"Mädchen, Casinos, Koks, Schutzgeld", so fasste Undercover-Cop Vince (Frederick Lau) das Geschäftsmodell der Hamadys in der ersten Staffel von 4 Blocks zusammen. Das hat sich auch in der zweiten Staffel der preisgekrönten Serie über kriminelle Clans in Berlin-Neukölln nicht geändert, die ab dem 11. Oktober auf TNT Serie und Sky zu sehen ist.Hauptfigur Toni Hamady (Kida Khodr Ramadan) hat damit abgeschlossen, der "deutscheste Deutsche" überhaupt sein zu wollen, und möchte mit seinen Drogengeschäften jetzt ganz Berlin kontrollieren. Das bringt ihm nicht nur wieder Ärger mit der Polizei ein, sondern missfällt auch dem el-Saafi-Clan. Deren Oberhaupt Mohammad (Ahmed Hefiane) versucht nun, Toni und seinen inhaftierten Bruder Abbas (Veysel Gelin) aus dem Weg zu räumen. Intrigen, konkurrierende Geschäftsinteressen, jede Menge Drama: 4 Blocks ist das Alles was zählt der neuen deutschen Serienoffensive, nur eben mit Kokain statt Schlittschuhen, größtenteils überzeugenden Schauspielern und einer sehr gut erzählten Geschichte.
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Gleichzeitig ist 4 Blocks eine Art Safe Space für Menschen, die nach wie vor glauben, dass Geschäfte nur unter Männern abgewickelt werden sollten. Und verrät einiges darüber, was es auch heutzutage noch für viele bedeutet, ein "echter Mann" zu sein.
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4 Blocks lebt von Überzeichnung und permanenter Selbstüberhöhung aller Beteiligten. Schließlich wäre auch Scarface nicht so ein popkulturelles Phänomen geworden, wenn Tony Montana sich in seinen koksbefeuerten Allmachtsfantasien ab und an mal kritisch hinterfragt hätte. Berliner Gangster kaufen sich allerdings keine Tiger für den heimischen Garten, sie sehen sich lieber selbst als Raubkatzen (Löwen), die die Konkurrenz (alles Schafe) reißen und die Überläufer und Verräter (Ratten) aus den eigenen Reihen vernichten.Mohammad al-Saafi schafft es, einen ehemaligen Mitstreiter von Toni Hamady zur Ratte zu machen, indem er ihm eine sehr lange Tierfabel erzählt, an deren Ende die Aussage steht: Junge, auch du bist ein Löwe. Du musst nur aufhören, mit den Schafen rumzuhängen. Das klingt ziemlich albern, ist aber eigentlich kein schlechter Vergleich. Männer SIND tatsächlich ein bisschen wie Löwen. Löwenmännchen sind nämlich ziemlich faul, sonnen sich den ganzen Tag in der Steppe und greifen trotzdem sämtlichen Hype für ihre Tierart ab, während die Weibchen jagen gehen und sich um den Nachwuchs kümmern. Auch deshalb ist 4 Blocks eine der authentischsten Serien, die aktuell in Deutschland zu sehen sind.
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Tiervergleiche sind der Gipfel souverän-maskuliner Gesprächsführung
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Männer belügen sich permanent selbst
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Besonders deutlich wird das, als ihn seine Frau konfrontiert. Kalila hat Angst und will wissen, warum die Polizei auch hinter ihr her ist. Toni lügt sie so überzeugend an, dass es scheint, als würde er selbst glauben, was er da sagt. Er wisse auch nicht, warum seine Polizei-Nemesis Hagen Kutscha (Oliver Masucci) ihn "fertigmachen" wolle. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns auseinanderbringen. Wir gehören zusammen. Wir sind eine Familie", sagt Toni beschwörend. Sie reagiert fassungslos: "Du hast uns auseinandergebracht. Nicht die Polizei."Es gibt viele Buzzwords, die in 4 Blocks beinahe mantraartig wiederholt werden. Loyalität zum Beispiel, Familie, immer wieder aber auch: Ehre. Wenn jemand "ehrenlos" ist, kann man mit ihm nicht arbeiten, man kann ihm nicht trauen. Erklärt wird allerdings nicht, woran genau festgemacht wird, wer denn nun Ehre hat und wer nicht. Mohammad al-Saafi, Tonis Gegenspieler, hat keine Ehre. Sagt zumindest Toni. Dabei macht dessen Clan eigentlich nichts anderes als die Hamadys.Auch die al-Saafis sind in illegale Drogengeschäfte verwickelt, töten Menschen, die ihren Zielen im Weg stehen, und schließen Allianzen mit anderen kriminellen Gruppen. Der größte Unterschied: Mohammad al-Saafi wirkt optisch und von seinem Habitus her wie jemand, der teure Taschenuhren vertickt – und hat es als ultimative passiv-aggressive Dominanzgeste etabliert, seinen Gesprächspartnern Baklava anzubieten. Macht ihn das zu jemandem ohne Ehre? Unklar. Vielleicht ist der Vorwurf der "Ehrenlosigkeit" aber auch nichts anderes als der dramatisch hingeworfene Fehdehandschuh des 21. Jahrhunderts. Irgendwie albern, hat sich aber eben etabliert.
Ehre ist wichtig, auch wenn niemand so richtig weiß, was das bedeutet
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Frauen sind die einzige Schwäche eines Mannes
Männer zerbrechen an dem Druck, alles allein schaffen zu müssen
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Die Männer in 4 Blocks glauben, dass es an ihnen liegt, für alles eine Lösung zu finden. Sie müssen ihre kriminellen Machenschaften geheimhalten, gleichzeitig ihren Einflussbereich erweitern und sich gegen konkurrierende Clans zur Wehr setzen; allem voran müssen sie aber ihre Familien beschützen. Natürlich bricht man da irgendwann zusammen. "Papa, versprichst du mir, dass du immer auf uns aufpasst?", fragt Tonis Tochter Serin (Dunja Ramadan), als er sie ins Bett bringt. Toni verspricht es. Dann geht er in das Fitnessstudio seiner neuen Villa und nimmt tiefe Schlucke aus einer Wodkaflasche.Am Ende ist 4 Blocks also gar nicht die Idealisierung eines Männertypus, der eigentlich keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft hat. Es ist das Spiegelbild eines Selbstverständnisses, das Männer nachweislich krank macht. Ein besonders dramatisch inszenierter Kommentar zu toxischer Männlichkeit, wenn man so will. Vor allem aber ist 4 Blocks die vielleicht beste Serie, die Deutschland in den letzten Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten produziert hat. Oder wie es Ricky Gervais auf Twitter formulierte: "Es ist ein verdammtes Meisterwerk." Und auch das hat sich in der zweiten Staffel nicht geändert.Folge Lisa auf Twitter und VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.