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Campus, Sex und Ravioli

Dein erster Uni-Tag

An deinem ersten Tag als Universitätsstudent entscheidest du, wer du für den Rest deines Lebens sein möchtest. Was du dabei tun und lassen solltest.

Foto: spree.perle | Flickr | CC BY 2.0 (cropped)

So. Deine Zeit als Schüler ist also tatsächlich vorbei, du hast zum Abschied Hermann Hesse-Zitate im Strahl erbrochen, den besten Sommer deines Lebens gefeiert, viele Menschen endlich und endgültig hinter dir gelassen und dich schließlich restfett an der hoffentlich richtigen Uni eingeschrieben. Jetzt ist er also gekommen—dein erster Tag als richtiger Student. Heute entscheidet sich, wer du bist. Kein Grund zur Panik, es ist nur der wichtigste Tag für den anstehenden Rest deines Lebens.

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Im Grunde genommen unterscheidet sich ein erster Uni-Tag nicht besonders von einem ersten Schultag. Grüppchen werden gebildet, man bemustert gegenseitig die neuen alten Jeansjacken und versucht, zumindest nach außen hin so zu tun, als hätte man sein Leben noch ansatzweise im Griff. Nur für den ersten Eindruck—nach zwei Wochen fällt diese „Läuft bei mir"-Fassade sowieso in sich zusammen wie das Kartenhaus, auf dem du so halbherzig dein bisheriges Leben aufgebaut hast.

Um da irgendwie durchzukommen, ohne sich komplett zum Volldeppen zu machen, muss man einige Dinge beachten und andere Dinge eben demonstrativ nicht beachten. Zum Beispiel die Flyer-Verteiler. Die wittern Frischfleisch auf 30 Meter Entfernung. Lauf. Mehr Aufmerksamkeit könntest du etwa deinen Anziehsachen widmen.

Eine Studie hat ergeben, dass Menschen in schwarzer Kleidung generell für intelligenter und seriöser gehalten werden—damit wäre die Frage nach dem richtigen Outfit geklärt. Zieh dich einfach an, als wärst du noch immer nicht ganz über den Tod deiner Katze hinweg. Geh jedoch eher zurückhaltend mit dieser Information um.

Solltest du dich gemeinsam mit einem Menschen aus deinem früheren Leben für die selbe Studienrichtung entschieden haben, musst du ihn so schnell wie möglich loswerden. „Wir machen immer alles gemeinsam" ist jetzt vorbei. Versteh mich nicht falsch, vielleicht ist er oder sie ja eh super, aber ihr werdet euch nur gegenseitig die Leitungen zu neuen sozialen Kontakten kappen. Denkt erst gar nicht daran, Partnerarbeiten gemeinsam zu erledigen—es sei denn, ihr wollt diejenigen aus dem Jahrgang sein, die immer aneinander kleben, aber eigentlich niemand wirklich kennt.

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An deinem ersten Uni-Tag gilt es, die Weichen zu stellen. Welche Art Mensch bist du? Welche Art Schüler warst du? Welche Art Student möchtest du gerne sein? Welche Art Student wirst du realistisch gesehen sein? Wo willst du mal hin? Und wo musst du hin? Nein ernsthaft, wo ist Hörsaal 16?

Foto: Denis Todorut | Wikimedia Commons | CC BY 2.0

Es gibt zwei Wege, die du gehen kannst—du musst und kannst nur einen von beiden wählen. Entweder du bist der Studententyp, der in Mindeststudienzeit seinen Bachelor in der Tasche haben will und dafür bereit ist, sein Leben einzutauschen, oder du bist der Slacker, der den langen Weg nimmt und eher deshalb studiert, um neue, interessante Leute kennenzulernen (Tipp: Auf der Uni findet man sie nicht). Er genießt seine Freiheit und -zeit, liest Bücher und säuft sich an Wochentagen sinnlos an. Er ist der Networking-Student.

Wenn du dich für den längeren Weg entschieden hast, solltest du dir vielleicht überlegen, mit dem Rauchen anzufangen—zumindest vorübergehend. Das heißt, falls du es nicht eh schon tust. Dann wirst du ab jetzt mehr rauchen müssen. Beim Rauchen treffen sich die Networking-Studenten, die sich nicht mehr Stress machen, als nötig ist. Gemeinsames Pofeln als Mittel zur Kontaktaufnahme ist ein Klischee, aber eben nicht ohne Grund. Ganze Karrieren gründen auf einer einzigen Tschick.

