Stripclubs, Cadillacs und Pool-Partys: Das Leben im tiefsten Süden der USA

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Stripclubs, Cadillacs und Pool-Partys: Das Leben im tiefsten Süden der USA

Der Fotograf Ivar Wigan hat vier Jahre im "Deep South" der USA zugebracht und dabei den außergewöhnlichen Alltag der Menschen dort dokumentiert.

Der Fotograf Ivar Wigan war vier Jahre lang damit beschäftigt, den Alltag im „Deep South" der USA zu dokumentieren. Laut ihm leben die Leute dort wie reiche Stars, obwohl sie in armen Gegenden aufgewachsen sind—dabei werden die Tage und Nächte mit Basketball, Lowridern und Partys zugebracht.

Dieses In-den-Tag-hi­n­ein-Le­ben nennt Wigan „High Life". Er vergleicht das Ganze auch mit den alten griechischen Göttern und von daher rührt auch der Name seiner Fotoreihe: „The Gods". Ich habe mich mit Wigan über seine Bilder und den Zusammenhang zwischen Armut und Kreativität unterhalten.

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VICE: Hi Ivar. Erzähl mir doch kurz etwas über die Fotoreihe.
Ivar Wigan: „The Gods" ist eine Fotoreihe über das Leben in den Südstaaten der USA. Angefangen hat alles beim West Indian Carnival in Miami. Dort habe ich das erste Foto von einer Pool-Party gemacht. Als ich weiterreiste, wusste ich jedoch, dass ich wiederkommen muss, um auch noch den Rest festzuhalten. Ich wollte den ganzen Lifestyle dokumentieren. Die Fotoreihe entstand dann über einen Zeitraum von vier Jahren hinweg—in dieser Zeit bin ich so viel herumgereist, wie ich es mir leisten konnte.

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Vier Jahre sind für eine Fotoreihe schon eine lange Zeit. Was hast du aus dieser Erfahrung gelernt?
Stripclubs sind ein wichtiger Bestandteil der Südstaaten-Kultur. Einfach jeder geht dorthin, von Mädelsgruppen über Pärchen bis hin zu den Leuten, die sich nur ein Basketballspiel im Fernsehen anschauen wollen. Das ist einfach ein komplett andere Welt. Auch wenn ein Rapper zum Beispiel eine neue Single rausbringt, die in den Stripclubs abgefeiert wird, dann hat er einen Hit gelandet.

Dazu kommt, dass viele der jungen Frauen Tänzerinnen werden wollen, denn in den Clubs verdient man richtig viel Geld—in einer guten Nacht können da schon mal bis zu 5.000 Dollar zusammenkommen.

Ist dir beim Fotografieren der Frauen schon mal der Gedanke gekommen, dass du sie vielleicht zu Objekten degradieren könntest?
Meine Fotos dokumentieren, deshalb ist das Ganze weder objektivierend noch stellt es die Frauen auf ein Podest—ich zeige sie einfach so, wie sie sind. Sie sind auf das, was sie machen, sehr stolz und lieben es, fotografiert zu werden. Viele Tänzerinnen kommen aus armen Gegenden und sehen ihren Beruf als eine Möglichkeit an, sich hochzuarbeiten. So bauen sie sich ein Netzwerk und eine Karriere auf. Dabei kommt es ja auch sehr darauf an, wie gut sie performen. Der Stripclub ist dort nicht einfach nur ein Ort, wo irgendwelchen Typen ein Lapdance verpasst wird.

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Wieso eignen sich die Gegenden, in den du die Fotos gemacht hast, so gut als Kulisse?
Meiner Meinung nach sind viele dieser Gegenden sozial benachteiligt und befinden sich abseits des „Big City"-Lebens. Manchmal sind diese schlechten Voraussetzungen der perfekte Nährboden für unglaubliche Kreativität. Das äußert sich dann nicht nur in der Musik, sondern auch im allgemeinen Ausdruck, in der Mode und in der Körperkunst.

Dort will jeder sein Stück vom Kuchen abhaben und irgendwie berühmt werden—und das wird einem durch die Art, wie man sich selbst präsentiert, auch möglich gemacht.

Hast du während der vier Jahre auch Freundschaften mit den Leuten dort geschlossen?
Na klar. Auf einem Bild ist eine beleibte Frau zu sehen. Das ist eine Tänzerin namens Juicy, die ich in einem Club kennengelernt habe. Sie ist eine richtige lokale Berühmtheit: Jeder kennt sie und schaut sich ihre Performances an. Auf dem Foto blickt sie zwar eher traurig drein, aber in echt war sie quasi immer gut drauf und hat Witze gerissen. Sie bat mich auch darum, zu ihr nach Hause zu kommen und ihre Familie zu fotografieren—ich habe ihnen dann Abzüge der Bilder geschenkt und wir stehen heute immer noch in Kontakt. Das trifft eigentlich auf die meisten Leute zu, die ich damals abgelichtet habe.

Wieso hast du die Fotoreihe „The Gods" genannt?
Ich habe überlegt, mit was man diesen Lifestyle vergleichen könnte. Und da schoss mir als erstes die alte Welt der Griechen und Römer in den Kopf. Dort drehte sich ja schließlich auch alles um gutes Aussehen, gutes Essen und leidenschaftliche Affären. So haben sie damals gelebt. Und in den Südstaaten der USA läuft es heutzutage ähnlich ab: Es geht vor allem um das Vergnügen, das „High Life" und den Ruhm.

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Vielen Dank, Ivar.