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The Humongous Fungus Among Us Issue

Gestatten, Amtsmündel!

Monika S. kam in einem Puff zur Welt, wurde in ihren Pflegefamilien misshandelt und verklagt jetzt das Land Vorarlberg. Wir haben mit ihr über ihre Erfahrungen gesprochen.
Bei den Benediktinerinnen im Kloster Scharnitz

Die Gegend, in der Monika damals beschloss, neu anzufangen, erinnert ein bisschen an Montmartre in Paris, liegt aber in Niederösterreich: eine steil bergauf führende Straße und mit Efeu verwachsene Häuser, die so dicht aneinander liegen, als müssten sie sich wärmen in diesem „Pseudo-Sommer".

Monika nennt das „kleinbürgerlich" und den Ort, zu dem sie gerade die Türe aufsperrt, „Seelenruhestätte". Die „Seelenruhestätte" war einmal ein Hof, dem eine Großfamilie in den letzten Jahren neues Leben eingehaucht hat: Im Pool treibt das erste Herbstlaub, auf der Wiese liegt das Spielzeug von Monikas vierjährigem Enkel verstreut, die Treppe knarrt, wenn man auf den Balkon gehen will. An der Rückseite des Hauses erstreckt sich eine Unterwasserlandschaft aus Mosaiksteinen: Fische, Schildkröten und die Sonne, die ein Bad im Meer nimmt.

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Monika hat das Bild aus Fliesen gelegt, die einmal die Wände einer Nervenklinik zierten, ihrer Nervenklinik, um genau zu sein. Es war für sie die beste Therapie, um ihr Leben zu verarbeiten, das man so lange vor ihr versteckt hat und das sie gerade aus einer Jutetasche auf dem Tisch verteilt: Akten, Zeitungsartikel, Polizeiprotokolle, Briefe. „Mein ganzes beschissenes Leben ist in dieser Tasche", schließt sie und entschuldigt sich in derselben Sekunde für den Ausdruck. Monika S. flucht für gewöhnlich sehr selten. Wenn es für sie überhaupt irgendein legitimes Schimpfwort gibt, dann „Mama".

Monika S., die eigentlich anders heißt, kam am 12. April 1961 in Dornbirn, Vorarlberg zur Welt. Für den Ort, in dem sie die ersten drei Monate ihres Lebens verbringen musste, fand die Presse schon einige Umschreibungen: „Freudenhaus", „Etablissement", „horizontales Gewerbe" oder „Liebesnest". Ein Wiener sagt „Puff" dazu. Als das Jugendamt vor der Türe stand, war Monika noch keine zwei Monate alt, hatte die Hälfte ihres Geburtsgewichts verloren und war oft tagelang alleingelassen worden. Wäre sie zu einer Familie gekommen, die sie lieb gehabt hätte, wäre vielleicht noch alles gut gegangen.

Aber Monika kam zu Frau K., ihrer ersten Pflegemutter von insgesamt 24. Es sollte elf Monate dauern, bis ein Gutachter vorbeigeschickt wurde. „Das Kind ist dick und gesund", lautete sein damaliges Urteil. Dass das nicht der Realität entsprochen hat, zeigt der Befund eines Bregenzer Arztes aus derselben Woche: „Das Kind kann weder sitzen noch stehen und hat ein schiefes, verschobenes Knie, das vermutlich von Schlägen herrührt." Als Monika zweieinhalb Jahre alt war, erfolgte eine weitere blauäugige Visite einer Fürsorgerin: Sie liege im Vergleich zu den anderen Kindern in der körperlichen Entwicklung zurück und sei auffallend zart, solle laut Angaben der Familie aber gesund sein.

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Das war am 17. Oktober 1963, als das Kind seit Jahren Schläge, Demütigungen und Missbrauch hinnehmen musste. Frau K. sperrte das Mädchen regelmäßig in den Kohlenkeller, drohte ihr, der ältere Ziehbruder „Wolfi" würde sie verprügeln, und brach ihr mit einem Hammer mehrmals grundlos die Zehe. Es sind Übergriffe, die bis heute das Leben der erwachsenen Frau prägen: Über Jahre trug sie nur geschlossene Schuhe, um die verkrüppelte Zehe zu verstecken und unangenehmen Fragen auszuweichen.

