Autor Juri Berger testet vor seinem Zelt Festival-Gadgets
Foto: Klara Trede
Popkultur

Ich habe auf einem Festival alle möglichen Festival-Gadgets getestet

Der Schlauch der Bierbong fasst höchstens einen halben Liter und der toxische Plastikgeschmack ist nicht besonders angenehm. Immerhin bleibt man damit nie allein: 6/10.

Stinkende Menschenmassen, die sich mit gnadenlos überteuerten Getränken die Kante geben. Abgeranzte Sanitäranlagen, die sich kaum betreten, geschweige denn benutzen lassen. Und schlechte Musik, verdammt schlechte Musik, die die restlos rotzevolle Horde aber trotzdem in einen euphorischen Zustand katapultiert. Muss man das wirklich einmal miterlebt haben?

Ich bin konzert-, camping- und trinkerprobt. Nur die Kombination von allem – ein Festival – habe ich noch nie erlebt. Ich will herausfinden, warum sich jährlich zum Beispiel 25.000 Leute zu "Sommer, Sonne, Strand" (und Saufen) beim Helene Beach Festival in Brandenburg zusammenrotten.

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Und damit das Ganze ein bisschen lustiger wird, bestelle ich mir möglichst viele Festival-Gadgets, um sie einem absolut unbestechlichen Test auf Herz und Leber zu unterziehen.

Bei der Ankunft, umgeben von solariumbraunen, lederhäutigen Körpern, zum Teil mit peinlichen Sprüche-Shirts umhüllt, wird eins direkt klar: Das erste Getränk muss schnellstmöglich her. Zum Glück habe ich vorher einen Klassiker bestellt.

Bierbong (13 €)

Jeder kennt die DIY-Variante, die ein Kollege aus ein paar hochwertigen Teilen aus dem Baumarkt zusammengeschraubt hat: Schlauch, Trichter, Ventil, mehr braucht man nicht. Wer dafür handwerklich zu unbegabt oder zu faul ist, bestellt sich einfach eine Bierbong für 13 Euro. Beim Zusammenbauen kann man nicht so viel falsch machen, beim ersten Einsatz auch nicht: Die Macht der Schwerkraft wirkt schließlich überall.

Der Schlauch ist schon ziemlich kurz, fasst höchstens einen halben Liter, und der toxische Plastikgeschmack ist nicht besonders angenehm – aber ungesünder als das Leitungswasser auf dem Festivalgelände ist es wohl kaum. Die Bong hält, was sie verspricht, und führt schnell zur Rudelbildung – andere erfreuen sich an meinem Leid. Alleine bleibt man mit dieser Bierbong nie. Eigentlich ein akzeptabler Partystarter: 6/10

Zapfhahn für Wassermelonen (22,80 €)

Das Besondere am Helene Beach ist natürlich – the name says it all – der Beach. Wegen des ganzen Mülls bleibt davon zwar nicht mehr viel, aber was soll's. Wenn dort die Sonne brennt wie verrückt, steigt natürlich der Durst. Jeder ist bereit für eine willkommene alkoholische Erfrischung. Wir präparierten frische Bowle in einer Wassermelone und wollen sie mit diesem Gadget stilecht anzapfen – so habe ich mir das zumindest bei der Beschreibung vorgestellt: "Ihre Gäste werden es Ihnen danken und Sie für Ihre Kreativität bewundern." Blöd nur, dass der Hahn sofort wackelt und kaum mehr als ein paar Tropfen preisgibt. Bewundert hat mich dafür niemand, aber ich war wenigstens kreativ genug, die Bowle in der aufgeschnittenen Melone dann mit Bechern auszuschöpfen: 0/10

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Faltbarer Wasserkanister (12 €)

Unerwartet praktisch. An den Plastik-Beigeschmack habe ich mich nach der Bierbong schon gewöhnt, und sonst ist der Kanister platzsparend und schützt vor dem Dehydrieren. Man muss auch nicht alle zehn Minuten Wasser holen gehen und kann ihn easy mitnehmen, in unserem Fall an den Strand oder zum Zähneputzen direkt am Zelt: 7/10

Klappbare Toilette (40 €)

Die blauen Dixi-Kabinen, die über das gesamte Gelände verteilt sind, sind spätestens ab 10 Uhr sicherlich keine stillen Örtchen mehr. Zeit, die Yachticon Klapptoilette zu testen! Wie genau man sie auf einem Festival rücksichtsvoll benutzt, hat schon ein werter User auf Amazon kommentiert: "Absulut geil. Tüte ran klemmen, Ei legen, Knoten in die Tüte und ab zum Nachbarn rüberschleudern. Sauber Sache.”

