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Bundestagswahl 2017

Wir haben einen Großspender gefragt, warum er 100.000 Euro an eine Partei gibt

Der Millionär Ralf Pollmeier unterstützt die SPD. Was er dafür bekommt und warum es gar nicht so leicht war, das Geld bei der SPD loszuwerden.
Foto: Pollmeier Massivholz. Geldschein: stux | pixabay | CC0. Hintergrund: imago | Emmanuele Contini. Montage: VICE

Wenn Geld wählen könnte, dann wäre die Bundestagswahl entschieden. Der große Gewinner hieße dann die FDP: 1,5 Millionen Euro haben die Liberalen in diesem Jahr bereits von sogenannten Großspendern erhalten, nur die CDU übertrifft sie noch mit 2,2 Millionen Euro. Hinter den Spenden stecken Pharma-Konzerne, Chemie-Verbände, aber auch reiche, wenn nicht sogar schwerreiche Privatpersonen. Sie eint, dass sie 50.000 Euro oder mehr an eine Partei überwiesen haben.

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Die SPD kommt bei den Großspendern nicht besonders gut weg, lediglich 270.000 Euro verbuchen die Sozialdemokraten 2017 bislang auf der Habenseite. 100.000 Euro davon kamen von Ralf Pollmeier aus Thüringen. Er stammt aus einer SPD-nahen Familie, ist selbst Parteimitglied und übernahm selbst Ämter als Kreisvorsitzender und Landesschatzmeister. Der Unternehmer spendet aber auch seit Jahren großzügig, sein Geld macht er mit Bauholz. Hofft er darauf, dass die SPD nach der Wahl die Steuern für die Holzwirtschaft senkt, so wie es einst die FDP für die Hotelbranche tat? Sind die Spenden für ihn Peanuts? Und mobben ihn die FDP-nahen Unternehmer?

VICE: Sie haben seit 2000 mindestens 385.000 Euro an die SPD gespendet. War das eine gute Investition?
Ralf Pollmeier: Von Investition kann man da nicht reden. Wenn jemand an Brot für die Welt spendet, sieht derjenige das ja auch nicht als Investition, sondern glaubt, was Gutes zu tun. Dem einen oder anderen hat meine Unterstützung möglicherweise geholfen, in ein Parlament einzuziehen.

Lobbyist der Holzindustrie oder Wohltäter der Demokratie: Was sind Sie eher?
Ich bin weder Lobbyist noch Wohltäter, sondern Unterstützer. Ich unterstütze eine bestimmte politische Ausrichtung. Ich halte es für notwendig, Farbe zu bekennen, wenn man für etwas steht. Und wer Geld hat, sollte das auch ruhig mit Geld machen.


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Im August haben Sie 100.000 Euro an die SPD gespendet. Warum?
Martin Schulz ist ein guter Typ, für den Wahlkampf braucht er Geld, also spende ich.

Und welchen Einfluss hat Ihnen diese Spende gebracht?
Ich habe eine Einladung zur Wahlparty am Sonntag in Berlin erhalten.

Wie ist das gesellschaftliche Klima gegenüber Großspendern in Deutschland?
Grauenhaft. Spenden an Politiker haben ein viel zu negatives Image. Die Leute glauben, dass die Parteien darauf aus sind, sich zu verkaufen oder beeinflussen zu lassen. Dabei machen die Parteien viel zu wenig Spendenakquise, obwohl sie durchweg unterfinanziert sind. Die SPD beispielsweise agiert da besonders stümperhaft.

Sie sprechen aus Erfahrung?
Als Martin Schulz für die Europawahl 2014 kandidierte, schrieb ich der damaligen Schatzmeisterin Barbara Hendricks einen Brief. Ich kündigte an, 50.000 Euro spenden zu wollen, und bat um die Übersendung einer Kontonummer. Keine Rückmeldung. Sechs Wochen danach habe ich einen ehemaligen Bundesminister drauf angesprochen, der hat dann Dampf im Willy-Brandt-Haus gemacht. Zur gleichen Zeit ging Hendricks und mein Schreiben ist vermutlich beim Aufräumen irgendwie untergegangen. Ich musste dann nochmals den ehemaligen Minister ansprechen, bis ich irgendwann die Kontodaten bekommen habe. Fazit: Spendengelder bei der SPD loszuwerden, ist gar nicht so einfach.