Foto via VICE Media

Nimmst du jedoch ein One-Way-Ticket in Richtung Titel, solltest du darauf vorbereitet sein, von deinen Mitstudenten mit Sätzen wie „Oha, so kenn ich dich ja gar nicht" konfrontiert zu werden, sobald du öffentlich einen Schluck Alkohol trinkst. Sie kennen dich nämlich nicht nur so nicht, sie kennen dich eigentlich gar nicht. Aber dafür hast du bald deinen Bachelor.

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Falls du in der ersten Vorlesung deines Lebens sitzt und instinktiv dein Diddl-Federpennal rausholst, um die Überschrift „Einführung 1" mit Fineliner zu schreiben, bist du wahrscheinlich eher der Typ Student, der sein Leben gänzlich der Uni widmen wird. Keine Angst, das ist weder ungewöhnlich noch schlimm—auch du wirst irgendwann deinesgleichen finden. Gemeinsam werdet ihr coole farbcodierte Stundenpläne entwerfen und Lerngruppen gründen. Wenn ihr richtig hardcore seid, besucht ihr sogar mit Notizblöcken bewaffnet diese ganzen Orientierungs-Veranstaltungen.

Grundsätzlich kann man Erstsemestrigen jedoch raten, alles zu meiden, das im Entferntesten mit dem Wörtchen „Orientierung" zu tun hat. „Orientierung" ist an der Uni so was wie Code für peinliche Kennenlern-Spielchen, öffentliche Demütigungen durch ältere Semester und viel zu sehr gewollten Smalltalk. In dem studentischen Heuhaufen ein paar Nadeln zu finden, mit denen man klarkommt oder sich gar anfreundet, ist schwierig, aber dennoch machbar.

Verlass dich einfach darauf, dass du früher oder später an die Menschen geraten wirst, die zu dir passen. Du musst sie gar nicht aktiv suchen oder zu irgendwelchen Kick Off-Veranstaltungen mitgehen, um sie zu finden. Die Leute, die nahe deiner Wellenlänge treiben, werden nämlich genau wie du diesen Dingen fernbleiben—und genau darauf wird eure Freundschaft letztendlich aufbauen: Abneigung gegenüber euren Erzfeinden, den Mindestzeit-Studenten, die in der Orientierungs-Veranstaltung sitzen.

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Foto: Kersten A. Riechers | Flickr | CC BY 2.0

Mit der Zeit werden sich ohnehin immer mehr Gruppierungen abspalten—Nerds, Schnorrer, Ahnungslose, Streber, und irgendwie schaffen es auch immer ein paar Senioren in jeden Studiengang. Die kannst du alle später noch hassen, am ersten Tag solltest du deine Ambitionen aber noch relativ niedrig halten—so was wie einen Überblick über dein Studium wirst du so schnell nicht finden, das dauert. Wenn du den ersten Tag überstehst, ohne dir Gedanken über den Sinn des Lebens zu machen, hast du eigentlich schon gewonnen.

Fürs Erste brauchst du nur dich selbst. Du findest niemanden, stehst irgendwo allein rum? Egal, das ist cool, du bist ein Lonesome Rider, ein einsamer Wolf, ein Underdog in Schwarz. Aber im Ernst: Sei einfach kein Arschloch und du wirst nette Menschen kennenlernen, die mehr oder weniger das selbe vom Leben wollen wie du.

Foto: Neo_II | Flickr | CC BY 2.0

Trotz allem wird der Start natürlich ein bisschen chaotisch werden. Klar, du wirst versuchen, diesmal wirklich von Anfang an alles richtig zu machen und eine total geordnete, saubere Mappe zu führen. Du wirst versuchen, immer die richtigen Sachen mitzunehmen und sogar Notizen zu machen, die halbwegs leserlich sind—aber wem willst du was vormachen? Mal ehrlich, du wirst nicht mal unleserliche Notizen machen. Das hat schon in der Schule nicht funktioniert, warum es also überhaupt versuchen? Nach einer Woche hast du auch deinen letzten Kuli verloren und musst alles von den Strebern schnorren. Hör auf, dich selbst zu belügen. (Aber nächstes Semester dann wirklich.)

Je nachdem welchen Weg du gehst, ist die Uni letztendlich mehr oder weniger fordernd deinem Leben gegenüber. Genau so wie eben auch das Leben für verschiedene Leute unterschiedlich fordernd ist. So oder so kannst du dir selbst aussuchen, welche Art Student du sein möchtest. Alles Gute. Und wenn du mit dem Ganzen trotzdem nicht klarkommst, dann geh einfach an die FH. Das ist fast so wie Schule. Und eigentlich ist dort sowieso alles besser.

Franz hat das auch so gemacht: @FranzLicht