In Kellerräume kann sie weder alleine noch in Begleitung gehen, Zitteranfälle und Panikattacken sind die Folge. „Nur das In-die-Tiefgarage-Fahren habe ich inzwischen geübt", sagt sie und meint damit nicht das Einparken. Dass die kleine Monika ihrer ersten Ziehmutter entkam, lag an einer befreundeten Nachbarin, die den Missbrauch über Jahre hinweg beobachtete, allerdings erst im November 1965 anonym Anzeige erstattete.

Warum die Fürsorgerin die blauen Flecken erst so spät sah, ist die eine, warum man das Kind noch weitere zwei Wochen bei Frau K. wohnen ließ, die andere Frage, die Monikas Anwalt heute beschäftigt. Laut Protokoll stellte die Vierjährige damals der Fürsorgerin jedenfalls nur eine einzige Frage: „Jetzt blib i aber bi dir, oder?" Sie sollte es irgendwann aufgeben, diese Frage immer und immer wieder zu wiederholen.

In den kommenden zwei Jahren kommt Monika zu vier weiteren Pflegefamilien, ihre letzte „Mutter", Frau B., fand sie über ein Zeitungsinserat mit dem Titel „Mündel zu vergeben". Als diese wie durch ein Wunder noch einmal schwanger wurde, kam Monika zu den Benediktinerinnen ins Kloster Scharnitz nach Tirol.

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Auch die Erinnerungen an diese Zeit waren jahrelang nichts weiter als zusammenhangslose Bildfetzen in ihrem Kopf gewesen, die Jahrzehnte später über sie hereinbrachen wie ein ratterndes Daumenkino: Scheitelknien, Rohrstöcke, wegen Wasserentzug aus der Toilette trinken, kalte Dusche gegen das Bettnässen und „die täglichen Bromtablette zum Runterkommen". Monika hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine katholische Erziehung genossen, wusste nicht, wie man das Kreuzzeichen macht, und konnte mit dem Herzjesulein ebenso wenig anfangen wie die Klosterfrauen mit ihrer „schändlichen Herkunft". Eine Seite ihres Gebetsbuches mit dem Titel Ich bete, dass ich rein und schamhaft bleibe kritzelte sie mit Bleistift voll-fast so, als wüsste sie bereits, dass das nicht stimmte.

Mit neun Jahren, am 28. November 1969, wurde an Monika in der Universitätskinderklinik in Wien der „Wassermann-Test" durchgeführt, eine damals gängige Methode, um Syphilis nachzuweisen. Er war positiv und der Verdacht, sie könnte sich bereits im Mutterleib daran angesteckt haben, naheliegend, weswegen auch die Mutter einen Test durchführen musste. Negativ. Wie und von wem sich eine Neunjährige mit einer Geschlechtskrankheit infizieren konnte, fragte sich damals niemand.

Auch als Monika am 6. April 1970 in das SOS-Kinderdorf nach Salzburg versetzt wurde, wusste sie noch nichts von diesen „komischen Vernarbungen im Unterleib". Wenn die erwachsene Frau heute zurückblickt, erinnert sie sich an diese vergleichsweise schönste Zeit ihrer Kindheit. Warum sie schlussendlich aus dem Heim ausbüxt, dem einzigen Ort, an dem sie Kind sein konnte, so gut es ging, kann sie nicht sagen. Ihr Psychiater vermutet eine Art „Reflex" oder „Tick" dahinter, das Verlangen, selbst über Gehen und Bleiben zu entscheiden, „das bei Jugendlichen mit wenig Zuneigung besonders stark ausgeprägt ist".

