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Drogen

Das denken Österreichs Parteien über Drogen

Wir haben in den österreichischen Parteiprogrammen zwischen den Zeilen gelesen und sagen euch, welche Substanzen ihr wahrscheinlich nehmen dürftet, wenn die einzelnen Parteien alleine regieren würden.

Collage von Marta Parszeniew, via VICE Media

Das Interesse der österreichischen Politik an Drogen, was Freigabe, Sucht, Kriminalität und Gesundheit betrifft, ist eher gering. Ein Grund dafür ist—ironischer-, aber sehr österreichischerweise—die Brisanz des Themas. Während junge Menschen dem Diskurs gegenüber eher offen sind, neigen ältere Generationen dazu, die Thematik allgemein abzulehnen.

Das lässt sich durch den Wandel der Drogenaufklärung in Österreich erklären. Während in der Prävention heute der Trend der objektiven Aufklärung herrscht, wurde in den 1970ern und 1980ern mit Schock-Kampagnen gegen jeglichen Konsum von illegalen Substanzen gewettert.

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Das heißt bis zu einem gewissen Grad auch, dass eure Eltern und Großeltern nichts dafür können, wenn sie bei all der indoktrinierten Abschreckung irgendwann spießig gegenüber euren Nutzpflanzen und Partypillen geworden sind. Vor allem, weil „Sich neue Weltansichten zulegen" in keiner Top-Liste der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen österreichischer (Fast-)Pensionisten ist. Auch heute besteht Österreich noch immer gefühlt zu 70 Prozent aus der Kombination von „Land + alt" und die Politik will eben keine Wähler verlieren.

Auf der einen Seite steht also ein objektiver, aufgeklärter Zugang—und auf der anderen die Wähler, die man mit Populismus und deutlichen Positionen (auch, wenn die vielleicht unlogischer sind) einfacher erreicht.

Ich habe mir die Drogenpolitik von Österreichs Parlamentsparteien angeschaut und mich dafür durch einige teilweise uralte Grundsatzprogramme geblättert. Vorab ein kleiner Spoiler: Meine eigene Meinung, die an dieser Stelle wahrscheinlich den Rahmen sprengen würde, habe ich in keinem davon wiedergefunden. Trotzdem ist es—vor allem im Vorfeld der Wien-Wahl—sicher für einige Wähler spannend, wie die einzelnen Parteien über Substanzenkontrolle oder -freigabe denken. Hier also einige Zitate aus den Parteiprogrammen und eine kleine Einschätzung, was du wahrscheinlich nehmen dürftest, wenn sie morgen die Alleinregierung stellen würden (haha).

SPÖ

Fotomontage: VICE Media

Das Grundsatzprogramm wurde das letzte Mal 1998 erneuert. Ein neues Parteiprogramm wird noch dieses Jahr erwartet. Laut Faymann sind auch nach über 100 Jahren die Werte der Sozialdemokratischen Partei (die sich bis 1991 Sozialistische Partei nannte) Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Zum Thema Drogen findet man im Grundsatzprogramm unter dem Punkt III.4, Thema 16 „Die Gesundheit" eine Stellungnahme:

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Zur wirksamen Gesundheitsvorsorge gehört es, von den möglichen gesundheitsschädigenden Folgen des Konsums von Alkohol, Nikotin oder Drogen zu überzeugen. Gesundheitsvorsorge kennt keine Altersgrenzen.

Näher geht die SPÖ auf dieses Thema im Grundsatzprogramm nicht ein. Auffallend ist, dass die SPÖ Koffein nicht aufzählt und Alkohol, Nikotin und Drogen in der gleichen Kategorie sieht. Auch der Begriff Drogen wird nicht weiter definiert.

Das dürftet ihr nehmen: Spritzer und Tschick, da sie ja offensichtlich nicht unter die Kategorie Drogen fallen. Koffein wäre verboten. Zum Aufstehen gäbe es ein Turboseidl. Aber nur in Maßen bitte—Gesundheitsvorsorge kennt kein Alter.

