Andrei Pandele war der einzige rumänische Fotograf, dessen Eier dick genug waren, um systematisch die alltäglichen Zustände abzubilden, die in Rumänien während der Ceaușescu-Ära in den 1970er und 1980er Jahren herrschten. Das war zu einer Zeit, als die Thematisierung jedes alltäglichen Problems—wie beispielsweise lange Warteschlangen vor Bäckereien—als Propaganda gegen das System und „Verzerrung der sozialistischen Realität" gebrandmarkt wurde und du dafür bis zu sechs Jahre im Gefängnis landen konntest.
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Pandele, der sich heute in seinen 60ern befindet, hat eine so große Fotosammlung vom Leben im kommunistischen Rumänien angehäuft, dass er uns, als wir ihn um unveröffentlichte Bilder gebeten haben, eine CD mit rund 11.000 Bildern geschickt hat. Und jedes Foto davon (zumindest die, die wir uns angesehen haben) sah nicht nur gut aus—auch die Geschichten dahinter waren faszinierend.VICE: Warum hast du bis 2005 gewartet, um deine Fotos zu veröffentlichen?
Andrei Pandele: Viele Rumänen sahen in meiner Arbeit eine Diffamierung ihres Landes, aber in Wirklichkeit ist es vielmehr eine Kritik am Kommunismus. Um dir ein Beispiel zu geben: 1993 zeigte ich dem Direktor des Nationalmuseums für zeitgenössische Kunst in Bukarest einige meiner Fotos. Er war so außer sich, dass er sie weggeschmissen hat. Die Leute waren damals noch nicht so weit, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Heute sind viele noch immer nicht dazu bereit.Wie bist du dazu gekommen, den Alltag im kommunistischen Rumänien mit Fotos zu porträtieren?
Ich bin nicht nur Fotograf, sondern auch Architekt. Als Ceaușescu begann, Kirchen und ganze Nachbarschaften zu zerstören, wollte ich das Bukarest, das ich liebte und das vor meinen Augen zunehmend verschwand, unsterblich machen. Das war zwar nicht illegal, wirkte aber verdächtig auf das Regime. In den ersten eineinhalb Jahren wurde ich gute 30 Mal vernommen.
Damals realisierte ich, dass Polizisten, Kriminelle und Hunde eines gemeinsam haben: Sie werden aggressiv, wenn sie Angst riechen. Deshalb habe ich mein Vorgehen verändert und gelernt, wie man mit der Polizei sprechen muss, damit sie einem in Ruhe lässt. Es war hilfreich, die Namen von großen Tieren zu kennen, vor denen die kleinen Wachbeamten selbst Angst hatten. Mein Fotojournalisten-Ausweiß, den ich durch meine Tätigkeit bei den einzigen beiden Sportzeitschriften des Landes erhielt, sowie mein Status als Architekt halfen ebenfalls.
Andrei Pandele: Viele Rumänen sahen in meiner Arbeit eine Diffamierung ihres Landes, aber in Wirklichkeit ist es vielmehr eine Kritik am Kommunismus. Um dir ein Beispiel zu geben: 1993 zeigte ich dem Direktor des Nationalmuseums für zeitgenössische Kunst in Bukarest einige meiner Fotos. Er war so außer sich, dass er sie weggeschmissen hat. Die Leute waren damals noch nicht so weit, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Heute sind viele noch immer nicht dazu bereit.Wie bist du dazu gekommen, den Alltag im kommunistischen Rumänien mit Fotos zu porträtieren?
Ich bin nicht nur Fotograf, sondern auch Architekt. Als Ceaușescu begann, Kirchen und ganze Nachbarschaften zu zerstören, wollte ich das Bukarest, das ich liebte und das vor meinen Augen zunehmend verschwand, unsterblich machen. Das war zwar nicht illegal, wirkte aber verdächtig auf das Regime. In den ersten eineinhalb Jahren wurde ich gute 30 Mal vernommen.
Damals realisierte ich, dass Polizisten, Kriminelle und Hunde eines gemeinsam haben: Sie werden aggressiv, wenn sie Angst riechen. Deshalb habe ich mein Vorgehen verändert und gelernt, wie man mit der Polizei sprechen muss, damit sie einem in Ruhe lässt. Es war hilfreich, die Namen von großen Tieren zu kennen, vor denen die kleinen Wachbeamten selbst Angst hatten. Mein Fotojournalisten-Ausweiß, den ich durch meine Tätigkeit bei den einzigen beiden Sportzeitschriften des Landes erhielt, sowie mein Status als Architekt halfen ebenfalls.