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Also kommt die inzwischen 15-Jährige in ihr erstes nicht-katholisches Mädchenheim in die Spattstraße nach Linz. Als sie ihre Periode zum ersten Mal bekam, tauschte sie sich mit Zimmergenossinnen aus, kann aber keinen Tampon einführen, solange sie es auch versucht. „Man sah nur noch eine kleine Öffnung, der Rest war vollkommen vernarbt", erinnert sich die Frau heute. Man brachte das Mädchen zum Frauenarzt, operierte ihre Vagina und machte wie damals nach der Syphilis-Infektion den alten Fehler erneut: Man forschte nicht weiter nach und stempelte das Mädchen zunehmend als „Problemfall" mit „erheblichen Persönlichkeitsstörungen" ab.

Irgendwann kam Monika in die Pubertät, eine Zeit, in der sie es längst aufgegeben hatte, auf irgendeine Mutter zu hoffen, aber zumindest eine gute Freundin gebraucht hätte, die sie an der Hand führt. Ihre schwere Kindheit macht sie in ihrer Jugend zu einem noch leichteren Opfer: Mit 17 wird sie schwanger und muss sich damit abfinden, dass ihr das Baby gleich nach der Geburt abgenommen wird.

Der Vater des Kindes, Adoptivsohn eines italienischen Autoindustriellen, brachte sie später in jene Kreise zurück, in die sie damals hineingeboren wurde: in ein Puff, das Mona Lisa in der Reinprechtsdorferstraße in Wien. Sie bekommt K.-o.-Tropfen verabreicht und wird Opfer einer Massenvergewaltigung, zeigt diese zweimal an und muss bis heute damit leben, dass die Täter ungescholten davonkommen.

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Am 16. Februar 1979 wird Monika mit sofortiger Wirkung aus der Heimerziehung entlassen-14 Monate zu früh, denn sie wäre erst im darauffolgenden Jahr volljährig geworden. Das war der Moment, als sie sich zum ersten Mal wünschte, tot zu sein.

Man fragt sich, warum diese Frau erst so spät auf jemanden trifft, der es, im Gegensatz zu allen anderen Menschen, gut mit ihr meint und die Kraft aufbringt, sie aus dieser Spirale der Gewaltverbrechen zu befreien. Derjenige, der sie herausgezogen hat, ist ihr heutiger Mann, heißt Franz und ist Fotograf. Wenn Monika heute davon erzählt, wie sich die beiden kennengelernt haben, bricht ein ungezügeltes Lachen aus ihr heraus-wie in den Momenten, in denen sie von ihrem kleinen Enkel erzählt. „Er trug einen Trenchcoat, Jeans und ein blaues, kariertes Hemd. Ich eine Jeans, cremefarbene Bluse und braune High Heels. Ich musste einfach fragen, ob er mit mir was trinken gehen möchte, im dritten Lokal streifen ihn meine Lippen zum ersten braven Busserl." Es war Monikas Freibrief aus ihrer alten Welt. Erstmals.

Bei den Benediktinerinnen im Kloster Scharnitz: Monika S., vorne im Bild mit neun Jahren.

Die Flashbacks blieben natürlich, das bedrückende Gefühl im Unterbewusstsein, dass mit ihrer Kindheit irgendetwas nicht gestimmt hat. Kleine Mosaiksteine, die über Jahre hinweg kein richtiges Bild ergaben. Das frisch verheiratete Paar wusste nicht, warum Monika auf bestimmte Orte und Menschen körperlich so abnormal reagierte, warum sie in eine jährliche Winterdepression verfiel und eines Tages, als ihr gemeinsamer Sohn sechs Jahre alt war, einfach zusammenklappte und in die Nervenklinik Gugging in Klosterneuburg eingeliefert werden musste.

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„Die Zunge hing ihr aus dem Mund, die Augen waren starr-so lag sie über Wochen in ihrem Bett." Wenn Franz diese Erinnerung heute wieder hochbringt, schüttelt es Monika noch immer am ganzen Körper. Aber sie überstand auch die schlimmste Zeit, wurde entlassen, kehrte in ihre „Seelenruhestätte" zurück, bereiste mit der jungen Familie für Fotoprojekte die Welt und begann irgendwann, Mosaike zu legen-nicht sprichwörtlich, sondern wortwörtlich. Auf die Unterwasserlandschaft im Pool ist sie besonders stolz, deswegen, weil deren Einzelteile davor nichts weiter als Ruinen einer Nervenanstalt waren, in der sie so gelitten hat.

