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2014 wird alles besser

10 Wege, wie Clubbing 2014 weniger beschissen wird

Mit fremden Leuten in einem dunklen Raum zu tanzen, ist einfach zu wichtig, als dass es scheiße werden darf.

Foto von Jamie Taete, Grafik von Sam Taylor

Clubs sind das Licht am Ende des fünf Tage währenden Tunnels aus purer Scheiße. Sie erinnern uns daran, dass das Leben nur zu 80 Prozent schlecht ist. Die kurze Atempause von der Realität, die sie bieten—die paar Stunden, die wir in einer dunklen Parallelwelt mit Leuten, die wir noch nie gesehen und Musik, die wir noch nie gehört haben, verbringen—machen all die Angst und den Stress erträglich. Und in Zeiten, in denen Kneipen immer teurer und langweiliger werden, sind sie wichtiger denn je. Sie sind unsere Kirchen, unsere Jugendtreffs, Geheimbünde und Kegelclubs—alles in einem.

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Aber wie das so ist, wenn wir nicht aufpassen, werden auch sie zu einem großen Haufen Mist—sieh dir nur Ibiza an. Viele Clubs werden immer teurer und überfüllter, die Partys immer größer, immer mehr Veranstalter sind auf das große Geld aus und der Spirit und der Zusammenhalt gehen dadurch zunehmend verloren. Gleichzeitig wird es für kleinere Clubs immer schwerer zu überleben und auch die Immobilienbesitzer und Vermieter haben mitbekommen, dass mit Clubbing Geld zu verdienen ist bzw. mit anderen Dingen noch mehr, sodass die Clubs kommerziellen Interessen entweder nachgehen oder weichen müssen.

Deshalb bin ich auf die Idee gekommen, ein Manifest zu verfassen, um diese schlimmen Entwicklungen 2014 aufzuhalten.

Scheiß auf eure Lagerhallen und Fabriken

Erinnerst du dich noch an die Zeit, in der Partys in alten Fabriken eine tolle Idee waren? Bis zu einem gewissen Punkt war das neu und aufregend. Meistens waren das Veranstaltungen, die scheinbar legal waren, aber trotzdem den Geist des Verbotenen inne hatten, der die ersten illegalen Partys in solchen Gebäuden so anziehend machte und für die die meisten von uns zu jung waren. Das waren ausgedehnte, beeindruckende und einfach total andere Veranstaltungen. Du konntest dir bekannte DJs in großen Hallen ansehen, ohne Gefahr zu laufen, dass jemand in einem rosa Polohemd neben dir steht.

Spulst du ein paar Jahre vor, scheint sich jeder dämliche Veranstalter, der Partys mit Schlagwörtern wie „Ultimativ“, „Bombastisch“ oder „Mega“ veranstaltet, mit den skrupellosen Vermietern post-industrieller Stadtarchitektur verbündet zu haben, um Unmengen an unvergesslichen „Lagerhallen-Partys“ zu veranstalten und deinen Facebook-Veranstaltungskalender damit zuzumüllen.

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Das Line-Up besteht dabei fast ausschließlich aus irgendwelchen Studenten-DJs und ehemaligen Größen, die das Ganze möglichst schnell hinter sich bringen wollen. Im Publikum findest du zumeist Leute, die nicht genau wissen, was sie tun, aber gerne einen Haufen Geld ausgeben und dabei Unmengen an Serotonin ausschütten. Das sind die schlimmsten Club-Veranstaltungen—kalte und feuchte Höllenschlunde mit Kickboxern als Türsteher, Raucherzonen, für die du dich anstellen musst, und überfordertes Barpersonal, das dich vier Stunden warten lässt und dir dann auch noch 4 Euro für ein 0,33-Bier aus der Tasche zieht.

Foto: Josh Jasper

Hör auf, den DJ anzustarren

Das Problem dabei, einen DJ zu verehren, ist, dass die Leute aufhören zu tanzen, wenn ihr Liebling hinter die Plattenteller tritt. Anstelle dessen werden sie zu sabbernden BPM-Stalkern, die versuchen, die Seriennummer in Gesaffelsteins Plattentasche zu lesen. Damit bilden sie die Antithese zu all dem, was Clubbing ausmacht, weshalb dieses Verhalten einen schnellen und schmerzhaften Tod sterben muss.

