FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Das denkt unsere Priester-Nationalmannschaft über die EM

Könnt ihr euch vorstellen statt "Olé, olé" inbrünstig "Halle-Halle-Luja" zu grölen? Dieses österreichische Priesterteam kickt im Namen Gottes.
Foto via VICE Media

Alle Fotos: Wolfgang Zarl / Priesterteam Austria

Wenn Jesus heute noch leben würde, wäre er sicher Fußballfan. Zumindest dürfte die Priester-Nationalmannschaft ganz nach seinem Geschmack sein. Und ja, die gibt es wirklich—das österreichische Priesterteam mag bis zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht ganz in unser Bewusstsein vorgedrungen sein, für den 10. Platz bei der diesjährigen Priester-EM hat es aber allemal gereicht. Und ja, die Priester-EM gibt es auch. 2016 fand sie in der Slowakei statt; amtierender Meister ist Portugal.

Anzeige

Wie der Name bereits recht gut vermittelt, besteht das österreichische Priester-Nationalteam ausschließlich aus österreichischen Priestern, die nicht nur ihre Liebe zu Gott verbindet, sondern auch die Leidenschaft für das Spiel um das runde Leder.

Klerus-Kicker, wenn man so möchte. Oder diakonische Dribbler. So viele Möglichkeiten. Trotzdem: Keine Alliteration der Welt wird dem Engagement, das diese Himmelsstürmer (auch nicht schlecht) an den Tag legen, wirklich gerecht. Bei der anderen EM sind wir vielleicht ausgeschieden, aber es gibt immer noch eine Nationalmannschaft, die man getrost anfeuern darf. Im Namen des Herrn.

Dabei ist Fußball unter Geistlichen soweit eigentlich nichts Neues—im Vatikan gibt es eine eigene Liga und darüber hinaus sogar eine Meisterschaft, den Clericus Cup. Dort bekreuzigen sich die Spieler, bevor sie den Platz betreten und schicken gemeinsam Stoßgebete in den Himmel. Außerdem gibt es in der vatikanischen Fußball-Variante auch eine blaue Karte, die bei "mittelschweren Fouls" zum Einsatz kommt und eine fünfminütige Strafe nach sich zieht.

Der Spielerkader unseres Priesterteams setzt sich aus Geistlichen zusammen, die in verschiedenen Diözesen in ganz Österreich tätig sind—darunter Graz, Eisenstadt und Gurk-Klagenfurt. Verglichen mit anderen Ländern wie Kroatien, Portugal oder Polen, deren Nationalmannschaften weitaus jünger (und damit auch flinker) aufgestellt sind, ist der Altersdurchschnitt zwar relativ hoch—letztendlich haben sie aber alle den selben Teamchef: den Vater, den Allmächtigen.

Anzeige

Im Zuge der aktuell laufenden, nicht-geistlichen Fußball-Europameisterschaft haben wir uns mit unserem Priesterteam—genauer gesagt mit Wolfang Zarl, ihrem Team-Verantwortlichen—über ihre Entstehung, Team-Rituale, die andere Nationalmannschaft, Gott und die Welt unterhalten.

VICE: Wie und wann ist das Priesterteam entstanden?
Wolfgang Zarl: Vor fast 22 Jahren, am 10. September 1994 trafen sich fußballbegeisterte Priester aus ganz Österreich in Unterwaltersdorf beim damaligen Olympiakaplan Pater Bernhard Maier zum gemeinsamen Training. Somit war Österreichs Priester-Fußballnationalteam gegründet, die weltweit erste Priester-Nationalmannschaft. Eingefädelt hat das der damalige Pfarrer aus Zagersdorf und Antau, Zeljko Odobasic. Er organisierte auch den ersten öffentlichen Auftritt, einen PR-Auftritt, als Vorspiel beim legendären Wiener Hallenturnier in der Wiener Stadthalle.

Wo hat die Priester-EM ihren Ursprung?
In Österreich! 2005 fand in Eisenstadt die erste Hallenfußball-Europameisterschaft für Priesterteams statt. Österreich holte hinter Kroatien und Polen den dritten Platz. Die Information, dass es jetzt Priester-Fußballmeisterschaften gibt, gelangte damals durch Bischof Paul Iby bis zu Papst Johannes Paul II. Der Papst hat dann mit einem Brief geantwortet und uns mitgeteilt, dass er dieses Ereignis mit großem Interesse aufgenommen hat. Danach wollten immer mehr Länder Veranstalter sein und so fanden die darauffolgenden Europameisterschaften in unter anderem in Kroatien, Bosnien, Portugal, Polen, Ungarn, Weißrussland oder Slowenien statt.

Anzeige

Gibt es eigene Team-Rituale, vor und nach den Spielen?
Ja—wo immer die klerikale Nationalelf auftritt, bleibt den Zuschauerinnen und Zuschauern eines bestimmt in Erinnerung: Das dreifache "Halle-Halle-Luja" von der Begrüßung der Gäste.

Ihr könnt eure Mitglieder theoretisch aus über 3.600 österreichischen Priestern auswählen. Wie läuft das ab?
Die Auswahl erfolgt so, dass sich Interessierte bei Kapitän Hans Wurzer treffen. Er ist Pfarrer von Ybbs an der Donau. Aber man kennt sich von Veranstaltungen oder Gottesdiensten und da melden sich eben Interessierte oder jene, die wen kennen, die wen kennen.

Hans Wurzer ist auch euer Tormann.
Genau. Pfarrer Hans Wurzer managt übrigens auch das Priesterteam. Er war schon beim ersten gemeinsamen Training mit dabei, damals war er noch Priesterseminarist in St. Pölten und wurde erst 1998 zum Priester geweiht. Er betreibt auch die Homepage, dort sind alle aktuellen Spieler aus ganz Österreich aufgelistet. Zum 50. Geburtstag bekam er ein Tormann-Trikot geschenkt, wo er sich den Aufdruck selber aussuchen konnte—jetzt ziert der Schriftzug "Ich bin verknallt in Jesus" die Sportkleidung von Hochwürden.

Von Anfang an mit dabei ist auch Franz Richter aus Krems. Er fühlt sich in der Rolle als Regisseur wohl und verteilt gerne die Bälle in die Spitze. Er hat auch seinen Beitrag dazu geleistet, damit sich unsere Spieler rund um David Alaba für die Europameisterschaft qualifizieren konnten. Er hat unser Team mit Freunden aus Krems bei allen Qualifikationsspielen in Wien angefeuert.

Das hat zwar geholfen—aber was sagt ihr zum österreichischen Abschneiden in der diesjährigen EM in Frankreich?
Wichtig sind uns vor allem Fairness, Lebensfreude, 'saubere Spiele' und Völkerverständigung. Mehrere Spieler des Priesterteams haben ja auch einen Migrationshintergrund. Natürlich haben wir für den EM-Titel Österreichs gehofft und gebetet—die Bevölkerungen der anderen Nationen scheinen das auch getan zu haben.

Wer wird Europameister?
Da sind wir uns nicht ganz einig—Deutschland, Belgien, Frankreich, Spanien. Viel wichtiger ist uns aber der ethische Aspekt des Turniers—Toleranz, Fairness und Gemeinschaft.

Preiset den Herrn, Franz ist auf Twitter: @FranzLicht