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Popkultur

Der Schurke im Rollstuhl

Champagner, Koks, Frauen, einen Fuhrpark aus Bentleys und ein filmreifes Jetset-Leben. Josef Müller wollte aber noch viel mehr. Nachdem er Millionen Euro veruntreut hat, folgte eine sechsmonatige Flucht im Rollstuhl vor den deutschen Behörden und dem...

Bild mit freundlicher Genehmigung des Brunnen Verlags

Champagner, Koks, Frauen, einen Fuhrpark aus Bentleys und ein filmreifes Jetset-Leben. Josef Müller wollte aber noch viel mehr. Gerade wegen seiner Behinderung drängte es ihn an einen Platz an der Sonne der Münchner Schickeria. Mit Investmentgeschäften verdiente er Millionen. Doch die Gier brachte den ehemaligen Steuerberater und Honorarkonsul Panamas dazu, 383 Kapitalanleger um 7,3 Millionen Euro zu prellen. Was folgte, war eine sechsmonatige Flucht im Rollstuhl vor den deutschen Behörden und dem FBI. Müller ist jetzt auf freiem Fuß und hat ein Buch über seine Vergangenheit geschrieben, was mir den perfekten Aufhänger lieferte, ihn darüber auszufragen, warum wir uns das mit der Gier besser zweimal überlegen sollten. VICE: Wie haben Sie es geschafft, so viele Leute zu manipulieren, dass sie Ihnen ihr Geld anvertraut haben?
Josef Müller: Irgendwas schaltet bei Menschen aus, wenn es um Geld geht. Es gab Menschen, die haben mir Hunderttausende überwiesen. Ohne Vertrag! Ich hatte immer Beträge, die ich nicht mal zuordnen konnte … Irgendwann implodierte das alles. Wie lief das ab?
1992 wurde ich wegen fehlender Handelslizenzen verurteilt. Ich erhielt Haftaufschub, da ich im Rollstuhl saß. 2004 wurde das Verfahren wieder aufgerollt und der Aufschub aufgehoben. Ich flüchtete über Österreich und Großbritannien in die USA. Und das bayerische LKA und das FBI haben mich nicht gefunden! Journalisten schrieben: „Rollstuhlfahrer blamiert die Justiz.“ Die fragten sich, wie man Terroristen fangen will, wenn man den Müller nicht einmal mit seinem Rollstuhl finden kann. Wie kam es, dass Sie trotzdem gefasst wurden?
Irgendwann hörte ich eine Stimme, die mir sagte: „Stell dich deiner Verantwortung.“ Ich habe noch 14 Tage Urlaub auf Jamaika gemacht und bin dann nach Wien gereist, wo ich mich den Beamten stellte. Sie wurden zu fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Wie war die Umstellung von Luxus auf Knast?
Meine Mutter ist gestorben, ein Tag nachdem ich ins Gefängnis kam. Meine Frau heiratete meinen Chauffeur und ging nach Spanien. Ich hatte niemanden mehr und saß braungebrannt in einem dunklen Loch. Ich hatte nichts mehr. Selbst meine 50.000-Euro-Breitling wurde mir abgenommen. Aber ich hatte auch kein Telefon und keine E-Mails, die mich genervt haben, und ich erinnerte mich wieder an Gott. Dann ging es für mich bergauf, und mir ging es im Gefängnis eigentlich saugut. Wie sieht es heute bei Ihnen finanziell aus?
Als Steuer- oder Vermögensberater kann ich mich nicht mehr sehen lassen. Die Leute würden lachen. Außerdem wurde es mir in der Bewährungszeit verboten, wieder mit Geld zu tun zu haben.