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Sex

Ren Hang über Zensur, Freunde und erigierte Penisse

Obwohl die chinesische Zensurbehörde einiges gegen seine expliziten Werke hat, fotografiert Ren Hang weiterhin was ihm gefällt.
Jamie Clifton
London, GB

Als radikaler Künstler hat man es in China nicht leicht. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Zensurbehörde Katy Perry aus den heimischen Radiosendern verbannt hat, weil sie angeblich zu vulgär sei (und das eine Mal nicht vergessen, als die Regierung Ai Weiwei verschwinden ließen, weil er halbnackte Fotos von sich gepostet hat), würde man glauben, dass der chinesische Fotograf Ren Hang die Sache gleich aufgibt. Vor allem da sein Portfolio nicht nur mit klaffenden Arschlöchern und sich gegenseitig bepinkelnden Models gefüllt ist, sondern er auch einer einmaligen Leidenschaft für das Fotografieren von erigierten Penissen frönt.

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Zum Glück hat er aber noch nicht aufgegeben, denn seine Fotos sind großartig. Er schafft es einfach nackte Körper zu de-sexualisieren und sie in fleischgewordene Skulpturen zu transformieren. Diese menschlichen Statuen können lustig und wunderschön, oder wild und haarig sein. In beiden Fällen lösen diese Bildnisse aus, dass du dich am liebsten nackt ausziehen, deinen Schwanz rot anmalen und mit deinen Freunden auf einem Dach in Peking abhängen willst. Und dies ist eigentlich das finale Ziel einer jeden Fotografenkarriere, oder? Ich wollte aber selber hören, was er über seine Arbeiten zu sagen hat, weshalb ich Ren Hang einige Fragen gestellt habe.

VICE: Zuerst möchte ich mal wissen, warum fast jede Person auf deinen Fotos nackt ist?
Ren Hang: Menschen kommen nun einmal nackt auf die Welt, also ist das für mich ihr authetischer, originaler Look. Ich begreife die wahre Existenz eines Menschen durch seinen nackten Körper.

Präsentierst du die Körper deswegen nicht klischeehaft „sexy", auch wenn die Fotos sexuell aufgeladen sind?
Nein, ich plane meine Fotografien eigentlich nie – Ich ergreife einfach die erste Idee, die mir einfällt, arrangiere die Szene vor mir und mache ein Foto davon. Ich achte nicht wirklich darauf, ob die eine Situation sexy ist oder nicht.

Im Endeffekt schauen die Menschen ja eher wie groteske Skulpturen aus.
Das ist zwar nicht die Intention dahinter, aber da ich Körper sowieso als skulptural - oder wie du sagst als „groteske Skulptur" – betrachte, existieren für mich Statuen nur, weil Körper ebenso existieren.

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Und was hat es mit der ganzen Pisse auf sich?
Wie ich schon vorher gesagt habe, ich benutze Urin nicht intentional. Wenn ein Model pinkelt, dann schieße ich ein Foto davon.

Ok, ich kann mir jetzt die Antwort auf die nächste Frage schon denken, weil ja hinter allem was du machst keine Absicht ist, aber die Schwänze! Da sind einfach viele Penisse in deinen Fotos. Ist das ein Statement über das Patriarchat, oder findest du Schwänze einfach nur toll?
Nein, hinter meinen Penis-Fotos steckt kein tieferer Sinn. Aber ich finde schon, dass die erigierte Form, die schönste Form eines Penisses ist. Manche Männer vergessen manchmal sogar, dass sie überhaupt einen Schwanz haben, bis er erigiert ist – dahinter steht für mich eine starke Aussage. Doch die Schwänze interessieren mich nicht als solches, sondern ich mag es einfach jedes Organ auf eine frische, lebhafte und emotionale Art zu verbildlichen.

Gefällt dir der männliche oder der weibliche Körper besser?
Das Geschlecht ist mir nur beim Sex wichtig, beim Fotografieren aber nicht.

Was ist denn deine Meinung zu Sex? Spielt es für dich eine wichtige Rolle?
Ja, Sex ist wichtig für mich, aber ich muss das nicht andauernd betonen. Alles in allem gehört Sex zu einem normalen, gesunden Leben, genauso wie essen oder schlafen.

Das stimmt. Wer sind deine Models? Deine Freunde?
Ja, die meisten der Leute sind meine Freunde. Ich finde es gut meine Bekannten zu fotografieren, weil sie mir vertrauen und ich dann ruhiger arbeiten kann. Nur wenn ich total relaxet bin, kann ich das alles geben. Mit komplett Fremden zu arbeiten macht mich nervös.

Stecken hinter deinen Fotos ausgeklügelte Choreographien?
Ich plane meine Shootings nicht. Ich fühle mich inspiriert wenn ich vor einem Model stehe und meine Kamera in der Hand habe. Geplante Fotos sind nichts für mich; ich tue es einfach aus dem Moment heraus. Obgleich die Models sich nichts selber ausdenken, sondern den Ideen folgen, die ich ihnen gebe. Also ist doch ein bisschen Choreographie dabei.

Wie sind deine Fotos in China angekommen?
Meine Fotos, vor allem die mit den nackten Körpern drauf, dürfen nicht in chinesischen Galerien ausgestellt werden. Sehr selten werden die weniger expliziten gezeigt, aber sogar damit bekomme ich dann Schwierigkeiten. Zum Beispiel wurde eine meiner Ausstellungen wegen „Verdacht aus Sex" von der chinesischen Regierung abgesagt und ein anderes Mal spuckte ein Besucher auf eins meiner Fotos. Kein chinesischer Verlag will meine Bücher veröffentlichen und ich wurde schon einmal verhaftet als ich draußen fotografiert habe.

Ist das nicht auf Dauer frustrierend?
Mittlerweile bin ich an diese Situationen schon gewöhnt. Außerdem liebe ich es chinesische Menschen abzubilden, genauso wie ich China liebe. Ich bin hier geboren und ich fühle eine starke Verbindung zu meiner Heimatstadt. Je mehr mein Land versucht mich einzuschränken, desto mehr will ich, dass man mich für das akzeptiert, was ich bin und was ich tue.