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Vergiftung

Forscher finden Sprengstoff in Ostsee-Muscheln

Doch die eigentliche Gefahr des TNT geht nicht von dessen Sprengkraft aus.
Collage bestehend aus: Schild: Pixabay || Muscheln: imago | imagebroker

Es gibt Neuigkeiten für Freizeitbombenbauer: Der offiziell abseitigste Weg, an Sprengstoff zu kommen, führt ab sofort an die Ostseestrände. Auf dem Meeresgrund von Nord- und Ostsee liegen noch etwa 1,6 Millionen Tonnen Bomben und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg. Der darin enthaltene Sprengstoff gelangt teilweise immer noch an die Küsten. Wie Forscher aus Schleswig-Holstein jetzt herausfanden, in gut getarnter Form.

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Edmund Maser, ein Toxikologe der Universität Kiel, wies mit seinem Team nach, dass der Sprengstoff Trinitrotoluol (TNT) und dessen Abbauprodukte sich in Miesmuscheln ansammeln. Wie die Ostsee Zeitung berichtet, hatten die Wissenschaftler die Muscheln für die Studie in der Kieler Förde ausgesetzt. Dort entsorgten die Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg im Seegebiet Kolberger Heide Tausende deutsche Bomben, Seeminen und Granaten. Weil Miesmuscheln bei der Nahrungsaufnahme das Wasser ihrer Umgebung filtern, reichern sich in ihnen Umweltgifte besonders an.


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Dass einem die Moules marinières auf dem Teller explodieren, ist trotzdem sehr unwahrscheinlich. Viel gefährlicher ist die Tatsache, dass TNT stark krebserregend ist. Also nicht krebserregend wie zu stark geröstetes Toastbrot, sondern wirklich krebserregend. Schon ein paar Moleküle des TNT könnten ausreichen, um Krebs entstehen zu lassen, sagte Toxikologe Edmund Maser gegenüber der Ostsee Zeitung. Auch in dem niedersächsischen Dorf Petershütte wird derzeit untersucht, ob mehrere Hirntumore von Patienten aus der Gegend auf die ehemalige TNT-Produktion im Werk Tanne zurückzuführen sind, die sich dort im Dritten Reich befand.

TNT in Meerestieren ist ein zunehmendes Problem

Dass TNT sich in Meerestieren ansammelt, werden wir in Zukunft wohl nicht nur in isoliert stattfindenden wissenschaftlichen Versuchen beobachten. Da sich die Sprengkörper im Meer immer weiter zersetzen, werde künftig auch mehr von ihrem gefährlichen Inhalt ins Wasser und über Speisefische letztlich auf unsere Teller gelangen, sagte Maser. Wenn man nicht bald etwas dagegen unternehme, werde es schwierig, die Munition überhaupt noch zu bergen. Denn wenn sie einmal in ihre Einzelteile zersetzt sei, könne man sie schlicht nicht mehr orten.

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