Es hat einen starken symbolischen Charakter, dass mit ihrem Leben in den darauffolgenden 15 Jahren dasselbe passieren sollte wie mit den blauen Mosaiksteinen im Pool. Monika legte sich ein Bild-nicht aus Steinen, sondern aus Akten, für die sie „unaufhörlich" und „wie eine Löwin" gekämpft hatte und die sie eben aus der Jutetasche auf den Tisch gelegt hat.

Warum das 15 Jahre gedauert hat? Generell gibt es in der Jugendwohlfahrt/Kinder- und Jugendhilfe kein Recht auf Akteneinsicht, sondern eine begleitete und zeitlich begrenzte Aktenauskunft. „Damals saß ich vor zwei mal 30 Zentimeter hohen Ordnern voller Dokumente, und weil ich nur zwei Stunden Zeit hatte, zupfte ich wahllos Zettel heraus", erinnert sich Monika an ihren ersten Kontakt mit ihrer Vergangenheit. Das war der Moment, in dem sie aus einem alten Zeitungsartikel erfuhr, dass sie jahrelang der „Spielball der Behörden" gewesen war und dass sie um die 24 Mütter gehabt haben muss.

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Zwei Stunden später war die Besuchszeit vorbei und Monika spürte, wie ihr das eigene Leben wortwörtlich entglitt. Sie rief jeden Tag am Sozialamt Salzburg an, forderte das Landesarchiv auf, ihren Akt vollständig auszuheben und zu kopieren, und schrieb sogar der damaligen Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Inzwischen wurde der Druck wohl auch durch weitere Betroffene so groß, dass der zuständige Soziallandesrat Heinrich Schellhorn eine Art Sonderregelung für Missbrauchsopfer erließ, die nächstes Jahr im Kinder- und Jugendhilfegesetz landesweit zusätzlich auch rechtlich verankert werden soll. Seit einem Jahr können also Personen mit einer solchen Vergangenheit beim Salzburger Sozialamt jederzeit Kopien ihres geschwärzten Aktes anfordern.

Bundesweit ist eine solche Akteneinsicht allerdings noch nicht geregelt. Für Monika war es der letzte Schritt einer langen, bürokratischen Suche nach ihrer eigenen Biografie: Sie hat Nationalbibliotheken nach ihrem eigenen Namen durchforstet, im Kloster Scharnitz nach einer gewissen „Schwester R." gefragt und einige ihrer „Mütter" getroffen, nur um erneut einzusehen, dass sie nie eine hatte. Erst mit 53 Jahren brachte sie ihr wichtigstes Mosaik zu Ende, dessen Einzelteile sie so lange gequält und immer nur eine Frage aufgeworfen hatten: Wie konnte all das mit mir passieren?

Es ist nicht die einzige Frage, die man sich beim Wälzen von Monikas Akten stellt. Andere sind zum Beispiel: Warum hat die Jugendwohlfahrt damals ihre Sorgfaltspflicht verletzt und sich nicht ausreichend um das Kind gekümmert? Warum wurde Monikas erste Pflegemutter, Frau K., nie angezeigt? Warum wurde Monikas erste Fürsorgerin, jene Frau, die sie der Familie K. entriss, entlassen und durch eine neue ersetzt? Warum haben Gynäkologen, Ärzte und Behörden damals nicht so weit gedacht, dass Monikas Verletzungen im Genitalbereich von schweren Missbräuchen stammen könnten? Warum wurde sie noch als Minderjährige aus dem Pflegedienst entlassen und auf die Straße gesetzt, obwohl ihr Zustand mehr als labil war?