Geh zurück auf die Tanzfläche. Dreh dem DJ den Rücken zu, guck die anderen an und tanz—die Person, die die Musik spielt, ist nämlich nur genau das: eine Person, die Musik spielt. Ihr verpasst nicht wie Slash im Red Rocks Amphitheater spielt oder Yo-Yo Ma im Opernhaus von Sydney. Du bist in einem Club und zum Tanzen da, nicht dazu, still in der Ecke zu stehen und dir anzugucken, was für tolle Logic-Skills der DJ hat.

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Reiß das Armbändchen ab

Warst du jemals bei einem GUTEN Event, bei dem du eines dieser Plastikarmbänder tragen musstest? Nicht GUT wie: „Ich hab mir sechs Pillen eingeworfen und kann mich entfernt daran erinnern, ein wenig von DJ Koze gesehen zu haben.“ Sondern gut wie: „Dieser Ort ist meine Kirche, ich werde hier jede Woche bis an das Ende meines Lebens hingehen.“ Falls du nicht extrem leicht zufrieden zu stellen bist oder irgendwo am Arsch der Welt wohnst und das nimmst, was du kriegen kannst, war das bis jetzt also wahrscheinlich nicht der Fall.

Okay, diese Papierbänder sind akzeptabel, sie sind im Prinzip nur Stempel, mit denen man sich vergewissern kann, dass du dich nicht durch die Hintertür geschlichen hast. Aber die Plastikdinger sind wie etwas aus einem Science-Fiction-Film; Handschellen, die einem die Hand abschnüren und einen an aufgeblasene Veranstaltungen wie die Olympischen Spiele erinnern, bei denen Türsteher darauf achten, dass beim Toilettengang die Füße in die richtige Richtung zeigen. Sie sehen scheiße aus und geben einem ein irritierendes und totalitäres Gefühl beim Ausgehen. Schluss mit den Armbändern, das sind Nachtclubs, keine verdammtes Live 8-Events.

Verlass dich nicht auf die Legenden

Natürlich, Legenden sind aus gutem Grund Legenden. Unbestritten sind das Leute, die sich Respekt erarbeitet haben, ihr Handwerk beherrschen und dir einen Grund geben, einen bestimmten Club zu besuchen. Aber vielleicht sollten ihre Auftritte etwas seltener sein und nicht jede Nacht stattfinden, denn im Moment sieht die Eventseite von Resident Advisor für Berlin etwas vor, was sich wie die Ankündigung für eine merkwürdige „House-Legenden“-Reunion-Tour liest.

Obwohl es da draußen Unmengen an jungen DJs gibt, die Publikum anziehen, sind es immer wieder die gewohnten Namen, die die Ticketpreise in die Höhe treiben. Aus diesem Grunde erscheint die Club-Szene wie ein großer Ehemaligen-Zirkus. Damit laufen wir Gefahr, die Clubs den Leuten zu überlassen, die sich nichts angucken, was nicht auf der Ticketmaster Homepage erscheint.

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Für die Helden wird es immer Platz geben, aber in einer Zukunft, in der Joy Orbison vor den Freunden seiner Kinder immer noch „Ellipsis“ spielt, will wirklich keiner leben.

Keine Schlägereien

Halte deine Streitereien aus den Clubs raus. Wenn du nicht kämpfen kannst, dann kämpf einfach nicht. Dein nettes kleines Provinzgesicht ist sowieso nicht dafür gemacht, Bekanntschaft mit einer Faust zu machen. Das Einzige, was passieren wird, ist, dass du rausgeschmissen wirst und deine Freundin anfängt zu weinen. Wenn du jedoch wirklich darauf bestehst, gibt es einen Ort namens Fight Club X, wo du bestimmt jemanden findest, der sich mit dir anlegt.

Fordere bessere Residents ein

Meiner Meinung nach müssen viele Veranstalter, aber auch Besucher, einsehen, dass die meisten großen Clubs durch ihre großartigen Resident-DJs zu dem wurden, was sie sind. Sie bestimmen den Sound und die Ästhetik einer Nacht. David Mancuso ist nicht als Superstar geboren; auch er war Resident, ein Arbeiter.

Fliegt man immer nur Leute für einen Haufen Geld ein, schafft man es bestimmt nicht, ein Gefühl von Vertrautheit und Beständigkeit, die jede tolle Clubnacht auszeichnet, zu erschaffen. Wenn man sich entscheidet, einen Club so zu führen, kann man auch gleich bei Live Nation anfangen und Promis buchen, um Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Die Veranstalter müssen lernen, ein bisschen weitsichtiger zu handeln, als sich einfach zu fragen, „Ist Matthew Dear am 27. zu haben?“ und sie sollten versuchen einen bleibenden Eindruck in der Szene zu hinterlassen, denn nur so schafft man es in die Geschichtsbücher. Auch wenn du vielleicht sagst, dass dir das im Moment egal ist, wenn du alt bist und im Heim sitzt, willst du dich an etwas erinnern, das dich geprägt hat—und das soll doch nicht das Glockenspiel-Sample von Ninetoes sein.

