Wie ein kommunistischer Diktator Silvester feierte

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Wie ein kommunistischer Diktator Silvester feierte

Hollywood-Stars, Jachten und private Inseln: Josip Broz Tito regierte nicht nur mit eiserner Faust, sondern ließ auch ordentlich die Korken knallen—wie diese Bilder beweisen.

Tito zusammen mit seine Frau Jovanka (Mitte) bei einer Silvesterparty im Jahr 1956 während eines offiziellen Staatsbesuchs in Ägypten | Alle Fotos: bereitgestellt vom Museum der Geschichte Jugoslawiens

Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Kommunismus im ehemaligen Jugoslawien Einzug hielt, wurde Weihnachten in dem nun säkularen Land als religiöser Feiertag offiziell abgeschafft. Also war Silvester das neue große Event der Festzeit.

Jugoslawiens beliebtes Staatsoberhaupt Josip Broz Tito wurde für seine Guerrilla-Kriegstaktiken gelobt, die die Nazis aus dem Land trieben, und gewann auch schnell das Herz des Westens, indem er sich vom russischen Diktator Josef Stalin abwandte. So räumte er seinem Volk ganz clever etwas mehr Rechte ein, als sie die anderen kommunistischen Völker des Ostblocks hatten, und zog seine Politik aber dennoch mit eiserner Faust durch.

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Sein Einfluss führte 1961 auch zur Gründung der Bewegung der Blockfreien Staaten und brachte ihm die Unterstützung der linken Kräfte ein, die bei seinem manchmal luxuriösen Lifestyle und Personenkult oftmals ein Auge zudrückten. Viele große Hollywood-Namen wie etwa Richard Burton oder Elizabeth Taylor reisten extra nach Belgrad, um bei den Partys dabei zu sein, die von Tito und seiner Ehefrau Jovanka veranstaltet wurden. Und auch auf seiner berühmten transatlantischen Jacht Galeb ließ das Staatsoberhaupt ordentlich die Korken knallen.

Silvester 1957, Ljubljana

Tito veranstaltete Silvesterpartys für seine Freunde, seine Familie und seine engsten Verbündeten. Aber auch bei öffentlichen Feiern war er oft anwesend und lief durch die vollen Straßen, damit ihm der „normale Bürger" ebenfalls ein frohes neues Jahr wünschen konnte.

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Wir haben uns mit den Kuratoren Ana Panic und Radovan Cukic vom Museum der Geschichte Jugoslawiens über Titos Gäste, Partys und Neujahrsmenüs unterhalten.

Silvester 1957, Ljubljana. Bei dem großen Mann im Hintergrund handelt es sich um Franc Leskošek, einem politischen Führer der kommunistischen Bewegung in Slowenien

VICE: Warum waren Silvesterpartys in Jugoslawien so groß und bedeutend?
Ana Panic and Radovan Cukic: 1955 wurde Neujahr zu einem Staatsfeiertag ernannt und dank einer Mischung aus Propaganda und dem Druck der Nachkriegsjahre wurden die Feierlichkeiten quasi wichtiger als die Weihnachtstraditionen. Das Ganze avancierte zu einem richtigen Volksfest. Während der ersten Jahre Jugoslawiens wurde selbst der Weihnachtsmann als religiöse Figur von der Gästeliste gestrichen.

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Wie, wo und mit wem hat Tito normalerweise gefeiert?
Seine hauptsächliche Verbündete war seine Frau Jovanka, aber auch seine engsten politischen Freunde waren immer mit dabei. Seine zahlreichen Familienmitglieder kamen dann erst wenige Jahre vor Titos Tod bei öffentlichen Feierlichkeiten mit ins Spiel.

Hussein el-Shafei, der Vizepräsident Ägyptens, und seine Frau stehen rechts von Tito und Jovanka

In der Präsidentenresidenz von Belgrad wurden regelmäßig Partys veranstaltet, aber auch andere jugoslawische Städte wurden als Veranstaltungsort auserkoren. Titos Lieblingsfeierstätte war jedoch seine halb private Insel Brijuni, wo er sieben Silvesterpartys steigen ließ.

Er feierte jedoch auch gerne auf seiner Jacht Galeb, mit der er andere Länder der Bewegung der Blockfreien Staaten besuchte. Silvester 1955 verbrachte er zum Beispiel vor der Küste Indiens, 1956 in einem Hotel im ägyptischen Luxor und 1959 in Indonesien.

Während der Feierlichkeiten in Jugoslawien war Tito manchmal auch bei öffentlichen Partys anwesend oder lief einfach so durch die Straßen. Ab und an verbrachte er den Abend dazu noch mit Fabrikarbeitern oder Soldaten.

Hartini, die Frau des ersten indonesischen Präsidenten Sukarno, am Silvesterabend 1959 zusammen mit der Besatzung der Galeb

Wer hielt Tito und seine Gäste bei Laune?
Zu den Partys wurden natürlich immer nur die beliebtesten jugoslawischen Stars eingeladen. Man wusste genau, wen Tito am besten fand—dafür musste man sich einfach nur anschauen, wen er am häufigsten zu seinen Feiern holte. Zwar gab es eine eigene Abteilung, die die Partys plante und somit auch das Lineup zusammenstellte, aber Tito hatte immer das letzte Wort. Die Speisekarte bestand zum Großteil aus lokalen Spezialitäten und Weinen.

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Sowohl Tito als auch die anderen Gäste peppten ihre vornehmen Outfits außerdem oft mit phantasievollen Accessoires auf—zum Bespiel mexikanischen Sombreros. In Sarajevo, der bosnischen Hauptstadt, trug der Bürgermeister bei einer Party auch mal einen Hut in Form einer Straßenbahn. Das war eine Hommage an das öffentliche Verkehrsmittel, das in diesem Jahr in seiner Stadt eingeführt wurde.

Vielen Dank für die Informationen!

1977, Novi Sad

1979, Brijuni

1958, Ljubljana

1964, Brijuni

1973, Milocer

1960, Belgrade

1956, Egypt

1963, Zagreb

1955, offizieller Staatsbesuch in Indien

1961, Sarajevo

1952, Belgrad

1963, Zagreb

1967, Brijuni

1959, Indonesien

1962, Brijuni

1971, Brijuni

1970, Brijuni

1978, Brijuni