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Klimek vs. Klenk: Das Problem mit dem Zitieren und der Journalistensprache

Warum unbestimmte Formulierungen in Artikeln das größere Ärgernis sind.

Auf Twitter ist die Sache klarer als auf Facebook. Tweets sind öffentlich.

Letzte Woche coverte das Wiener Stadtmagazin die Proteste gegen den WKR-Ball mit einer ausführlichen Story. Darin fand sich gegen Ende ein eigentlich eher unspektakuläres Zitat von Manfred Klimek, einem österreichischen Fotografen, der mittlerweile in Berlin lebt. Wer das Zitat lesen will, soll dem Link zum Falter-Artikel folgen (Update: beziehungsweise nicht. Der Falter hat den Artikel online geändert. Das vollständige Zitat steht in der Printausgabe). Wir werden es hier nicht wiederholen. Wer wissen will, warum, sollte weiterlesen.

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Offenbar ist Klimek erst jetzt aufgefallen, dass seine Aussage den Weg in den Falter gefunden hat. Gestern Nacht echauffierte er sich in ziemlich direktem Ton über den Falter und dessen Chefredakteur Florian Klenk. Seither kursiert auf Facebook und Twitter eine Diskussion über das kleine, unspektakuläre Zitat. Das Problem: Klimek hat die Aussage auf seinem privaten Facebook-Profil und mit der Privatsphäre-Einstellung „Privat“ getätigt. Was die Sache ein wenig komplizierter macht: Klimek hat an die 5000 Facebook-Freunde.

Dass Klimek offenbar nicht mitgeteilt wurde, dass sein Zitat genutzt wird, ist scheiße, aber im Grunde gar nicht der Kern des Problems. Das ist sogar üblich: Storifys (Zusammenfassungen von Tweets zu einem bestimmten Thema) haben sich als Instrument von faulen Journalisten etabliert, um Klicks mit Dingen abzuholen, die andere Journalisten gesagt haben. Gefragt wird da auch keiner. Wichtiger ist die Frage, wann eine Aussage „öffentlich“ ist. Die ist im Medienrecht schwerer zu beantworten als auf Facebook. Im Zweifelsfall wird es ausjudiziert werden müssen.

Das eigentliche Problem ist für mich aber etwas anderes. Was heißt denn, Klimek wird „lakonisch festhalten“? Wo hält er das fest? Gegenüber dem Falter? In seinem Blog? Auf Twitter oder Facebook? In einer Presseaussendung? Das wäre ja durchaus interessant gewesen.

Die Wahrheit ist: Wir Medienvertreter haben uns abseits der Nachrichtenmeldung eine unbestimmte Sprache angewöhnt, die ein echtes Problem ist. Denn es ist eigentlich eine Nicht-Sprache, die Aussagen nicht tätigen, sondern kunstvoll verschleiern will.

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Wir schreiben „oftmals“, wenn wir über Dinge schreiben wollen, aber keine Zahlen dazu haben.

Wir schreiben „immer häufiger“, wenn drei unserer Freunde etwas machen und wir einen Trend suggerieren wollen.

Wir schreiben „nach Medienberichten“, wenn wir etwas woanders gelesen haben und keine Werbung für die Konkurrenz machen wollen.

Das ist ok. Ich mach das ja ebenfalls, auch in diesem Artikel. Aber eigentlich ist das ziemlich uncool. Ja, man macht sich durch klare Aussagen angreifbar, weil sich immer Gegenbeispiele finden lassen. Solange ich nur unbestimmt über Dinge berichte, die „verstärkt“ passieren, beschreibe ich das dünne Eis nur, ohne mich darauf zu begeben. Ich erwarte aber von Journalisten, dass sie Risiken eingehen. Gerade weil wir alle unsere Namen ja gerne unter den Artikeln lesen. Wer immer nur mit Handbremse schreibt, hat die Eitelkeit nicht verdient.

Folge Jonas auf Twitter: @L4ndvogt