Wenn die SPD dann einmal Ihr Geld hat: Wo und wie kann die Partei es am sinnvollsten einsetzen?
Angehende junge Politiker in den Ortsvereinen ausbilden und fördern, Informationsveranstaltungen machen, ein bessere Website auf den Weg bringen, Wahlwerbung machen. Die Liste wäre sehr lang, ich erspare uns eine vollständige Aufzählung.

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Welchen Unterschied macht es, ob Sie als Privatperson oder mit Ihrem Unternehmen spenden?
Für mich keinen. Spenden kann man eh nur bis 6.000 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen. Als Privatmann spende ich aber auch, damit niemand denkt: "Da hat sich wieder ein Unternehmen eine Partei gekauft."

Ihr Unternehmen hat 2015 einen Jahresumsatz von 193 Millionen Euro gemacht. Macht sich ein Abgang von 100.000 Euro auf Ihrem Privatkonto überhaupt bemerkbar?
Nö.

Sie hätten am liebsten eine rot-rot-grüne Koalition. Haben Sie auch die Grünen oder die Linken unterstützt?
Ich habe für die Linken gespendet, weil ich deren Engagement gegen die starke soziale Ungleichheit schätze. Die haben zwar Sahra Wagenknecht, aber auch einige fähige Politiker wie Bodo Ramelow. Die Grünen unterstütze ich nicht, die sind irgendwie stehen geblieben.

Verbände wie Metall NRW, Firmen wie der Chemiekonzen Evonik aber auch Menschen wie BMW-Erbe Stefan Quandt spenden immer wieder größere Geldbeträge an mehrere Parteien gleichzeitig. Wollen die alle für sich gewogen stimmen?
Das wird sicher hier und da der Fall sein.

Die AfD wird unterstützt von einer anonymen "Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten" und einer Werbeagentur aus der Schweiz – durch teure Webseiten, Anzeigen und Gratiszeitungen. Die Partei weist das aber nicht als Spenden aus. Sind die deutschen Regeln zu lasch?
Meines Erachtens sind das illegale Hilfen. Ich bezweifle aber, dass da schärfere Regeln helfen. Unsere traditionellen demokratischen Parteien – CDU/CSU, SPD, FDP, die Linke, und die Grünen –, haben ihren Beitrag dafür geleistet, dass Deutschland gut dasteht. Sie verdienen mehr Unterstützung, sicher auch durch mehr Spenden für ihre politische Arbeit, das erscheint mir wirksamer als strengere Regeln für Parteispenden.

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Braucht es mehr Großspender in Deutschland?
Ja, aber nicht nur Großspender, sondern generell mehr Spender. Gute politische Arbeit gibt es nicht zum Nulltarif. Genauso wie es Geld für gute Schulen braucht, also muss man auch bereit sein, gute Politik finanziell zu unterstützen. Sonst gewinnen noch mehr als bisher die Populisten und Pappnasen.

Und warum spenden so wenige Unternehmer für die SPD?
Vielleicht weil die Mehrheit eher konservativ ist. Sicher aber auch, weil die SPD in Sachen Spenden viel zu unprofessionell agiert. Sie müsste die infrage kommenden Sponsoren abholen und pflegen. Jeder mittelklassige Fußballverein in Deutschland betreibt wahrscheinlich eine zehnmal bessere Sponsorenpflege als die SPD.

Wie viele FDP-, CDU- und CSU-Spender kennen Sie persönlich?
Ich kenne einige Spender, aber in Deutschland ist das Thema eher verpönt. Spenden an Parteien haben ein negatives Image, deswegen spricht man ungern darüber.

Wollen Sie denn mal selbst in die Bundespolitik?
Nur als Parteispender, aber nicht als Politiker. Als Unternehmer bin ich unter anderem erfolgreich, weil ich gute Ideen habe, wie Produkte zukünftig aussehen müssen, und darin investiere. Ein Politiker muss mehr können. Er muss sich nicht nur vorstellen können, was für eine bessere Zukunft zu tun ist, er muss auch taxieren können, was bei den Wählern ankommt. Dementsprechend muss er seine Ziele gegebenenfalls "runter korrigieren" oder versuchen, die Bewahrer, die Mutlosen, die Ängstlichen abzuholen und mitzunehmen – und das gegen das Sperrfeuer aller möglichen Interessengruppen. Wie schwer das sein kann, hat Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage erfahren. Es ist weitaus schwieriger, ein guter Politiker zu sein als ein guter Unternehmer.

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