ÖVP

Das bestehende Grundsatzparteiprogramm besteht seit 1995 und ist damit ähnlich aktuell wie das SPÖ-Programm. „Tugenden wie Anständigkeit, Ehrlichkeit, Sparsamkeit, Mut, Fleiß, Verantwortungsbereitschaft und Verlässlichkeit" sollen den Umgang miteinander prägen und durch Vorbilder gestärkt werden. Die ÖVP äußert sich zum Thema Drogen sogar dreimal im Grundsatzprogramm und zeigt ihre Position zu der Thematik klarer als die SPÖ. Im Punkt 2.1.6 Verbrechensbekämpfung und Sicherheit heißt es:

Der Kampf gegen den Drogenmissbrauch und die damit verbundene Kriminalität stellen eine besondere Herausforderung für unsere Sicherheitspolitik dar. Die Freigabe von weichen und harten Drogen lehnen wir ab, um die Hemmschwelle gerade bei Jugendlichen nicht herabzusetzen. Wir treten für eine vorbeugende und umfassende Drogenaufklärung an den Schulen und für den Ausbau der Betreuungseinrichtungen für unheilbare Drogenkranke ein.

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Was mit unheilbaren Drogenkranken gemeint ist, oder wie diese die ÖVP definiert geht nicht hervor. Forever 420? Weiter äußerst sich die ÖVP zum Thema Drogenmissbrauch unter dem Punkt 2.4.2 Gesundheit.

Drogenmissbrauch muss energisch bekämpft werden. Wir treten für deren gesellschaftliche Ächtung sowie für wirksame Entwöhnungsmaßnahmen ein. Kontrollierte Drogenersatzprogramme können zur Eindämmung von Begleitkriminalität beitragen. Den Opfern von Drogenverführung muss wie anderen Kranken geholfen werden. Harte Strafen fordern wir für Drogenhändler.
Substitution wird von der ÖVP also als ein hilfreiches Mittel gegen die Kriminalität gesehen. Drogenmissbrauch soll gesellschaftlich geächtet werden aber Süchtigen soll man wie anderen Kranken helfen. Das gesellschaftliche Ächtung ein schwerwiegender Faktor der bestehenden Sucht oder gar des Erstkonsums, vor allem bei Jugendlichen sein kann, bedenkt die ÖVP nicht.
Nicht übersehen werden darf freilich, dass Drogenabhängigkeit die Folge einer Flucht in Scheinwelten ist, die nicht zum erhofften Lebensglück führen kann. Aufgabe einer verantwortungsbewussten Gesellschaft ist es, die Ursachen für solche Fluchtversuche zu beseitigen und günstige Voraussetzungen für eine befriedigende Lebensbewältigung zu schaffen.

Alkohol und Nikotinsucht werden nicht thematisiert und es geht auch nicht hervor ob diese psychotropen Stoffe für die ÖVP unter dem Punkt Drogen fallen.

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Das dürftest du nehmen: Ersatzstoffe aus der Apotheke für deine unheilbare Drogenkrankheit—aber nicht ohne einen gebührend verachtenden Blick der Apothekerin, versteht sich.

FPÖ

Fotomontage: VICE Media

Das aktuelle Programm besteht seit 2011 und ist von allen hier vorgestellten Parteien am kürzesten gefasst. Laut Heinz-Christian Strache, dem Obmann der Partei, gibt es zu dem Programm ein Handbuch (mittlerweile in der vierten Auflage), das auf aktuelle politische Entwicklungen eingeht. Das Motto des Grundsatzprogramms ist „Österreich zuerst". Tatsächlich wird im Grundsatzprogramm auf das Thema Drogen fast gänzlich vergessen—unter Punkt 7 Sicherheit steht:

Bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des Banden- und Schlepperunwesens, des Drogenhandels, des Terrorismus, der Gewalt und anderer Kriminalitätserscheinungen hat der Staat seine Möglichkeiten entschlossen zu nutzen.

Auch der Suchtmittelmissbrauch wird angesprochen, unter Punkt 6 Gesundheit:

Gesundheitsvorsorge fußt vor allem auf Eigenverantwortung. Daher sprechen wir uns für eine klare Kennzeichnung aller Inhaltsstoffe in Nahrungsmitteln aus, bekämpfen Suchtmittelmissbrauch und bekennen uns zu einer Landwirtschaft frei von gentechnisch manipulierten Organsimen.