Sie ist quasi ein Klappstuhl, der statt einer Sitzfläche eben eine Klobrille hat. Da soll eine Plastiktüte druntergeklemmt werden (wie oben beschrieben), und der private Pott ist ready. Und nein, die Toilette hat nicht mal einen Deckel, keinen Schutz vor unerwünschten Gerüchen. Es war schon seltsam genug, damit rumzulaufen, aber um sie tatsächlich benutzen zu wollen, muss man wohl nicht mehr imstande sein, den Weg zu den normalen Klos zu gehen. Ich weiß auch nicht, wo zur Hölle es auf einem Festival einen Ort geben soll, an dem man das Ding in aller Ruhe hinstellen kann, um sich unbeobachtet zu erleichtern. Aber sie ist ein einigermaßen stylisher Mülleimer: 3/10

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Toilettenauflagen (10 Stück, 1,40 €)

Nachdem die Privattoilette ein Reinfall war, muss ich mich dann doch irgendwie zu einem der Normalo-WCs durchschlagen. Mit den Auflagen geht es dann trocken und auch ohne Zuhilfenahme von Fungizid vonstatten. Tipp: Auf jeden Fall gleich zwei oder drei Toilettenauflagen übereinanderlegen, dann wird es noch sicherer, fast schon weich und angenehm. 10/10

Sitzstock (35 €)

Nach dem achten Moshpit braucht jeder eine Pause. Wie gut, wenn man einen Sitzstock dabeihat. Ja, so was gibt es wirklich. Laut Hersteller ist er die ideale Sitzgelegenheit zum Mitnehmen, auch wenn er sperriger ist als die ganze restliche Campingausrüstung zusammen. Der Stock sieht in seiner schwarzen Lederoptik aus wie ein Folterwerkzeug und genau das ist er auch. Klappt man ihn auseinander, um sich zu setzen, multipliziert sich der Schmerz in den erschöpften Beinen nur noch. Die befremdlichen Blicke anderer Besucher tun zusätzlich und ernsthaft weh.

Anscheinend wurden solche Stöcke für die Jagd entwickelt, um auf der Pirsch Pausen einzulegen. Doch wem auch immer man auf einem Festival hinterher ist, dieses Gadget hält alle Umstehenden auf Distanz. Vielleicht sollten Veranstalter überlegen, die Dinger gratis herauszugeben, denn sie sind mit Sicherheit das wirkungsvollste Verhütungsmittel: 0/10

Sonnenschirmhut (6,40 €)

Nach ein paar kühlen Bier am Strand bin ich bereit, mich ein bisschen gehen zu lassen. Die Hitze ist weiter schwer erträglich, zum Glück habe ich mir einen freshen Sonnenschirmhut zukommen lassen! Der ist klappbar, sieht sogar ganz witzig aus, und letztendlich haben sich sogar alle regelrecht darum geboxt, weil er einen rundum mit Schatten versorgt: 9/10

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Shotpong zum Mitnehmen (20€)

Darauf habe ich mich eigentlich am meisten gefreut: Eine Version des College-Classics, bei der der Ball nicht andauernd in den Dreck fliegt, praktisch und platzsparend. Also perfekt für ein Festival. Die Wurfarme sehen auch ziemlich cool aus.

Leider ist die Konstruktion wackelig, es ist eigentlich nur Glück, ob die Bälle die Becher treffen. Aber das ist auch irgendwie lustig und am Ende sind alle gut unterhalten (und voll): 7/10

Autor Juri Berger nach einem langen Tag des Testens

Foto: Klara Trede

Am Ende meines Tests bin ich echt überrascht: Einige der Gadgets sind absoluter Plastikschrott, den man getrost in die Tonne (oder wahlweise die Yachticon Klapptoilette) kippen kann. Aber einiges davon war nicht nur brauchbar, sondern half sogar dabei, mit anderen Festivalgängern Bekanntschaft zu machen. Ich denke mal, jeder, der sich so was bestellt, wünscht sich auch, von anderen darauf angesprochen zu werden. Und wer es lässt, investiert sein Geld lieber in mehr und bessere Getränke.

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