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Es sind Fragen, die politisches und behördliches Personal der 60er-Jahre belasten. Aber auch die jetzige Landesregierung spielt eine wichtige Rolle in diesem Prozess, denn als zivilrechtlich angeklagte Partei könnte sie auf die Verjährung verzichten. „Die Verjährung ist die Kardinalfrage in vielen Missbrauchsfällen, hinter der sich Länder oder kirchliche Einrichtungen oft verstecken", sagt Dr. Bernd Haberditzl, Konzipient von Monikas Anwalt. Rechtlich ist es natürlich legitim, sich auf so eine Verjährung zu berufen-ob es auch moralisch vertretbar ist, ist eine andere Sache, denn das Land selbst hat die Vorfälle nie direkt bestritten.

Monikas Anwalt vermutet, dass das Land dann auch bei anderen Missbrauchsfällen eine „Ausnahme" machen müsste und dies aus Angst vor einer Lawine von Anklagen bewusst nicht tut. Deswegen muss ein Gerichtspsychologe jetzt nachweisen, dass Monika gar nicht in der Lage war, zu klagen, weil sie infolge einer posttraumatischen Störung die Tat komplett verdrängt hatte. Viele Missbrauchsopfer erinnern sich erst im Zuge ihrer Therapie an die Vorfälle.

Wie hochpolitisch das Thema geworden ist, zeigt auch Monikas Präsenz im Wahlkampf der Vorarlberger Landtagswahl. So schrieb der FPÖ-Klubobmann Dieter Egger in einem offenen Brief an den Landeshauptmann Markus Wallner: „Ich halte es für inakzeptabel, dass sich die Landesregierung im Fall Monika S. hinter der Justiz versteckt und lange, kostspielige Gerichtsverfahren anstrebt, anstatt eine Vorbildfunktion in der Aufarbeitung und Wiedergutmachung einzunehmen."

Auch Dr. Öhlböck, der als Anwalt die Opferseite im Stift Kremsmünster vertreten hat, kritisiert den hohen Täterschutz in Österreich: „Würden sich Länder und kirchliche Institutionen vor Gericht nicht mehr auf eine solche Verjährung berufen dürfen, dann könnte Opfern rasch, unbürokratisch und vor allem menschlich geholfen werden."

Vom „Land der Täterschützer" spricht auch Sissi Kammerlander, Vorsitzende des Vereins Victims Mission und eine der ersten Personen, denen Monika ihre Geschichte anvertraut hat. An jenem auffallend warmen Samstag sitzen sich die beiden in einem Lokal in der Thaliastraße gegenüber und erheben ihr Glas auf den jeweils anderen. Die Vorsitzende bewundert, dass Monika trotz ihrer Geschichte mit so einer Lebensfreude und Stärke durchs Leben geht und heute anderen Opfern helfen will. Monika bewundert, dass Sissi Kammerlander hilft, obwohl sie selbst keine eigene Geschichte hat.

Victims Mission fordert einen unabhängigen Fond in Österreich, aus dem Entschädigungsgelder für Opfer, aber auch Beträge für Therapiestunden, Anwaltskosten und Schulungen lukriert werden sollen. Monika weiß, wie mühevoll und oft unbefriedigend es ist, mit den Opferschutzstellen in Kontakt zu treten. „Die meisten werden von Rechenmaschinen verwaltet, nicht von Menschen. Man wird mit lapidaren Beträgen um die 5.000 Euro und viel zu wenig Therapiestunden abgewimmelt und muss sich am Ende alleine durch den Prozess kämpfen." Das Schlimmste war allerdings, vergeblich auf ein Schuldgeständnis zu warten-von wem auch immer.

Franz, der Fotograf, der seit 33 Jahren nicht von Monikas Seite weicht, fegt die Schreiben vom Tisch und erhebt sein Glas, um auch wieder einmal „etwas Schönes zu sagen": „Ich habe sie all die Jahre mitgeschleppt und heute ist sie so kräftig, dass ich mich fallen lassen könnte, und sie würde mich bis an mein Lebensende tragen." Das ist den beiden heute mehr wert als jede Geldsumme. Dieses Wissen hat selbst für Außenstehende etwas Beruhigendes-auch, wenn es die meisten ohne Hilfe gar nicht erst so weit schaffen.

Folgt Franziska auf Twitter: @franziska_tsch