreißen" zumindest sehr detaillierte Angaben zum Feuer: "Die Brandherde lagen nicht zugänglich innerhalb der Brückenkonstruktion, abgeschirmt von 1 Meter dicken Betonwänden auf einer Höhe von mehr als zwei Metern." Sollte die Gruppe tatsächlich hinter den Brand stecken, ist fraglich, ob die Aktion aus ihrer Sicht ein Erfolg war. "Wir unterbrechen mit unserem kleinen Beitrag das reibungslose Funktionieren der Metropole. Denn solange alles funktioniert, geht die beispiellose Zerstörung der ökologischen Lebensgrundlagen unverändert weiter", hieß es in dem Schreiben. Die tatsächlichen Auswirkungen fielen abgesehen vom Stromausfall in Charlottenburg jedoch etwas weniger spektakulär aus. Laut der Flughafengesellschaft habe sich der Brand nicht auf Tegel ausgewirkt, berichtet die Berliner Morgenpost. Und auch im Regierungsviertel seien keine Probleme bekannt geworden.

Anonyme Gruppen bekennen sich öfter im Netz zu Sabotageaktionen auf Kabelleitungen. Im Juni 2017 hatte die Gruppe "Shutdown G20 – Hamburg vom Netz nehmen!" für sich reklamiert, Kabelleitungen in ganz Deutschland angezündet zu haben. Auch der Name der "Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreißen" könnte ein Verweis auf einen älteren Brandanschlag sein. 2011 bekannte sich eine Gruppe namens "Das Grollen des Eyjafjallajökull" zum Brand einer Kabelleitung am Berliner S-Bahnhof Ostkreuz, der den Zugverkehr lahmlegte und mehrere Datenkabel zerstörte. Der Eyjafjallajökull ist ein isländischer Vulkan, sein Ausbruch hatte im Jahr zuvor den Flugverkehr in Europa teils lahmgelegt.

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