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Reisen

Ein Travel Hacker erklärt, wie du fast gratis um die Welt reist

Alles, was du dafür benötigst, ist ein gutes Händchen für Bonuspunkte und Vielfliegermeilen.

Illustration: Wren McDonald

Wenn du verschwitzt und müde durch den Flughafen hetzt und dabei nur an das viele Geld denken kannst, das du für deinen Flug ausgeben musstest, dann erblickst du dabei auch manchmal solche Typen wie Brian Kelly. Brian Kelly hat früher mal an der Wall Street gearbeitet und gehört zu diesen unglaublich entspannt wirkenden Leuten, denen ein Jetlag, eine Verspätung oder der unvermeidliche Stress einer Flugreise nichts anzuhaben scheint. Und das hat auch seinen Grund: Kellys letzter Trip mit Zwischenstopps in Ghana, Ruanda und Südafrika hat ihn gerade mal 5,60 Dollar gekostet.

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Im Internet ist Kelly als „The Points Guy" bekannt, denn er betreibt einen Blog, auf dem er erklärt, wie man Kreditkarten-Boni und Vielfliegerprogramme ausnutzt, um fast oder sogar komplett kostenlose Flugreisen abzugreifen. Seine Waffen? Ein bisschen gesunder Menschenverstand und legale Methoden, die man auch als Mathe-Null schnell versteht.

Das Ganze hat mich hellhörig gemacht—ich meine, wer würde denn nicht gerne für verschwindend geringes Geld um die Welt fliegen? Deshalb habe ich mich mit Kelly getroffen, um etwas mehr über seine Vorgehensweisen sowie seine Anfänge in der sogenannten „Travel Hacker"-Community zu erfahren.

VICE: Hey Brian. Wann und wie hast du zum ersten Mal von den Vielfliegerprogrammen gehört?
Brian Kelly: Ich konnte schon als kleiner Bub gut mit Computern umgehen—ganz im Gegensatz zu meinem Vater. Der war damals in den 90er Jahren als Consultant tätig und dementsprechend ständig beruflich unterwegs. Aufgrund seines mangelnden PC-Wissens musste ich ihm immer die Flüge buchen und nutzte dabei sofort nach seiner Einführung das Vielfliegerprogramm Velocity. So sammelten wir immer mehr Meilen und als ich eines Tages mit 13 Jahren oder so einen Trip auf die Caymaninseln buchte, musste dafür nichts bezahlt werden. Wir waren total verblüfft. Ich meine, wir als sechsköpfige Familie aus der Mittelschicht konnten uns plötzlich einen Karibikurlaub leisten.

Schließlich musste ich während des Studiums auch zu einigen Konferenzen und ins Ausland fliegen—und plötzlich hatte ich den Gold-Status inne. Ich dachte mir so: „Oh wow, ich bin zwar ein verschuldeter Student, werde aber trotzdem bei jedem meiner Flüge automatisch in die höhere Klasse gebucht. Wie genau funktioniert das?"

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Wie bist du dann in die Community der Travel Hacker gerutscht?
Das muss so 2005 gewesen sein, als ich diese Gemeinschaft entdeckt habe. Im Grunde waren wir zu diesem Zeitpunkt aber nur eine Gruppe Vielfliegermeilen-Fans. Meinen Blog habe ich dann 2010 ins Leben gerufen und damals habe ich noch an der Wall Street gearbeitet. Meine Aufgabe bestand darin, verschiede Unis zu besuchen und Leute zu rekrutieren—ich bin also durch die ganzen USA geflogen und habe Studenten quasi davon überzeugt, an der Wall Street anstatt bei Apple, Google oder Facebook zu arbeiten.

Durch meinen Job habe ich damals jährlich Millionen Meilen angesammelt und bin trotz der Wirtschaftskrise wie ein König geflogen. So kam meine Website dann auch richtig ins Rollen. Meine Freunde meinten immer zu mir: „Du musst doch heimlich einen Treuhandfonds besitzen, sonst könntest du mit deinem Gehalt von 65.000 Dollar im Jahr doch niemals auf die Seychellen fliegen." Ich meine, damit lagen sie nicht mal so falsch—ich besaß nicht viel Geld, aber dafür umso mehr Vielfliegermeilen.

Ein Jahr nach meinem ersten Blog-Post habe ich meinen Job dann hingeschmissen. Ich bin nach Tokio geflogen und dachte mir nur: „OK, ich ziehe das jetzt durch."

Munchies: Flugzeuge sind meine Lieblingsrestaurants

Alles klar. Wie geht man nun vor, um Kreditkarten-Boni und Vielfliegerprogramme richtig auszunutzen?
Das fängt bei der Wahl der richtigen Kreditkarte an. Am besten holt man sich eine, bei der die Sammelpunkte übertragbar sind. Bei diesen Karten fließen die Punkte in einen Sammelpool und man hat unglaublich viele verschiedene Möglichkeiten, sie dann später einzulösen. Bei den Kreditkarten der einzelnen Fluglinien ist man hingegen natürlich auch an das jeweilige Unternehmen gebunden und genau davor warne ich meine Leser immer, denn da kann man ganz schnell abgezockt werden.

