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Sex

​18 Sätze, die Stripperinnen nicht mehr hören können

"Wieso macht ein so schönes Mädchen wie du so etwas?" – "Weil ich Geld brauche, logisch!" Unsere Kolumnistin Cherry erzählt aus dem Alltag einer Stripperin.
Foto: privat

Der Abend zieht sich wieder in die Länge: Es ist halb fünf, das heißt, ich habe seit neun Stunden die gleichen Gespräche geführt, auf 25 cm hohen Schuhen getanzt und mich ausschließlich von Kaugummis und Champagner ernährt. Deswegen tun meine Knie weh und mein Mund schmeckt wie Katzenklo. Und dann quatscht mich noch eine Stunde vor Schluss ein Kunde voll­­­—Jeans, Hemd, 0815-Gesicht, das man sofort wieder vergisst­, ein klarer Neuling im Stripclub. Man erkennt sie an ihren leicht geweiteten Augen und dem verdutzten Blick.

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Sie verstehen das Konzept Stripclub nicht und finden es ganz abgefahren hier. Anstatt sich einfach zurückzulehnen und den Abend zu genießen, überfällt sie nach ein paar Drinks gleichzeitig Notgeilheit und ein Rettungskomplex. Keine gute Mischung. Weil sie mich dann einerseits aus dieser "schmutzigen Welt" befreien wollen, aber währenddessen versuchen, mich dazu zu bringen, ihnen einen zu blasen. Um aus dem Dilemma zwischen ihren niederen und höheren Instinkten rauszukommen, verfallen die Neulinge oft in eine Art Interviewmodus und arbeiten einen Fragekatalog ab, den wir Stripperinnen schon so oft gehört haben, dass wir ihn mitsprechen können:

1.Wieso macht ein so schönes Mädchen wie du so etwas? (Weil ich Geld brauche, logisch!)

2. Du bist doch schlau, du findest sicher etwas Besseres! (Quatsch. Ich bin ausgebildete Grafik- und Modedesignerin. Aber hier verdiene ich, wenn ich an Wochenenden arbeite, im Schnitt 3.500 Euro im Monat. In der PR-Agentur, für die ich unter der Woche freelance, bekomme ich einen Bruchteil davon.)

3. Es ist eigentlich gegen meine Moral, in so einen Laden zu gehen. (Und wie kommt es, dass wir gerade miteinander sprechen, Schätzchen?)

4. Ich hab's gar nicht nötig, für einen Privatdance zu zahlen. Das kann ich auch umsonst in einer Disko haben und mir das Mädel dann gratis mit nach Hause nehmen. (Und was machst du dann hier?)

5. Außerdem ist ein Privatdance viel zu teuer. Dafür kann ich woanders das volle Programm bekommen. (War es nicht vor einer Sekunde noch gegen deine Moral, überhaupt in "so einen Laden" zu gehen?)

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6. Holst du mir danach wenigstens noch einen runter? (Wir verkaufen hier keinen Sex. Du kannst dir schön selber einen hobeln.)

7. Ich will dich heiraten. Ich werde dich so gut behandeln, meine Prinzessin! (Meinst du mit "gut behandeln", dass die Prinzessin dir einen runterholen darf, die Glückliche?)

Foto: privat

8. Ihr Armen habt's ja auch nicht immer leicht. Sind ganz schön viele unangenehme Kunden hier, oder? (Ja, und du führst die Top Ten an.)

9. Du bist wirklich die Schönste hier im Laden. (Das hast du vorher schon drei anderen erzählt.)

10. Was tust du alles für diesen Dollar? (Ist doch klar: Ich blase dir einen und ficke dich stundenlang … für EINEN GOTTVERDAMMTEN PAPIERFETZEN! Von dem ich übrigens nur 50 Cent behalten darf. Und selbst die muss ich versteuern.)

Es ist klar: Dieser Typ verschwendet nur meine Zeit. Ich setze mich weg, aber er läuft hinterher und sagt, dass er mir alle seine Dollar gibt, wenn ich ihn umarme. Also drücke ich ihn fünf Sekunden lang an mich. Aber als ich die Dollar haben will, fordertet er immer mehr und will mich anfassen. Aber anfassen kostet und der Typ ist knauserig.

Nach einer mühseligen Stunde Gequatsche habe ich ihn endlich soweit, dass er einen Privatdance bucht. Ich bin inzwischen so genervt von ihm, dass ich noch nicht mal alles gebe, aber er ist danach total verliebt. Auch das ist ein Anfängermerkmal: Haben einmal kurz deine Muschi gesehen und schon wollen sie mit dir durchbrennen.

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11. Nein, ernsthaft, mit dir könnte ich wirklich glücklich werden. (Wir kennen uns seit einer Stunde, die du damit verbracht hast, an mir zu fummeln und dir einen Handjob zu erbetteln. Das ist ein richtig guter Start für die Liebe meines Lebens.)

12. Ich bin einer von den Guten, aber wir werden leider immer verarscht. (Du bist verheiratet, hast zwei Kinder, aber stöhnst mir ins Ohr, dass du unbedingt wilden Sex mit mir haben will. Du bist der Beste von allen!)

13. Wäre ich dein Freund, ich würde dir niemals erlauben, hier zu arbeiten. (Du wärst nie mein Freund. Und außerdem kann ich für mich selbst sprechen.)

14. Ich warte nach der Arbeit unten auf dich und dann lade ich dich auf einen Kaffee ein, OK, Süße? Vielleicht kann ich dir ja damit helfen! (Wenn du mir wirklich helfen willst, dann trink einen Champagner mit mir. Oder gib mir deine Dollar oder etwas Trinkgeld.)

Die letzten zwei Sätze spreche ich ausnahmsweise laut aus. Aber der Typ schätzt meine Ehrlichkeit nicht und fängt wieder an rumzunörgeln und zu diskutieren:

15. Was? 200 Euro für Champagner, das ist ja Wucher! (Du zahlst nicht für den Champagner, sondern für meine Gesellschaft. Außerdem kassiere ich 30 Prozent Provision auf jede Flasche. Was neben den Private Dances und dem Trinkgeld mein einziger Verdienst hier ist.)

16. Ihr verdient schon echt krass viel, oder? (Nicht, wenn man Leute wie dich stundenlang anbetteln muss.)

17. Ich bin nicht immer so nett. Ich kann auch ein richtiges Arschloch sein. Frauen stehen auf so was. (Nein. Einfach nein.)

18. Ich habe echt den übelsten Respekt vor eurem Job. (Und dieser Respekt äußert sich darin, dass du jedes Mal, wenn ich nicht aufpasse, versuchst, mir in den Schritt zu fassen?)

Der Typ legt ständig seine Pfote auf meinen Oberschenkel und wanderte damit immer weiter Richtung Slip. Ich sage ihm, er solle seine Hand sofort da wegnehmen, aber er grinst mich nur verliebt an und lässt sie liegen. Ich ziehe sie wieder weg und als er es nochmal wagt, lange ich ihm eine auf seine Pfoten und gehe davon. Er ruft mir hinterher, aber mein Arbeitstag ist zu Ende. Ich habe Hunger, Sodbrennen und will endlich meine Zähne putzen. Morgen ist ein neuer Tag, mit neuen Idioten.