Es geht nicht hervor, wie die Bekämpfung von Suchtmittelmissbrauch im Detail aussehen soll—genauso wenig, wie die Frage, warum Suchtmittelmissbrauch in Zusammenhang mit der Landwirtschaft oder Lebensmitteln gebracht wird. Erst vor wenigen Tagen äußerte sich Strache gegen das für 2018 angekündigte Rauchverbot in einer Parlamentsrede, weil es die Bürger bevormunden würde.

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Das dürftest du nehmen: Wahrscheinlich alles, so lange es aus Österreich kommt und ein AMA-Gütesiegel trägt. Ich melde mich freiwillig als Koks-Plantagen-Baronin.

NEOS

Fotomontage: VICE Media

Das aktuellste Parteiprogramm ist zuletzt im Februar aktualisiert worden. Unter Drogen findet man nichts, aber wenn man Suchtmittel eingibt, trifft man auch auf folgende etwas schwammige Vorstellung von Drogen.

Eigenverantwortung in Fragen des gesundheitsförderlichen Lebensstils (Ernährung, Bewegung, Suchtmittel, etc.) fördern und ausbauen, inkl. Rechte und Pflichten beim Behandlungsvertrag.

Was das heißen soll, steht wohl für Interpretationen offen.

Die Grünen

Das Parteiprogramm wurde 2001 das letzte Mal aktualisiert. Laut Bundessprecherin Eva Glawischnig, bedürfen einige Punkte eine Aktualisierung, während andere aktueller denn je sind. Die Grünen haben im Parteiprogramm einen eigenen Punkt Drogen (Punkt 3.4).

Drogenkonsum ist ein Phänomen mit gesellschaftlichen und individuellen Ursachen. Die drogenfreie Gesellschaft wird immer eine Illusion bleiben. Die größte Gefahr geht von den legalen Drogen Alkohol und Nikotin aus, weil sie von großen Teilen der Bevölkerung konsumiert werden. Mehr als 99% der Drogentoten in Österreich sind Opfer dieser beiden Volksdrogen … Die Frage, ob ein Verbot, eine kontrollierte Abgabe oder eine Freigabe die geringsten negativen Auswirkungen erwarten lässt, ist bei verschiedenen Drogen unterschiedlich zu beurteilen. Daher fordern die Grünen eine Legalisierung von Cannabis, da das Gefährdungspotenzial im Verhältnis zu den Auswirkungen des Verbots gering ist. Jede Kriminalisierung von DrogenkonsumentInnen ist mit Sicherheit kontraproduktiv, führt zur sozialer Ausgrenzung und wird von den Grünen strikt abgelehnt.

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Die Grünen fordern auch entsprechende Unterstützung für alle Personen die der psychischen oder physischen Abhängigkeit entkommen wollen und schlagen mit dieser Ansicht einen ganz anderen Weg ein wie z.B die ÖVP.

Das dürftet ihr nehmen: Alkohol und Tschick werden strafgesetzlich verfolgt, während Gras, MDMA und LSD okay wären.

Team Stronach

Fotomontage: VICE Media

Im Parteiprogramm schreibt Frank zwar nichts, aber das Team Stronach hat mit Marcus Franz ja seinen eigenen Hausarzt/Gesundheitssprecher/Frauenversteher, der auch eine ganz eindeutige Meinung zum Thema Drogen hat, wenn man danach fragt. Die Logik hinkt an manchen Stellen vielleicht ein bisschen, aber immerhin schafft es das Team Stronach, daraus den Schluss zu ziehen, dass Drogen nicht so cool sind.

Das Team Stronach spricht sich gegen eine Legalisierung von Cannabis aus, da eine Gesellschaft Werte und Vorbilder benötigt. Gerade in der heutigen Zeit, bei der die Bewältigung von Ausbildung, Beruf, Familie und auftretende finanzielle Sorgen bereits allzu leicht den Griff zu Mitteln welche helfen das tägliche Leben zu bewältigen, als Folge hat, ist eine Orientierung an den „Starken" einer Gesellschaft nicht immer die richtige Entscheidung. Die Liberalisierungsgedanken in den USA sind bereits ein trauriger Endpunkt gesellschaftlichen Versagens, da die Beweggründe nicht die Freiheit des Genusses, sondern die Unfinanzierbarkeit der Gefängnisse sind.

Aha.

Das dürftet ihr nehmen: ?! Spritzer wird scho gehen.

Fredi auf Twitter: @Schla_Wienerin