Österreich und seine Politik in den Augen von "Breitbart"-Leserinnen und Lesern

FYI.

This story is over 5 years old.

Breitbart

Österreich und seine Politik in den Augen von "Breitbart"-Leserinnen und Lesern

"Breitbart London" hat seit 2014 über 100 Artikel zu Österreich veröffentlicht. Das Bild, das dabei gezeichnet wird, ist eines von einer Nation am Rande des Zusammenbruchs, die nur mehr durch Heinz-Christian Strache gerettet werden kann.

"In cities like Salzburg, lines of people outside government offices applying for licences to buy guns have become an everyday occurrence", schreibt das rechte Nachrichtenportal Breitbart London in einem seiner Artikel über Österreich, der den Titel "Shotguns Have 'Virtually Sold Out' In Austria, Sales Fuelled By Fear Of Migrant Crisis" trägt.

Über 100 solcher Artikel zu Österreich finden sich auf der englischsprachigen Seite, die zum amerikanischen Medienunternehmen Breitbart News Network gehört. Meist basieren sie auf Berichten österreichischer Tageszeitungen, die in zugespitzter Form und auf Englisch wiedergegeben werden.

Anzeige

Inhaltlich beschäftigen sich die Artikel dabei fast ausschließlich mit Flüchtlingen in Österreich beziehungsweise den gravierenden Problemen, die durch diese seit dem Jahr 2015 entstanden sein sollen. Daneben gibt es auch ein paar Artikel, die sich wohlwollend mit der FPÖ und den Identitären auseinandersetzen.

Welchen Eindruck die größtenteils britischen Leserinnen und Leser durch die Nachrichten auf Breitbart London von Österreich bekommen (und teilweise bereits haben) und was sie von dem vermeintlich chaotischen Zustand im Land halten, zeigt sich am deutlichsten in den Facebook-Kommentaren zu den Artikeln.

Zum Beispiel unter dem Artikel "Migrant Mass Brawl Turns Quiet Austrian City Area Into Chaos", der suggeriert, dass sich in Linz Lokalbesitzer und Einheimische vor marodierenden Flüchtlings-Mobs verbarrikadieren müssten:

Allein im letzten Monat veröffentlichte Breitbart London neun Artikel mit österreich-spezifischem Inhalt. Wie viel Reichweite die Berichte des rechten Nachrichtenportals haben, ist nicht bekannt. Anhand der Reactions, Shares und Comments auf Facebook lässt sich aber schließen, dass auch die österreich-spezifischen Beiträge durchaus das Interesse der Breitbart-Leserinnen und Leser wecken: Bei knapp 60.000 Likes für die Facebookseite von Breitbart London, haben die neun Artikel zu Österreich insgesamt immerhin fast 5000 Interaktionen hervorgerufen.

Welche Reaktionen die bewusst skandalisierend gehaltenen Texte dabei auslösen, zeigt sich besonders drastisch unter einem Bericht über die Strafminderung eines jungen Irakers, der in einem österreichischen Schwimmbad einen 10-Jährigen vergewaltigt hatte, sowie einem Artikel zu Heinz-Christian Straches Forderung, Islamisten auf eine einsame Insel zu verfrachten.

Anzeige

In den Kommentaren auf Facebook tauchen gleich mehrere Gewalt- und Mordaufrufe gegen den Iraker und den Richter auf:

Heinz-Christian Straches Vorschlag, europäische Islamisten auf einer einsamen Insel zu internieren, findet hingegen viel Zuspruch. Einige Leserinnen und Leser scheinen bei Straches Ansinnen sogar so euphorisch zu werden, dass sie ein bisschen über das Ziel hinaus schießen:

Für die meiste Aufregung sorgte im letzten Monat aber ein Artikel zu Van der Bellens Kopftuchsager. Bereits seit dem Beginn des Präsidentschaftswahlkampfs vor einem Jahr, hatte sich Breitbart London auf Alexander Van der Bellen eingeschossen, ignorierte bis zum Schluss dessen unabhängige Kandidatur und ließ seine Leserinnen und Leser wissen: "Voting Green today is the equivalent of voting for the Communists in the 1950s or the Nazis and Fascists in the 1930s."

Breitbart London bezeichnete Van der Bellen außerdem als "Extremisten" und "Wassermelone", da er außen grün und innen rot sei. Gewählt sei Van der Bellen in der "wahrscheinlich manipulierten Wahl" schließlich nur deshalb geworden, weil an Österreichischen Universitäten eine linke Indoktrinierung von Studierenden stattfinden würde und den Österreicherinnen und Österreichern verschwiegen würde, dass ähnliche Umstände wie die sogenannte Flüchtlingskrise in den 1930ern zum Aufstieg Hitlers geführt hätten.

Wie Breitbart London im Artikel "Austria's New President Hates His Own Country" außerdem suggeriert, soll Van der Bellen einmal gesagt haben: "Whoever loves Austria is shit." Dass der Ausspruch ursprünglich aus der Kampagne "Nimm dein Flaggerl für dein Gaggerl" der Grünalternativen Jugend stammt und von Van der Bellen nie getätigt wurde, erwähnt Breitbart London nicht.

Anzeige

Zu welchen Reaktionen die Querschüsse von Breitbart London gegen Alexander Van der Bellen bei den britischen Leserinnen und Lesern führen, zeigt sich wiederum in den Facebookkommentaren zu den Artikeln:

Während Breitbart London gegen alles (vermeintlich) Linke in Österreich anschreibt und den Leserinnen und Lesern das Bild einer Nation am Abgrund zeichnet, pusht sie gleichzeitig in zahlreichen Artikeln über Hein-Christian Strache die FPÖ als einzige Retterin in der Not.

Die FPÖ wird dabei durchgehend als "anti-mass migration Freedom Party of Austria" bezeichnet und als Bollwerk gegen Links- und Rechtsextremismus, Islamismus, Kommunismus, Sozialismus und Flüchtlinge präsentiert.

Dass Breitbart London dadurch Einfluss auf die im Herbst anstehende Nationalratswahl in Österreich nehmen könnte, ist eher unwahrscheinlich – die Reichweite des rechten Nachrichtenportals dürfte (noch) gering sein. Allerdings rufen manche österreichischen User bereits nach einem deutschsprachigen Breitbart-Channel. Und tatsächlich hat Breitbart erst Ende April angekündigt, nach Frankreich und Deutschland expandieren zu wollen, was vor allem in Deutschland – wo im September ein neuer Bundestag gewählt wird – für Aufregung gesorgt hat.

Dass Breitbart auch in Europa Wahlen in eine bestimmte Richtung pushen will, hat das Unternehmen bereits bei der Abstimmung über den Brexit bewiesen. Nigel Farage, der als Schlüsselfigur des Brexit gilt, sagte nach dem Abstimmungserfolg: "Well done, Bannon. Well done, Breitbart — you've helped with this hugely."

Paul auf Twitter: @gewitterland

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.