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Hier ein Beispiel: Delta beschließt von heute auf morgen, dass Flüge nach Asien jetzt doppelt so viele Punkte kosten. Und dann stehst du da und denkst dir nur: „Was soll die Scheiße? Ich habe da jetzt schon jahrelang drauf hin gespart!" Wenn man jedoch seine Punkte in einem Pool gespeichert hat, dann kann man auch einfach mit einer anderen Airline nach Asien fliegen. Es geht im Grunde vor allem darum, sich möglichst viele Möglichkeiten offen zu halten.

OK, also keine Fluglinien-Kreditkarte. Welche würdest du mir denn dann genau empfehlen?
Wichtig ist, darauf zu achten, dass man bei der Kreditkarte viel Punkte und Boni zurückbekommt. Hier in New York empfehle ich zum Bespiel immer die Chase Sapphire Preferred, denn bei der bekommt man bei jeglicher Reise und in jeglichem Restaurant zwei Punkte pro ausgegebenem Dollar gutgeschrieben—und das gilt im Gegensatz zu vielen anderen Karten für jede Airline, jedes Hotel, jede Autovermietung, jedes Lokal und sogar für öffentliche Verkehrsmittel, Parkplätze, Campingplätze sowie Freizeitparks.

Viele Leute achten ja vor allem darauf, dass bei der Kreditkarte keine jährliche Gebühr fällig ist.
Gut, dass du das ansprichst, denn diese Denkweise ist grundlegend falsch. Günstig ist hier nämlich in Wahrheit teuer, weil man bei diesen Karten nicht so viele Boni und Punkte gutgeschrieben bekommt. Nehmen wir noch mal die Chase Sapphire Preferred als Beispiel: Da kriegt man direkt am Anfang 40.000 Punkte und selbst wenn man diese Punkte nur für Flüge einlöst, dann sind das umgerechnet gut 500 Dollar. Und schon hat man allein für die Beantragung der Karte die Jahresgebühr fünffach wieder drin.

Was ist bei einer solchen Karte sonst noch zu beachten?
Die Vergünstigungen. Vor allem beim Reisen können die einem echt viel bringen—auch die der Fluglinien-Kreditkarten. Nehmen wir beispielsweise mal an, dass wir immer mit Delta fliegen: Mit deren Karte haben ich und meine Begleitung ein zusätzliches Gepäckstück frei. Selbst wenn wir im Jahr nur zwei Mal unterwegs sind, ist damit die Jahresgebühr abgedeckt. Als Vielflieger mit einer Menge Gepäck ist das Ganze also ein No-Brainer. Und das Gute ist ja, dass man mit der Kreditkarte nicht mal bezahlen muss, um die Vergünstigungen zu bekommen. Bei mir zu Hause liegen deshalb auch eine Menge Kreditkarten rum, die ich mir nur wegen solcher Vorteile geholt habe. Es kann sich wirklich lohnen, mehrere Karten zu besitzen.

Motherboard: Die Flugzeuge der Zukunft haben keine Fenster

Du und andere Travel Hacker haben ja schon richtig viel Ahnung von der Materie und es gibt inzwischen haufenweise Blogs mit Tipps wie deinen. Glaubst du, dass die Kreditkartenunternehmen es euch in Zukunft schwerer machen werden und versuchen, solche „Hintertüren" zu schließen?
Bonuspunkte und Vielfliegermeilen sind ein milliardenschweres Geschäft. Im Grunde werden damit ja auch nur Leute davon überzeugt, sich Kreditkarten zu holen. Und das ist keine einfache Aufgabe, denn viele wollen das gar nicht. Deshalb muss man Anreize schaffen, die kein richtiges Geld sind, denn das würde wieder besteuert werden. Vielfliegermeilen sind für die Kreditkartenunternehmen zum Beispiel eine gute Möglichkeit, ihre Kunden zu „bestechen", ohne dafür Steuern zahlen zu müssen. Und die Fluglinien verdienen bei der ganzen Sache ja auch ganz gut, denn die Kreditkartenfirmen kaufen ihnen ja Flugmeilen ab. So wurde Delta damals übrigens auch vor dem Bankrott gerettet.

Das klingt ja fast wie eine nicht regulierte, internationale Währung.
Im Grunde trifft das ja auch zu. Und wenn ich gefragt werde, ob das Ganze nicht irgendwann implodieren wird, dann verneine ich das immer. Schließlich verdienen alle involvierten Parteien—von den Kreditkartenunternehmen bis hin zu den Fluglinien—durch dieses System viel Geld.