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Menschen erzählen, wie sie Hausverbot bekommen haben

Aus einem Club geschmissen werden kann jeder. Bei Theatern oder Universitäten sieht die Sache schon anders aus.
Ein rauchender Clubgast wird von zwei Securitys abgeholt
Illustration: George Yarnton

Eigentlich klingt "lebenslanges Hausverbot" übertrieben dramatisch. Und gefühlt kommt das Ganze nur in irgendwelchen Provinz-TV-Sendungen vor, in denen ein wutentbrannter Kneipenbesitzer betrunkene Gäste rausschmeißt. In der Realität ist ein lebenslanges Hausverbot eine lächerliche Strafe. Wie soll man das überhaupt durchsetzen? Hängt dann in Zukunft ständig eins dieser Wanted-Fotos im Wildwest-Stil im Laden? Oder jagen sie dein Bild durch den FaceApp-Alterungsfilter, um sicherzugehen, dass du dich im Jahr 2069 nicht wieder reinschleichst?

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Trotzdem kommt es immer wieder zu Rausschmissen inklusive Hausverboten – und zwar nicht nur in Clubs, wo sich jemand zugeschüttet und richtig daneben benommen hat. Wir haben Kolleginnen und Freunde gefragt, in welchen Geschäften und Etablissements sie nicht mehr erwünscht sind.


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Wir haben unbewusst dabei geholfen, einen Designerladen abzuziehen

Als ich elf war, machte ich mit meiner Familie Urlaub in Paris. Dort bekamen wir im Louis-Vuitton-Laden auf der Champs-Élysées Hausverbot, weil wir einem Typen unwissentlich bei seinem Betrugsversuch halfen. Eigentlich wollten wir uns nur ein bisschen in dem Geschäft umschauen, als uns beim Rausgehen ein Mann ansprach. Er wirkte total aufgebracht und erzählte uns, dass ihn die rassistischen Verkäufer wegen seiner asiatischen Herkunft nur eine Handtasche kaufen ließen. Dann gab er uns seine Kreditkarte und bat uns, für ihn noch mal zwei Handtaschen in anderen Farben zu kaufen. Wie sich herausstellte, war der Typ allerdings ein bekannter Betrüger, die Louis-Vuitton-Mitarbeiter wussten, dass er ihre Produkte fälschte. Deshalb wurden wir von Securitys aus dem Laden geführt, als wir die Handtaschen kaufen wollten, und bekamen unter Androhung von strafrechtlichen Schritten Hausverbot.
– Ash, 25

Der offensichtlichste Diebstahl aller Zeiten

Meine Schwester hat in allen Primark-Filialen dieser Welt Hausverbot, weil sie mal ziemlich plump versucht hat, dort Klamotten im Wert von mehreren Hundert Euro zu klauen. Als meine Mutter die Aufnahmen der Überwachungskamera sah, sagte sie nur, dass das der auffälligste Diebstahlversuch aller Zeiten sein müsse. Meine Schwester hat wohl nicht mal ansatzweise probiert, das Ganze unauffällig durchzuziehen. Ich habe da aber noch ein paar Fragen. Primark-Klamotten im Wert von mehreren Hundert Euro heißt doch, dass sie den halben Laden mitgenommen hat? Und hängt jetzt in jeder Filiale ein Foto meiner Schwester, damit sich die Angestellten auf sie stürzen können, falls sie irgendwann doch wieder dort einkaufen will?
– Steph, 27

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Ich war so high, dass ich die Tanzfläche mit dem Raucherbereich verwechselte

Jeden Mai findet im Edinburgh College of Art ein schicker Tanzball statt. Als ich dorthin ging, war das Motto "Haare", weshalb ich mir zig Perücken an mein Kleid klebte. Dort angekommen, schmiss ich mir eine Pille ein, der Rest des Abends zog dann einfach so an mir vorbei. Ich konnte kaum mehr was sehen, verlor alle meine Freunde und war im Grunde ein mit Perücken bedecktes, wandelndes Desaster.

Irgendwann glaubte ich, im Raucherbereich zu sein, und zündete mir eine Zigarette an. Innerhalb von fünf Sekunden wurde ich von drei Securitys umringt, die mir befahlen, die Kippe wieder auszumachen: Ich stand mitten auf der Tanzfläche. Ich behauptete, die Zigarette gehöre einem Kumpel meiner Schwester, der gerade vorbeilief. Da schleiften mich die Securitys nach draußen vor den Unieingang und sagten, dass ich jetzt lebenslang Hausverbot hätte. Da ich dort aber gar nicht eingeschrieben war, fand ich das nicht so schlimm.
– Claudia, 25