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Hattest du jemals Angst?
Nun ja, ich wusste, dass man ein Risiko eingehen muss, wenn man etwas Besonderes erreichen will. Manche denken, ich habe mich versteckt, wenn ich die Bilder schoss. Aber ich bin über 1,80 Meter groß—wie und wo hätte ich mich da verstecken sollen? Bei einem Bild, wo gerade eine Kirche zerstört wird, blickt ein Polizist direkt in meine Linse, um zu sehen ob ich fotografiere. Ich war nicht so blöd, die Kamera auf Augenhöhe zu heben. Ich hatte die Kamera oft um den Hals, und tat so, als würde ich einen Arm auf die Kamera legen, um ihn auszuruhen. Mit den anderen Arm versuchte ich mitunter die Aufmerksamkeit der Leute vom Fotoapparat abzulenken. Die Bilder wurden freilich nicht immer gut, wenn ich so fotografieren musste. Aber manche Fotos wurden trotzdem großartig.Viele Leute behaupten, du hast nur fotografieren können, weil du ein Informant warst.
Das habe ich auch schon gehört, dass manche Menschen denken, ich wäre Ceaușescu's Fotograf gewesen. Das ist seltsam, weil ich keine Bilder von ihm habe. Ich habe einfach im Zentrum Bukarests gearbeitet, in einem Hochaus mit Blick auf einen Boulevard, und das hat es mir leicht gemacht, Fotos zu schießen, wenn dort etwas passierte.Wie bist du an deine Kamera und den Film dafür gekommen?
Meine erste Kamera kaufte mir mein Vater in Wien. Er war ein bekannter Gynäkologe und immer wenn er einen Kongress außerhalb Rumäniens besuchte, brachte er mir Filmrollen mit. In Rumänien waren Filmrollen sehr teuer, weshalb ich mir selbst von meinem ganzen Gehalt nur wenig hätte kaufen können. Die Filme entwickelte ich bei meinem Vater, wo ich auch die Filmrollen lagerte. Wäre meine Wohnung durchsucht worden, hätten der Staatsschutz nur eine Filmrolle mit den Vermerk „Rumänien vs. Deutschland Handballspiel" und 34 Bildern eines Handball-Matches gefunden.
Nun ja, ich wusste, dass man ein Risiko eingehen muss, wenn man etwas Besonderes erreichen will. Manche denken, ich habe mich versteckt, wenn ich die Bilder schoss. Aber ich bin über 1,80 Meter groß—wie und wo hätte ich mich da verstecken sollen? Bei einem Bild, wo gerade eine Kirche zerstört wird, blickt ein Polizist direkt in meine Linse, um zu sehen ob ich fotografiere. Ich war nicht so blöd, die Kamera auf Augenhöhe zu heben. Ich hatte die Kamera oft um den Hals, und tat so, als würde ich einen Arm auf die Kamera legen, um ihn auszuruhen. Mit den anderen Arm versuchte ich mitunter die Aufmerksamkeit der Leute vom Fotoapparat abzulenken. Die Bilder wurden freilich nicht immer gut, wenn ich so fotografieren musste. Aber manche Fotos wurden trotzdem großartig.Viele Leute behaupten, du hast nur fotografieren können, weil du ein Informant warst.
Das habe ich auch schon gehört, dass manche Menschen denken, ich wäre Ceaușescu's Fotograf gewesen. Das ist seltsam, weil ich keine Bilder von ihm habe. Ich habe einfach im Zentrum Bukarests gearbeitet, in einem Hochaus mit Blick auf einen Boulevard, und das hat es mir leicht gemacht, Fotos zu schießen, wenn dort etwas passierte.Wie bist du an deine Kamera und den Film dafür gekommen?
Meine erste Kamera kaufte mir mein Vater in Wien. Er war ein bekannter Gynäkologe und immer wenn er einen Kongress außerhalb Rumäniens besuchte, brachte er mir Filmrollen mit. In Rumänien waren Filmrollen sehr teuer, weshalb ich mir selbst von meinem ganzen Gehalt nur wenig hätte kaufen können. Die Filme entwickelte ich bei meinem Vater, wo ich auch die Filmrollen lagerte. Wäre meine Wohnung durchsucht worden, hätten der Staatsschutz nur eine Filmrolle mit den Vermerk „Rumänien vs. Deutschland Handballspiel" und 34 Bildern eines Handball-Matches gefunden.
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