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Verbrechen

Die AfD-Version des Angriffs in Bremen stimmt nicht, sagt die Polizei

Die Partei spricht von einem "Mordanschlag" – liefert dafür aber keine Beweise.
Ein Foto von Frank Magnitz vor einem AfD-Transparent
Frank Magnitz || Foto: imago | Hartenfels

Die Bremer AfD ist schnell, kein Zweifel. "Mordanschlag auf Frank Magnitz", meldet sie auf Facebook schon wenige Stunden, nachdem ihr Landesvorsitzender blutüberströmt in einer dunklen Ecke hinter einem Bremer Theater gefunden wurde. Wer dahintersteckt, ist der Partei da offenbar auch schon klar: Die Tat sei "das Ergebnis rot-grüner Hetze".

Auch über das, was eigentlich passiert ist, scheint man sehr genau Bescheid zu wissen: Drei vermummte Männer hätten dem 66-jährigen Politiker aufgelauert. "Mit einem Kantholz schlugen sie ihn bewusstlos und traten weiter gegen seinen Kopf, als er bereits am Boden lag", schreibt die AfD in ihrem Post.

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Das alles, sagt die Bremer Polizei jetzt, stimmt so nicht.

Auf einem Überwachungsvideo sei stattdessen zu sehen, wie sich dem AfD-Mann drei Männer von hinten nähern. "Einer der Unbekannten schlug den Bremer von hinten nieder, woraufhin der Mann stürzte" heißt es in der Pressemitteilung der Polizei. Dabei habe der Abgeordnete "eine stark blutende Kopfverletzung" erlitten. Die Unbekannten seien anschließend vom Ort des Geschehens geflüchtet. Und: "Auf dem bisher gesicherten Videomaterial kann der Einsatz eines Schlaggegenstandes nicht festgestellt werden."


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Die Polizei ermittelt deshalb wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung, nicht wegen versuchten Mordes.

Das ändert nichts daran, dass der Angriff auf den 66-Jährigen genauso feige wie brutal war. Aber: Kein Kantholz, keine Tritte, nur ein Schlag – das sind nicht nur Details. Das macht womöglich den Unterschied zwischen einem einfachen Angriff und einem Mordversuch aus. Und deshalb ist es wichtig, die Ermittlungsergebnisse der Polizei abzuwarten, bevor man wie die AfD sofort von einem "Mordanschlag" spricht.

Die Partei ging aber schon am Montag gleich noch viel weiter: Für sie stand schon dann fest, dass "die Tat politisch motiviert gewesen ist" – man werde die Reaktionen der anderen Parteien deshalb "genau beobachten".

Ausgerüstet mit dieser Behauptung machte sich dann der gesamte AfD-Apparat noch in der selben Nacht daran, den Angriff auf ihren Abgeordneten massiv auszuschlachten. Parteichef Alexander Gauland erklärte, die Tat sei das "Ergebnis der andauernden Hetze von Politikern und Medien" gegen die AfD. Sein Partner Jörg Meuthen sprach von "Linksterror" – und ging so weit, ein unverpixeltes Foto von Magnitz aufgeplatztem Schädels auf Twitter zu verbreiten, das die AfD Bremen veröffentlicht hat.

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Das Opfer selbst beteiligte sich übrigens energisch an der eigenen Instrumentalisierung. Das mit dem Foto sei seine eigene Idee gewesen, hat Magnitz Spiegel Online erzählt. Auch den ersten Facebook-Post, in dem von einem "Mordanschlag" die Rede ist, hat er offenbar noch am selben Abend vom Krankenbett aus selbst diktiert.

Das Problem ist nur: Magnitz gibt selbst zu, dass er sich an nichts erinnern kann. Von dem Kantholz hätten ihm die Handwerker erzählt, die ihn gefunden und die Polizei gerufen hatten.

Wer die drei Männer waren und aus welchem Grund sie den Politiker angriffen, ist bisher offenbar noch völlig unbekannt. Die Bremer Polizei hat auf Twitter deshalb gebeten, auf "Spekulationen jeglicher Art" zu verzichten.

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