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Wir brauchen die richtige Stimmung

Wenn du nicht gerade auf Gabber oder miesen Drum'n'Bass abfährst, bei dem deine „Reise“ dich im Prinzip vom „hart abgehen“ bis „auf dem absoluten Nullpunkt der Verzweiflung“ bringt, dann weißt du, dass gute Clubs dich auf einen Trip bringen sollen.

In den vergangenen Jahren wurde dies immer schwerer. Der Hauptgrund ist die Einführung des Rauchverbots bzw. der Raucherzonen. Eine Entwicklung, die bei vielen Leuten die Chancen vergrößert hat, flachgelegt zu werden, aber ein Albtraum für DJs, die davon träumen, dich mit ihrem Set zu fesseln und in einen anhaltenden Zustand ekstatischer Euphorie zu versetzen.

Aus diesem Grund spielen DJs immer kürzere Sets und müssen ihre Zeit damit verbringen, das Publikum vom Rausgehen abzuhalten. Einigen gelingt das gut, aber wie sieht es mit Leuten wie Theo Parrish aus, deren Musikauswahl über das Motto „harte Beats, möglichst laut und schnell“ hinaus geht? Und was ist mit den Warm-Up-DJs? Die werden mittlerweile so sehr ignoriert, dass sie jeden einzelnen im Raum beleidigen könnten, ohne dass jemand da wäre, den das stören könnte. Clubs werden so immer mehr zu Konzerten, bei denen alle die Hauptband sehen wollen und den Rest der Zeit zum Rauchen verschwinden. Das widerspricht genau dem, worum es bei einer guten Clubnacht geht.

Also: Hör auf zu rauchen. Das bringt dich eh um.

Was ist aus der „chemischen Verbundenheit“ geworden?

Ich komme nicht um den Eindruck herum, dass sich viele Nächte im Club wie die Eröffnungsszene des Films The Warriors anfühlen; wie die Ansammlung verschiedener Stämme in einem Raum, die auf unbehagliche Weise miteinander verbunden sind. Aber es ist nicht die Kleidung oder die Herkunft, die sie voneinander unterscheidet, nein, es sind die Drogen.

Ob es nun die Fantasiewelten von MDMA, das nervöse Universum von Kokain oder der packende Strudel von Ketamin sind—oder welches legale Rauschmittel man auch immer in der Woche entwickelt hat—jeder scheint sich in seiner eigenen Welt verloren zu haben. Aus diesem Grund ist das verbindende Gefühl, das „eine Gemeinschaft, eine Droge, ein Beat“-Klischee, von dem alteingesessene Raver erzählen, im Grunde verloren gegangen.

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Ich befürchte, die Entwicklung ist bereits so weit vorangeschritten, dass es schwer wird, wieder zurückzufinden—das kann jeder, dem ein Typ auf Ketamin schon mal die Stimmung versaut hat, bestätigen.

Lass dich nicht wie einen Kriminellen behandeln

Zum Glück haben bis jetzt noch keine Clubs, in die ich gehe, Netzhautscanner oder Fingerabdruck-Technologie eingeführt, aber da ich schon bei einigen anderen seltsamen und wunderbaren Veranstaltungen außerhalb von Deutschland zugegen war, kann ich euch versichern: das wird bald kommen. Ja, genau, in größere Läden zu gehen, wird bald genauso sein, wie auf der Air Force One einzuchecken.

Das ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Erstens, da sowas in einen Science-Fiction-Film und nicht in einen Club gehört; zweitens, weil dadurch riesige Schlangen entstehen—und drittens, weil es verdammt abartig ist. Stell dir nur mal vor, dass dir der Eintritt in einen Club verwehrt wird, nur weil du woanders beim Bumsen auf der Toilette erwischt wurdest. Was passiert erst, wenn die Polizei anfängt, den Clubs zu erzählen, dass sie niemanden reinlassen dürfen, der schon mal mit Drogen zu tun hatte? Das wäre sicherlich total lustig.

Hör auf, in Clubs zu gehen

Okay, also wenn du dir durchliest, was ich so geschrieben habe, kann man als Konsequenz festhalten: Scheißt 2014 auf Clubs und fangt wieder an, illegale Raves zu organisieren.

Folgt Clive bei Twitter: @thugclive