Mit acht Jahren habe ich ein ganzes Theater gegen mich aufgebracht

Das erste meiner vielen Hausverbote bekam ich mit acht Jahren, als ich im berühmten Birmingham Repertory Theatre eine kostenlose Aufführung für Kinder besuchte. Vorher hatte ich einige Heliumballons geschenkt bekommen, die ich vor lauter Langeweile während der Vorstellung zusammenband, um zu sehen, ob ich damit die Decke berühren konnte. Natürlich ließ ich einen der Ballons versehentlich los, er stieg hoch und verhakte sich in den Scheinwerfern. Das eingeschränkte Licht ging dem Rest des Publikums gehörig auf die Nerven. Ein wütender Saalordner zog mich ins Foyer und schrie mich ganz theatralisch an, dass ich mich in dem Theater nie wieder blicken lassen solle. Insgesamt ein sehr traumatisches Erlebnis.
– Meg, 28

Vom Knockout zum Hausverbot

Ich war mal zu Gast auf dem Oktoberfest. Nicht auf "dem" Oktoberfest, sondern auf einem Imitat in Westdeutschland. Gegen Mitternacht wollten eine Freundin und ich zur Toilette. In der Hand halbvolle Biergläser. Der Toilettenmann forderte uns auf, die Gläser draußen stehen zu lassen. Wir wollten diese jedoch ungern unbeobachtet lassen und fingen an, über die Sinnhaftigkeit seiner Aufforderung zu diskutieren.

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Nach zwei Minuten hatte er die Schnauze voll, packte mich am Arm und zog mich mit den Worten "Du gehst jetzt gar nicht mehr hier auf die Toilette" in den Vorraum. Quasi Hausverbot auf der Toilette. Wir waren ziemlich wütend und fingen ein Gespräch mit der Toilettendame an, die gerade den Müll wegräumte. Nach einer kurzen Diskussion und einer frechen Beleidigung meinerseits holte der Toilettenmann aus und schlug mir mit der Faust gegen die Schläfe. Als ich wieder aufwachte, lag ich auf dem Boden, und der Toilettenmann war von Securitys umzingelt. Ich hoffe, er hat nicht nur in Westdeutschland lebenslanges Oktoberfest-Verbot bekommen.
– Marie, 29

Dank der Pubertät war das Hausverbot schnell sinnlos

Eine Kette bei H&M zu klauen, klingt nicht allzu spektakulär. Ich bekam deshalb trotzdem zwei Jahre Hausverbot. Das fand ich ziemlich scheiße, weil Klamotten für mich als 14-Jährige sehr wichtig waren. Und in der Kleinstadt, in der ich lebte, gab es nur Orsay, Pimkie, New Yorker und eben H&M. Zum Glück habe ich mich, der Pubertät sei Dank, äußerlich so schnell verändert, dass ich mich nach einem Jahr wieder in die Filiale traute – und nicht erkannt wurde.
– Maren, 29

Uns war nicht klar, dass wir ein wichtiges Tech-Event gecrasht hatten

Am letzten Abend unseres Familienurlaubs in Italien gingen mein Bruder und ich noch mal aus. In einer Bar kamen wir mit zwei Engländern ins Gespräch, die als App-Entwickler arbeiten. Also hielten mein Bruder und ich es für eine witzige Idee, uns als junge Tech-Milliardäre auszugeben, die nach einer Investment-Möglichkeit suchten. Schon gaben uns die Typen einen Drink nach dem anderen aus.

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Schließlich landeten wir alle an einer Hotelbar, wo wir für unsere Getränke nichts bezahlen mussten. Erst als jemand eine Rede auf Französisch hielt, wurde uns der Grund dafür klar: Wir hatten irgendein wichtiges Tech-Event gecrasht. Schließlich bemerkten die Barkeeper, dass wir komplett fehl am Platz waren, und wiesen uns an, zu gehen. Weil mein Bruder und ich allerdings nicht wussten, wo der Ausgang war, wurden wir richtig rausgeschmissen und bekamen Hausverbot. Die Securitys dachten nämlich, wir wollten uns wieder reinschleichen.
– Ivo, 25

Selbst NATO-Draht und klebriges Harz konnten mich nicht aufhalten

Als ich nach Berlin zog, war die Bar25 der angesagteste Club. Mich haben sie da aber konsequent an der Tür abgelehnt – vielleicht, weil ich immer mit Hemd kam, vielleicht aber auch, weil sie mich einfach generell scheiße fanden. Weil ich trotzdem rein wollte, bin ich immer hinten über einen Zaun auf das Nachbargrundstück geklettert und habe mich am Spreeufer entlanggehangelt. So bin mindestens achtmal reingekommen, auch wenn dabei einmal ein Schuh flöten ging.

Beim neunten Mal – mittlerweile hatten sie den Zaun mit drei Lagen NATO-Draht und klebrigem Harz verstärkt – wurde ich von zwei Türstehern auf dem Nachbargrundstück erwischt. Natürlich waren sie stinksauer, warfen mich auf den Boden und schlugen sehr oft sehr fest mit einem Teleskopschlagstock neben meinen Kopf. Dann erteilten sie mir lebenslanges Hausverbot.

Von da an habe ich es gar nicht mehr an der Tür probiert, sondern bin immer direkt über den Zaun reingeklettert.
– Peter, 31

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