#KeinGeldfürHetze ist eine Kampagne der Sektion Acht der SPÖ Alsergrund.Es war Montagmorgen, der Montag nach dem Wochenende, als die große ÖGB-Demo gegen den 12-Stunden-Tag stattfand. Das Gefühl der Solidarität der Menschenmassen auf der Straße steckte noch in den Knochen, die kämpferischen Reden vom Heldenplatz klangen noch im Kopf nach. In vielen Betrieben, wie den ÖBB, wurden an diesem Morgen Betriebsversammlungen abgehalten.
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"Ein derart starkes Zeichen können sie nicht ignorieren", hatte ich am Weg zur U-Bahn im Kopf. Bis ich zur Gratiszeitung-Box der Österreich kam. Die Anliegen der über 100.000 Menschen, die gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen auf die Straße gegangen waren, fanden sich mit keinem Wort auf der Titelseite. Stattdessen: Weiße Haie, ein nacktes Model und der tiefe Ausschnitt von Frau Strache.
Der 12-Stunden-Tag wurde nur insofern erwähnt, als die Protestmaßnahmen dagegen in einem schlechten – und noch dazu falschen – Licht dargestellt wurden: Die Demo auf der Mariahilferstraße hatte sicherlich keine Züge lahmgelegt und kein einziger Arbeiter und keine einzige Arbeiterin war bislang in Streik getreten. Der Unterschied zwischen "Streik" und "Betriebsversammlung" schien sich in der Österreich-Redaktion noch nicht herumgesprochen zu haben. Hauptsache "Chaos".Das Cover erschien uns vollkommen absurd – als hätte sich die Österreich-Redaktion am Vorabend hingesetzt und gebrainstormt, was am besten von den größten Protesten der letzten 10 Jahre ablenken könnte. Zur Auswahl standen: Busen, Killerbienen, Todes-Asteroide, noch mehr Busen, weiße Haie, Riesen-Tsunamis, Sahara-Sandstürme, eventuell Busen und vielleicht doch noch etwas Busen. Nach langer Diskussion wurden es dann Busen, weiße Haie und das Dekolleté der Vizekanzler-Gattin.
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In der Sektion Acht, wo wir gemeinsam die Kampagne #KeinGeldfürHetze betreiben, kam uns deshalb folgender Gedanke: Wenn die Aufmacher derart einfach gestrickt sind, wäre es doch spannend, zu schauen, ob wir sie nicht vielleicht genauso einfach vorhersagen – und dadurch ihre Absurdität und ihre Weltfremdheit aufzeigen – können.
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Mehrere Busen, eine Schlagseite gegen die "faulen Arbeiter" und eine angsteinflößende Riesenspinne später schon war die Covervorhersage für Dienstag, 3. Juli, fertig. Zeichenkünste wurden dafür nicht benötigt, eine auf das "Wesentliche" reduzierte Busenfrau kann wirklich jeder Mensch zu Papier bringen. Wir posteten die Vorhersage von unseren #KeinGeldfuerHetze-Accounts auf Twitter und Facebook und warteten gespannt auf das Cover des nächsten Tages.Die Überraschung war groß, als das Österreich-Cover des nächsten Tages eine nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit unserer Vorhersage aufwies. OK, genau genommen war die Überraschung eher überschaubar, aber die Freude umso größer. Auf der Österreich-Titelseite waren tatsächlich Busen und ein Streik-Sommer zu sehen. Nur die dritte Hauptmeldung wich ein bisschen von unserer Prognose ab und handelte nicht von einer Riesenspinne, sondern von Frank Stronach. Obwohl, wie Dieter Chmelar auf Twitter richtig anmerkte, der Riesen-Spinne nur ein "r" fehlt, und schon passt auch das Stronach-Comeback ganz wunderbar mit unserer Prophezeiung zusammen. (Außerdem sind solche kleinen Ungereimtheiten bei Prophezeiungen ganz normal, wie jeder Nostradamus- und Erich-von-Däniken-Fan weiß).
Die Gegenüberstellung der Vorhersage und der kaum weniger haarsträubenden Realität der echten Titelseite verbreitete sich über Social-Media wie ein Lauffeuer. Spätestens da wurde uns klar, dass wir daraus eine Serie machen mussten.
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Die Ideen für die Schlagzeilen der nächsten Tage überschlugen sich: Welche Heilands-Tat würde man dem Kaiser-Kanzler als nächstes andichten? Würde Pflaster-Stein-Legen demnächst unter Todesstrafe gestellt werden? Welche Viecher würden uns als nächstes in Tod und Verderben stürzen? Welche Terror-, Chaos-, Alarm- oder Skandal-Meldung würde uns demnächst Angst und Bange machen? Und welcher fadenscheinige Begleittext würde die nächste Busen-Offenbarung umranden?Der Tag, an dem eine gewisse Ernüchterung über unserer Vorhersage-Künste einsetzte. Woher sollten wir auch wissen, wie oft die Österreicherinnen und Österreicher vögeln? (Wir haben auch gewisse Bedenken bezüglich der Richtigkeit dieser "Liebes-Studie".)
Samstag, 7. Juli 2018
Sonntag 8. Juli 2018
Montag, 9. Juli 2018
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Dienstag, 10. Juli 2018
Mittwoch, 11. Juli 2018
Donnerstag, 12. Juli 2018
Freitag, 13. Juli 2018
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Wir hatten unser Tagwerk schon niedergelegt, als wir uns auf oe24.at herumtrieben und uns die Meldung "Koalition vermutet Silberstein hinter ÖGB-Protesten" einsehen ließ: Auf derartigen Schwachsinn wären unbedarfte Gemüter wie die unseren selbst nach stundenlangem Brainstormen nicht gekommen. Chapeau, oe24, wir ziehen den Hut vor euch und eurer Bereitschaft, sich vor jeden Karren spannen zu lassen, solange sich ein bisschen Bashing für alle außer die Bundesregierung ausgeht.
Jedenfalls haben wir nach sieben Tagen Cover-Vorhersage einiges gelernt. Zum Beispiel, dass Alarmismus sehr lustig sein kann, vor allem wenn man ihm selber frönt. Oder dass sich mit Busen-Strichfiguren die Objektifizierung von Frauen leider immer noch sehr gut veranschaulichen lässt (und es ein bisschen widerwärtig ist, dass wir ausgerechnet mit diesem Punkt immer noch Recht behalten sollten).Außerdem wissen wir jetzt, dass sich der Krawall-Journalismus und die Verherrlichung unseres Kaiser-Kanzlers durch Österreich wunderbar nachahmen lassen – und dass beides gleich viel erträglicher wird, wenn man sich zumindest darüber lustig macht. Was uns zur wahrscheinlich größten Erkenntnis dieser Woche führt: nämlich dass sich Humor sehr viel besser verbreitet als Moral.Und weil sich schon in den Kommentaren gezeigt hat, dass viele Leute geradezu übergehen mit Ideen für eigene Cover-Vorhersagen, werden wir von #KeinGeldfürHetze demnächst ein Gewinnspiel veranstalten, in der eure Cover-Vorhersagen gefragt sind. Mehr dazu demnächst auf Facebook (@KeinGeldfuerHetze) und Twitter (@KeinGeldfHetze).Das Kampagnen-Ziel von #KeinGeldfürHetze ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Hetze in den Medien. Weiters rufen wir dazu auf, die Finanzierung von hetzerischen Medien durch öffentliche und private Inserate zu verringern.Folgt VICE auf Facebook, Instagram, Twitter und Snapchat.